Paris. Nach der überraschenden Absage an das Ökosteuerprojekt in seiner bisher verfolgten Form nun gleich ein zweiter Paukenschlag: Die neue Pariser Umweltministerin Ségolène Royal denkt nun offenbar ernsthaft daran, als Ersatz dafür ausschließlich die in ihrem Land fahrenden ausländischen LKW mit einer solchen Abgabe zu belegen. Dies hat sie nach einem Bericht der Pariser Les Echos in einem Gespräch mit den Rundfunksendern RMC und BFM TV erklärt, das in Ausschnitten als Video veröffentlicht wurde.
Für die Umsetzung ihrer Pläne schweben Royal zwei Modelle vor. Das erste würde diese Fahrzeuge dazu zwingen, für ihre Touren innerhalb Frankreichs nur die Autobahnen zu benutzen, um die übrigen Strassen von ihnen zu entlasten. Nach diesem Modell sollten die privaten Autobahnbetreiber eine entsprechende Umweltabgabe über die Maut eintreiben. Die damit gewonnenen Einnahmen gingen in die Staatskasse und würden zur Instandhaltung der französischen Strassen verwendet. Das zweite Denkmodell orientiert sich an der Vignette, wie sie in der Schweiz praktiziert wird. Sie müsste von den ausländischen LKW an den Grenzen des Landes erworben und auf die Windschutzscheibe geklebt werden. Damit würden laut Royal „Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der französischen Transporteure vermieden”.
Bei den Gewerbeverbänden treffen die ministeriellen Überlegungen überwiegend auf Zustimmung. OTRE, die Vertretung kleiner und mittelgrosser Strassengütertransporteure, begeistert sich für die Vignettenlösung. Nach ihren Schätzungen würden damit pro Jahr zirka 600 Millionen Euro in die Staatskassen eingefahren.
Auch beim FNTR, zusammen mit TLF die führende Gewerbeorganisation in Frankreich, scheint man diese Variante zu favorisieren, verlangt jedoch vom neuen Ministerpräsidenten Manuel Valls eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob die Regierung wirklich willens ist, die bisher ins Auge gefasste Ökosteuer fallenzulassen oder nicht. Das erklärte der Generaldelegierte des Verbandes, Nicolas Paulissen. Bisher gebe es nur eine Stellungnahme der Umweltministerin dazu und eine Parlamentarierkommission sei ihrerseits mit dem Problem befasst. Befragt, wie eine solche Vignette mit der EU-Direktive „Eurovignette” unter einen Hut zu bringen sei, meinte Paulissen, „vielleicht habe die Ministerin schon entsprechende Diskussionen mit ihren europäischen Kollegen eingeleitet”. (jb)