Paris. Das Schicksal der seit langem in Frankreich geplanten Ökosteuer scheint zumindest in ihrer jetzigen Form besiegelt. Nach der im Zuge der Regierungsumbildung zur neuen Ministerin für Umwelt und Energie ernannten Politikerin Ségolène Royal hat nun auch ihr Staatssekretär Frédérique Cuvillier dem Projekt eine Absage erteilt. Unter der vorigen Regierung hatte Cuvillier den Rang eines beigeordneten Ministers inne und muss sich jetzt mit dem Status eines Staatssekretärs begnügen.
Wie Royal hält auch Cuvillier daran fest, dass die Einführung einer Steuer zur Finanzierung der verkehrspolitischen Infrastrukturvorhaben unumgänglich sei. Nur dürfe diese von den davon Betroffenen nicht als nebulöse zusätzliche Finanzlast empfunden werden, die ihnen der Staat auferlege. Man müsse ihnen klar machen, wofür sie dienen solle und weshalb sie nötig sei. Sehr schnell hat der Transport-Staatssekretär damit die Sprachregelung seiner Ministerin übernommen, die nicht erst seit ihrem Amtsantritt immer wieder betont, ökologische Auflagen dürften von der Bevölkerung nicht als Beschwernis oder gar Bestrafung interpretiert werden. Wer aus wirtschaftlichen Gründen die Straßen benutze, müsse sich auch an den Kosten für ihre Modernisierung beteiligen, sagte Cuvillier in einem Gespräch mit der Radiostation RMC. Es gehe jetzt darum, die Infrastrukturen zu finanzieren und „die 40.000 Transportunternehmen im Land zu schützen“. Die entsprechende Finanzlast könne man nicht dem Straßengütertransport alleine aufbürden, sie müsse in die Transportkosten integriert werden. In 14 Tagen werde eine damit beauftragte Parlamentarierkommisson einen Bericht mit Vorschlägen dazu vorlegen.
Staat muss Entschädigung zahlen
Von dem bislang als Systembetreiber beauftragten Konsortium Ecomouv’ war zu der nunmehr geplanten Niederschlagung des Projekts „taxe poids-lourds“ noch keine Stellungnahme zu hören. Unbestritten scheint jedoch, dass der Staat dafür tief in die Tasche greifen muss. Als Konventionalstrafe drohen ihm nach Expertenberechnungen bis zu zwei Milliarden Euro. Hinzu kommen die Entschädigungen für die von Demonstranten vor allem in der Bretagne zu Boden gerissenen und funktionsunfähig gemachten Kontrollbrücken und anderen Installationen.
Schwieirige Aufgabe
Ségolène Royal und Frédérique Cuvillier stehen nach Meinung von Beobachtern vor einer schier unlösbaren Aufgabe, nach dem Motto „Wasch’ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass”, wobei der prinzipielle Widerstand gegen das bisherige Projekt, wie er seitens der Bewegung der „roten Mützen“ in der Bretagne praktiziert wurde, nicht vom Straßengütertransport-Gewerbe kam, sondern von den dort ansässigen industriellen Verladern. Mit welchem Ersatzprojekt die Regierung diesen zu brechen hofft, bleibt abzuwarten. Beim Gewerbeverband für den Straßengütertransport FNTR wurde die Ernennung Cuvilliers zum bloßen Staatssekretär kritisiert. Damit habe seine Stimme bei den interministeriellen Beschlussfindungen an Gewicht verloren und Vorrang würden nunmehr ausschließlich ökologische Überlegungen haben und nicht mehr zugleich auch wirtschaftliche. Dies geht laut FNTR gegen die Interessen der Branche und das, was allein in den kommenden Wochen auf sie an schwierigen Komplexen mit großer Tragweite zukomme: das Problem der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Konzert, das der Ökosteuer und die Vereinheitlichung der Gewerbebedingungen im EU-Bereich. (jb)