Paris. Die Regierung von Staatspräsident Emmanuel Macron plant die Wiedereinführung einer Ökosteuer für Lkw. Trotz weitestgehend abgeschlossener technischer Vorbereitungen war eine solche nach Protesten in der Bretagne im Oktober 2014 von der damaligen Umweltministerin Ségolène Royal Knall auf Fall ad acta gelegt worden. Die aktuelle Verkehrs- und Transportministerin Elisabeth Borne kündigte jetzt an, das Projekt zur Wiederaufnahme des Vorhabens solle in den kommenden Wochen von der Nationalversammlung, dem Parlament des Landes, debattiert werden. Es handele sich um einen „Beitrag“ der mit Lkw arbeitenden Transport- und Logistikbranche zur Finanzierung der Transport-Infrastrukturen. Gegen die Pläne der Regierung kündigte das Transportgewerbe umgehend „strikten Widerstand“ an.
Laut Borne ist eine „stärkere Beteiligung” der LKW-Branche für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen an den Infrastrukturkosten „gerechtfertigt“. Die Abgabe könnte „mehrere hundert Millionen Euro einbringen“, soll aber erst im nächsten oder übernächsten Jahr erhoben werden. Über die Modalitäten müsse man noch debattieren, allem voran mit den Lkw-Transporteuren.
Verbände lehnen zusätzliche Belastungen ab
In welcher Form die Abgabe auch immer praktiziert werden solle, man werde jede zusätzliche Belastung für das Gewerbe ablehnen, erklärten die beiden führenden Verbände FNTR und TLF in einer gemeinsamen postwendend erstellten Stellungnahme. Die Branche sei nicht bereit, eine Sündenbockrolle dafür zu übernehmen, dass der Staat nicht in der Lage sei, die nötigen Gelder für die Verkehrsinfrastruktur aufzutreiben. Dabei gebe es genügend Geld. Jedes Jahr nehme der Staat summa summarum 39 Milliarden Euro von den Straßennutzern ein. Sie müssten stärker für die Instandsetzung der Infrastrukturen verwendet werden, ohne zusätzliche Finanzierungsquellen einzurichten.
Elisabeth Borne ist mit ihrer Ankündigung der im Transportgewerbe führenden Gewerkschaft CGT entgegengekommen. Diese hatte die Wiederaufnahme der „écotaxe” gefordert und mit ihr liegt die Ministerin derzeit in heftigem Clinch wegen der geplanten Reform der Staatsbahn SNCF.
Laut Pariser Rechnungshof Cour des comptes hat der abrupte Ausstieg aus dem damaligen Projekt den Staat fast eine Milliarde Euro an Entschädigungen für die als Betreiber vorgesehene Firma „Ecomouv” und ihre Partner gekostet. Hochgerechnet auf den Zeitraum von 2014 bis 2024 entgingen dem Staat ferner knapp 10 Milliarden Euro an Einnahmen aus der Lkw-Ökosteuer. An deren Stelle trat eine Erhöhung der Binnensteuer auf den Verbrauch von Energieprodukten (TICPE). Damit sollten die Gesamtausgaben der Agentur zur Finanzierung der Infrastrukturen (Afitf) respektive deren Interventionskosten gedeckt werden.
Die regionalen Körperschaften, Regionen und Departements erhielten zukünftig weniger Geld vom Staat als bisher, schreiben die Verbände FNTR und TLF in ihrer Stellungnahme. Sie suchten deshalb nach neuen Mitteln, um diesen Ausfall zu kompensieren und forderten die Wiederzulassung von Ökosteuern für Lkw in ihrem Zuständigkeitsbereich. Dabei bekämen sie schon jeweils die Hälfte der TICPE-Einnahmen, rund 14 Milliarden Euro pro Jahr, verwendeten diese aber nicht für ihre Verkehrsinfrastruktur, sondern setzten sie „hauptsächlich für Sozialaufgaben“ ein. (jb)