Berlin. Rund drei Wochen nach dem Aus der geplanten Pkw-Maut sind mögliche finanzielle Risiken für die Steuerzahler weiter offen. Forderungen der einst vorgesehenen privaten Betreiber liegen bisher nicht vor, wie das Bundesverkehrsministerium am Mittwoch, 10. Juli, in Berlin mitteilte. Ob und in welcher Höhe Entschädigungszahlungen wegen der Kündigung der Verträge durch den Bund zu leisten sind, sei „derzeit rein spekulativ“. Die Opposition erwartet noch in der Sommerpause weitere Auskünfte – in einer Ausschuss-Sondersitzung am 24. Juli.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sicherte erneut „maximale Transparenz und Klarheit“ zu. Er steht unter Druck, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die geplante Pkw-Maut Mitte Juni für rechtswidrig erklärt hatte. Kritik zielt vor allem darauf, dass Scheuer die Verträge mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon 2018 geschlossen hatte, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Direkt nach dem Urteil kündigte der Bund die Verträge. Daraus könnten sich finanzielle Forderungen der Unternehmen ergeben. Die Verträge hat Scheuer Abgeordneten und Mitarbeitern zum vertraulichen Lesen in der Geheimschutzstelle des Bundestags zur Verfügung gestellt. Eine Aufforderung, die gesamten Dokumente auf der Ministeriums-Homepage offenzulegen, hätten die Betreiber unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt, erläuterte Scheuer.
Verträge sehen ein Schiedsverfahren vor
In die Vergabe-Entscheidung sei das Kanzleramt nicht einbezogen gewesen, heißt es nach Informationen des „Spiegel“ und der „Deutschen Presse-Agentur“ in den Antworten weiter. Ein Einbeziehen des Finanzressorts sei bei Vertragsschluss „nicht erforderlich“ gewesen. Laut Verkehrsministerium sehen die Verträge ein Schiedsverfahren vor. Es sei aber schneller, günstiger und wirksamer als bei der Lkw-Maut – da lief ein Verfahren über 14 Jahre.
Das Ministerium rechtfertigte erneut die Entscheidung, überhaupt private Betreiber zu beauftragen und stellte dazu Ergebnisse zweier Gutachten ins Internet. Berechnungen des Beratungsunternehmens PWC zufolge hätte das „Betreibermodell“ im Vergleich zum „Staatsmodell“ bei der Maut-Erhebung einen Vorteil von 84,7 Millionen Euro oder 3,8 Prozent gehabt. Im zweiten Gutachten kam PWC zu dem Schluss, dass Maut-Kontrollen in privater Regie für den Bund einen Vorteil von 32,6 Millionen Euro oder 25,2 Prozent gehabt hätten.
Der FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung warf die Frage auf, ob das Bundesamt für Güterverkehr bereits mehrere Transporter für Kontrollen der Pkw-Maut bestellt habe, die wegen einer Spezialausstattung nun kaum weiterverkaufbar seien. Das Ministerium erklärte dazu auf Anfrage, für die Pkw-Maut vorgesehene Fahrzeuge sollten nun für Kontrollen der Lkw-Maut eingesetzt werden. Dafür bestehe regelmäßig Bedarf, die Fahrzeuge müssten auch nicht nochmals verändert werden. (dpa)