Fachkräfte gesucht

Ein Viertel aller in Deutschland beschäftigten Berufskraftfahrer (2014: 538.000) ist über 55 Jahre alt und wird in absehbarer Zeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Dies sind acht Prozent mehr als der Durchschnitt aller anderen Berufsgruppen. Zum Ausgleich müssten in den kommenden Jahren jährlich 20.000 neue Fahrer eingestellt werden. Doch die geringe Attraktivität des Berufes verhindert, dass sich der Kraftfahrermangel in Zukunft einfach lösen lässt. Ohne einen Ausweg aus der Demografie-Spirale wird sich die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft deutlich schwieriger und teurer gestalten als bisher. Anstrengungen von Unternehmen, Bund und Verbänden sind gefordert, um die Attraktivität des Berufes zu steigern. Aufklärungsarbeit in Schulen, sozialen Medien und an Informationstagen kann Jugendlichen die Anforderungen und Voraussetzungen des Berufs näherbringen. Die Ausbildungsinitiative "Hallo Zukunft", an der auch der BWVL beteiligt ist, fördert genau diese Aufklärungsarbeit. Neben der Werbung für die Logistikbranche bietet die Internetseite (www.hallo-ausbildung.de) Schülern Hilfestellung bei Bewerbungen und weist auf Informationstage hin. Interessant für Unternehmen ist die Unterstützung bei der Organisation eines Aktionstages. Hohe Abbrecherquote Steigende Ausbildungszahlen sprechen dafür, dass bereits heute einzelne Werbemaßnahmen Früchte getragen haben. Immerhin entschieden sich 2014 3200 Auszubildende für den Beruf des Kraftfahrers. Auch wenn dies immer noch zu wenige sind, bedeutet das seit Einführung des Ausbildungsberufes im Jahr 2005 eine deutliche Steigerung. Dazu trägt auch das Programm der Bundesregierung zur Förderung von Berufskraftfahrern bei. Doch der Schuh drückt noch an einer anderen Stelle. Während die Lösungsquote von Ausbildungsverhältnissen im Querschnitt durch alle Berufe 25 Prozent beträgt, wird bei Auszubildenden zum Berufskraftfahrer nahezu die Hälfte aller Verträge vorzeitig beendet. Diese Tatsache kommt Unternehmen teuer zu stehen und konterkariert die Fördermaßnahmen der Bundesregierung. Ursächlich hierfür ist unter anderem die geringe Qualifikation der Auszubildenden. Studien zeigen, dass beispielsweise Hauptschüler wesentlich häufiger Ausbildungsverhältnisse lösen als Abiturienten. Dazu kommen weitere Einflussgrößen wie die Entfernung zum Ausbildungsbetrieb und das Alter der Auszubildenden. Neben diesen Faktoren sind auch Abwerbungen durch andere Unternehmen ein Grund für die hohe Abbruchquote. Kurzfristig können die Unternehmen so den akuten Fachkräftemangel bekämpfen. Nach Erwerb des Führerscheins und ein wenig Praxis werden die Fahrer abgeworben. Anreizwirkung hat in diesem Zusammenhang vor allem eine bessere Bezahlung, die sich kaum von der Entlohnung nach der absolvierten Ausbildung unterscheidet. Langfristig wird dadurch genau das Gegenteil erreicht. Die Bereitschaft der Unternehmen, auch im nächsten Jahr wieder in die Ausbildung der Kraftfahrer zu investieren sinkt. Ein Teufelskreis entsteht. Neben der Ausbildungsförderung bietet auch der Arbeitsmarkt eine Vielzahl an Möglichkeiten. Laut Bundesagentur für Arbeit stehen derzeit knapp 40.000 arbeitsuchende Kraftfahrer zur Verfügung. Gezielte Fördermaßnahmen wie das neue Konzept zur Förderung von Nachwuchs in der Güterverkehrsbranche des Bundesverkehrsministeriums könnte auch "benachteiligte Arbeitnehmer" für Unternehmen interessant machen. Vorschläge des BWVL-Arbeitskreises Über die Gewinnung von Berufskraftfahrern tauschte sich kürzlich auch der BWVL-Arbeitskreis Logistikfachkräfte-Findung/-Bindung aus. Einigkeit bestand darin, dass die Außenwirkung auf Branchenfremde verbessert und die Arbeitsbedingungen zum Beispiel hinsichtlich der Arbeitszeiten und des Arbeitseinsatzes nachhaltig die Attraktivität des Berufsbildes steigern könnten. So sind betriebliche Maßnahmen wie die Einführung von Wechselverkehren und eine Optimierung von Rundläufen denkbar. Für ausländische Fahrer sind zusätzlich spezielle Arbeitszeitmodelle, die die Reise in die Heimat einschließen, wünschenswert. Die Herausforderungen im Bereich Personal, denen sich die Logistikbranche in den nächsten Jahren stellen muss, bleiben schwierig. Nur eine gezielte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Bund und Verbänden sowie gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Förderung können langfristig Veränderungen herbeiführen und das Problem des Personalmangels zumindest kurzfristig abmildern. Denn an dem Mangel werden auch Logistik 4.0 und der selbstfahrende Lkw in Zukunft nichts Grundlegendes ändern. Bundesagentur für Arbeit (BA) Im Juni 2015 waren deutschlandweit 13.348 offene Stellen für Berufskraftfahrer registriert. Diesen standen angeblich 38.365 Arbeitsuchende gegenüber. Für die Beschreibung der realen Arbeitsmarktsituation reichen die Zahlen der BA jedoch nicht aus, da nur eine geringe Zahl an Unternehmen offene Stellen bei der Arbeitsagentur meldet.