Berlin. Die geplante Pkw-Maut stößt trotz eines Kompromisses mit Brüssel auf erhebliche Experten-Bedenken. Der Europarechtler Franz Mayer von der Universität Bielefeld sprach am Montag in einer Anhörung des Bundestags-Verkehrsausschusses von „aktiv betriebener und politisch gewollter Diskriminierung” von Fahrern aus dem EU-Ausland. Dagegen sagte der Jurist Christian Hillgruber von der Uni Bonn, der nur für Inländer vorgesehene Maut-Ausgleich über eine niedrigere Kfz-Steuer sei EU-rechtlich zulässig. Zweifel wurden erneut auch mit Blick auf die Einnahmen und mögliche Negativ-Effekte in Grenzregionen deutlich.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will die seit 2015 bestehenden Maut-Gesetze nach einer Verständigung mit der EU-Kommission ändern. Brüssel will dann grünes Licht für die Maut geben. Die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland sollen stärker differenziert werden. Inländer mit abgasarmen Euro-6-Autos sollen als Ausgleich für Mautzahlungen um 100 Millionen Euro zusätzlich bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Über die Gesetzespläne beraten derzeit Bundestag und Bundesrat.
Klage nur noch eine Frage der Zeit
Jurist Mayer sagte, die Maut werde mit absoluter Sicherheit beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) landen. Es sei eine Frage der Zeit, bis ein ausländischer EU-Bürger zunächst vor einem deutschen Gericht wegen Benachteiligung klage. Auch Nachbarländer wie Österreich drohen mit rechtlichen Schritten. Die Haltung der EU-Kommission sei keine Bindung für den EuGH, sagte Mayer. Jurist Hillgruber, der auch schon ein Gutachten im Auftrag des Ministeriums erstellt hat, wies Zweifel an der EU-Vereinbarkeit zurück. Die Höhe der in Deutschland zu zahlenden Kfz-Steuer sei für ausländische Autofahrer „schlicht und einfach irrelevant”.
Der Verkehrswissenschaftler Ralf Ratzenberger, der eine Analyse für den Autofahrerclub ADAC erstellt hat, erwartet „bestenfalls ein Nullsummenspiel” bei den Einnahmen. Zu erwarten sei angesichts der Systemkosten eher „eine leichte Unterdeckung” schon im angestrebten Startjahr der Maut 2019. Der Sachverständige Wolfgang Schulz, der eine Studie für das Ministerium vorgelegt hat, betonte dagegen, dessen Kalkulation sei konservativ angelegt. Dobrindt verspricht einen jährlichen Maut-Ertrag von gut 500 Millionen Euro. Der Deutsche Städtetag warnte im Ausschuss vor Einbußen für Handel und Tourismus in deutschen Grenzregionen durch die Maut.
Opposition fordert Maut-Stopp
Die Opposition forderte erneut einen Stopp der Pläne. „Jetzt liegt es an der SPD, dem bayerischen Mautspuk ein Ende zu bereiten”, sagte Linke-Verkehrspolitiker Herbert Behrens. Unions-Experte Ulrich Lange (CSU) sagte dagegen, nun sei es Zeit, Fakten zu schaffen. Sollte es trotz des „Gütesiegels” der EU-Kommission doch noch Klagen beim EuGH geben, könne man „dem sehr gelassen entgegensehen.” (dpa)