Evolution statt Revolution

Eine Strategie der kleinen Schritte: So lässt sich der Modernisierungsprozess der Spedition und Logistik Haaren Keimeier & Finke- kurz SLH - treffend zusammenfassen. Die Prozesse mittels Telematik zu digitalisieren, stand schon frühzeitig auf der Agenda des Mittelständlers aus Haaren in der Nähe von Paderborn. Bereits 2003 hatte das Unternehmen in ein Telematiksystem investiert - und zwar nicht zu knapp: "Das System hat schon damals rund 2000 Euro pro Fahrzeug gekostet", erinnert sich Geschäftsführer Franjo Finke. Die Möglichkeiten waren vor 15 Jahren im Vergleich zu modernen Telematiksystemen freilich begrenzt. "Immerhin wussten wir, wo die Fahrer waren. Fahr- und Schichtzeitüberprüfung war damit aber noch nicht möglich", so Finke. Zudem wurden die Karten über ein CD-Laufwerk importiert. "Die Fahrer hatten immer einen Stapel CDs dabei, die je nach Region oder Land gewechselt werden mussten", blickt er zurück. Autofahrer, die sich daran erinnern, wie es einmal war, Musik von CD abzuspielen, können sich sicherlich vorstellen, dass dies nicht das einzige Manko war: Auch die Laufwerke für das Kartenmaterial hätten sich durch die Fahrzeugvibrationen sehr störanfällig gezeigt. Den Markt in Ruhe sondiert "Irgendwann haben wir uns dann entschieden, dieses System auslaufen zu lassen", erinnert sich der SLH-Geschäftsführer. Daraufhin schauten sich die Ostwestfalen die Entwicklung auf dem Markt e in Ruhe an, bevor der Umstieg auf eine neue Telematik in Angriff genommen wurde. Schließlich war in jener Zeit technisch viel im Fluss, und SLH wollte bei einem neuerlichen Einstieg in die Welt der Telematik möglichst viele Anforderungen abdecken. Neben Features wie Navigation und Ortung, Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten sowie Schichtzeiten, Datendownload von Fahrerkarte und Digitacho sowie der Fahrzeugdatenübermittlung war Finke vor allem wichtig, dass ein neues Telematiksystem die Auftragsdatenübermittlung beherrscht. Daher standen Schnittstellen zu der bei SLH eingesetzten Systemsoftware sowie der Speditionssoftware Komalog von Transdata im Lastenheft. Zudem sollte die neue Telematik passend zu den jeweiligen Einsatzzwecken der Fahrzeuge auf unterschiedlichen Endgeräten verfügbar sein. Ende 2017 entschied sich SLH nach einem gründlichen Auswahlprozess schließlich für Tislog Office aus dem Hause TIS. Neben der Schnittstelle zur Speditionssoftware Komalog habe vor alle die einfache Montage der sogenannten Truckboxen in den Fahrzeugen den Ausschlag für Tislog gegeben, erklärt Dirk Grunert. Er ist Fuhrparkleiter von SLH und damit für eine Flotte von 57 ziehenden Einheiten verantwortlich. Die Truckboxen übertragen neben den Positionsdaten auch die Fahrzeug- und Tachodaten. Die Fahrerkarten werden zweimal täglich und die Tachografen zweimal pro Woche automatisiert ausgelesen. Die Ausrüstung des Großteils der Flotte ging laut Grunert innerhalb weniger Wochen über die Bühne. Lediglich die ersten zwei Fahrzeuge wurden im Rahmen einer Schulung umgerüstet. "Wir haben uns das angesehen und gemerkt, wie einfach das geht", erinnert sich der gelernte Kfz-Mechaniker, der anschließend fast alle Einbauten in der eigenen Werkstatt durchführen ließ. Tablets und Mobilscanner Bis SLH das Potenzial der installierten Telematiklösung vollkommen ausschöpft, wird es aber noch einige Monate dauern. Zurzeit fehlen noch die mobilen Scanner für die im Systemverkehr eingesetzten Fahrer, die mit über 30 Lkw den größeren Teil des Fuhrparks bewegen. SLH ist Partner des auf fragile Güter spezialisierten Expressfrachtsystems GEL Express Logistik sowie der CTL Cargo-Trans-Logistik für Stückgut. Geplant ist, dass die mit Komalog erstellten Touren per Knopfdruck an die Geräte der Fahrer gesendet werden. Die Schulung der Mitarbeiter ist bereits in vollem Gange. Die übrigen 25 Lkw von SLH werden derweil vorwiegend im Fernverkehr eingesetzt. Die hier tätigen Fahrer wurden bereits mit Tablets ausgestattet, über die in Zukunft das komplette Auftragsmanagement abgewickelt werden soll. "Im ersten Schritt nutzen wir sie aber nur für die Navigation", räumt Grunert ein, der seine Fahrer langsam an ihre digitalen Begleiter gewöhnen will. Nächster Schritt TMS-Anbindung Sein Fokus liegt denn auch zunächst auf den Bereichen Disposition und Fuhrparkmanagement, die er mithilfe von Tislog Office und den per Truckbox gelieferten Daten optimieren will. Diese werden per Mobilfunk aus den Fahrzeugen an die Server im TIS-Rechenzentrum gesendet. In einem Online-Portal können die Daten dann bearbeitet oder von dort automatisch ans TMS übertragen werden. "Die Integration in Komalog steht noch bevor, aber im Online-Portal sehen unsere Disponenten schon heute, wo sich die Fahrer befinden und welche Restlenkzeit ihnen noch zur Verfügung steht", erklärt Grunert. Als Fuhrparkleiter interessiert er sich freilich sehr für die CAN-Bus-Daten, die von der FMS-Schnittstelle an die Truckbox gesendet werden. "Ich sehe auf einen Blick, welcher Fahrer seine Fahrweise noch optimieren kann, und kann ihn gezielt ansprechen", sagt Grunert. Zudem verfügt die Telematikeinheit über eine Datenspeicher-Funktion, mit der nicht nur die aktuellen Daten bereitgestellt werden, sondern auch die bereits länger zurückliegenden Zeiträume abrufbar bleiben. SLH hat in den kommenden Monaten noch viel vor: Schon bald will der Anwender die Fahrerbewertung an die eigenen Bedürfnisse anpassen lassen, um damit die Basis für ein Prämiensystem zu legen. Außerdem ist geplant, die von Michelin gelieferten Reifendrucksensoren in das Telematiksystem zu integrieren. "Dann werden die Fahrer per Tablet informiert, wenn ihr Reifendruck zu niedrig ist", erklärt Grunert. Ein weiteres Projekt zielt schließlich auf die automatisierte Spesenabrechnung ab, die aus den Lenk- und Ruhezeiten sowie den Positionsdaten gespeist wird - Anfang 2019 soll es so weit sein. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Telematik" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Unternehmensporträt In dritter Generation unterwegsDie Spedition und Logistik Haaren Keimeier & Finke ist ein inhabergeführtes Unternehmen mit rund 230 Mitarbeitern. Die Ursprünge der Firma gehen bis auf das Jahr 1936 zurück. Siegfried Finke, Franjo Finke und Norbert Keimeier repräsentieren bereits die dritte Generation der Unternehmerfamilie. Der Mittelständler ist Partner des GEL Expressfrachtsystems sowie der Stückgutkooperation CTL Cargo-Trans-Logistik. Neben dem Stammsitz in Haaren (Bad Wünnenberg) in der Nähe von Paderborn betreibt SLH eine Niederlassung in Weingarten in der Nähe des Bodensees. Insgesamt stehen 8500 Quadratmeter Hallenlager und Umschlagsfläche und 70.000 Quadratmeter Gesamtbetriebsfläche inklusive einer öffentlichen Lkw-Werkstatt und Waschanlage zur Verfügung. Der eigene Fuhrpark umfasst rund 60 ziehende Einheiten und circa 150 Anhänger und Auflieger für die unterschiedlichsten Anforderungen. 25 Lastzüge werden schwerpunktmäßig im Fernverkehr eingesetzt. Zu den Spezialitäten gehört hier der Transport sperriger Güter, wie Gartenhäuser oder Kinderspielplatzgeräte, die mithilfe von Ladekranen oder Mitnehmstaplern vor Ort entladen werden können. mh

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