Brüssel. Seit 2014 wartet das Güterverkehrsgewerbe bereits darauf: Die EU-Kommission hat nun ihre lange angekündigten Verbesserungsvorschläge in Brüssel präsentiert. Flankiert wird die sogenannte EU-Mobilitäts-Strategie von einem ersten Paket von acht Legislativinitiativen, die speziell auf eine bessere Funktionsweise des Binnenmarktes im Güterverkehrssektor und eine Verbesserung der Sozial- und Beschäftigungsbedingungen der Fahrer abzielen. Hierzu will die Kommission für eine bessere Durchsetzung des bereits geltenden Unionsrechts sorgen, illegale Beschäftigungspraktiken härter bekämpfen sowie die bestehenden Bestimmungen präzisieren und vereinfachen.
Das sagen DSLV, BGL und BWVL
Sowohl die europäischen als auch die deutschen Speditions-, Transport- und Logistikverbände haben die Initiativen der EU-Kommission grundsätzlich begrüßt – auch, wenn diese relativ spät kommen. Die Bewertungen der in Brüssel vorgestellten Verbesserungsvorschläge für den Verkehrssektor fallen aber unterschiedlich aus. Mit der neuen Mobilitätsstrategie habe Brüssel die Chance, „entscheidend zur Harmonisierung des innereuropäischen Wettbewerbs beizutragen“, lautet die erste Einschätzung des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV). Er sieht aber Nachbesserungsbedarf bei der geplanten Entsende-Reform.
Ebenso wie der DSLV will auch der Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) zunächst die Details der neuen EU-Mobilitäts-Strategie prüfen und sich konstruktiv in die Diskussion einbringen. Die Herausforderung werde insgesamt darin bestehen, die Prinzipien der Wettbewerbs-, Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit des Binnenmarktes mit sozialen und Umweltinteressen in Einklang zu bringen, glauben die Interessenvertreter. Der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) betonte darüber hinaus: Bei der weiteren Ausarbeitung der Maßnahmen sei es wichtig, dass diese in der Praxis später kontrollierbar seien und wirklich kontrolliert würden.
Kritik von IRU und Clecat
Kritischer sieht man das jetzt vorgestellte Maßnahmenpaket aus Brüssel auf internationaler Ebene: Der Weltdachverband der Straßentransportwirtschaft IRU hätte sich noch mehr Klarheit und deutlichere Vereinfachungen gewünscht. Matthias Maedge, der IRU-Vertreter in Brüssel glaubt, dass die neuen Kabotage-Bestimmungen zu mehr Schwierigkeiten bei der Interpretation der Vorschriften führen könnten. Er stellt aber auch klar, dass die EU-Mobilitäts-Strategie andererseits viele gute Idee enthält. Zum Beispiel die stärkere Bekämpfung von Briefkastenfirmen und die Flexibilisierung der Ruhezeit-Regelungen.
Und der europäische Verband für Spedition, Transport, Logistik, Clecat, hält eine unionsweite Mindestlohn-Regelung für zielführender als eine Modifizierung des aktuellen Flickenteppichs. Clecat regte zudem an, bei Kabotage-Fahrten innerhalb des Binnenmarktes komplett auf Begrenzungen zu verzichten, um die Entsendung von Arbeitsnehmern in andere Mitgliedstaaten zu erleichtern. „Es ist traurig, dass die EU-Kommission nicht die mobile Arbeitsweise und den grenzüberschreitenden Charakter dieser Branche kennt“, sagte die Generaldirektorin Nicolette van der Jagt. (ag)
Die wichtigsten Vorschläge aus Brüssel auf einen Blick:
- Kabotage-Fahrten sollen künftig an fünf aufeinanderfolgenden Tagen nach einer grenzüberschreitenden Beförderung erlaubt sein – in unbegrenzter Zahl.
- Bei der Entsendung eines Fahrers sollen die Lohn- und Urlaubsvorschriften des anderen Landes erst gelten, wenn er dort mindestens drei Tage im Monat tätig ist.
- Briefkastenfirmen sollen durch eine engere Zusammenarbeit der zuständigen Behörden härter bekämpft werden. Abgesehen davon sind Vorschriften zum Berufs- und Marktzugang bei der Güterbeförderung mit Fahrzeugen bis zu 3,5 Tonnen vorgesehen, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.
- Im Straßengüterverkehr soll die Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten stärker digitalisiert werden und der Einsatz elektronischer Dokumente den Verwaltungsaufwand verringern.
- Lkw-Hersteller sollen die CO2-Emissionen und den Kraftstoffverbrauch ihrer Fahrzeuge über Vecto melden, damit mehr Transparenz im Markt herrscht.
- Zeitabhängige Systeme zur Mauterfassung sollen unionsweit nach einer Übergangsphase auf entfernungsabhängige Maut-Systeme umgestellt werden.
- Die Kommission will unionsweit einheitliche Standards für die Erhebung der elektronischen Maut durchsetzen – Stichwort: European Electronic Tolling System (EETS).
- Die Brüsseler Behörde setzt sich für eine bessere Vernetzung auf EU-Ebene und den Ausbau digitaler Technologien ein. (ag)