Brüssel. Die 34 europäischen Fluggesellschaften, die in der Association of European Airlines (AEA) zusammengeschlossen sind, fordern das sofortige Ende des europäischen Emissionshandelssystems (ETS), das die EU seit Anfang des Jahres eingeführt hat. „Sonst droht ein Handelskrieg“, sagte der AEA-Vorsitzende und Chef der belgischen Brussels-Airlines Bernard Gustin im Anschluss an eine AEA-Sitzung heute in Brüssel. Die ersten Anzeichen für solch ein Szenario seien schon zu erkennen. So hätte China die Bestellungen beim europäischen Flugzeughersteller Airbus aus Protest gestoppt.
AEA sei nicht grundsätzlich gegen ein System, dass darauf abziele, den CO2-Ausstoß von Fluggesellschaften zu verringern. Doch müsse das im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrtsorganisation ICAO beschlossen werden. „Unser Markt ist global, und da kann die EU nicht einseitig den anderen vorschreiben, was zu machen sei“, so Gustin. Gespräche zu einer Lösung im Konflikt zwischen EU und Staaten, die ETS skeptisch gegenüber stehen – allen voran China, USA, Russland und Indien – seien bei ICAO schon aufgenommen worden.
AEA äußerte noch weitere Kritik in Richtung EU und deren Mitgliedsstaaten. So solle der Einheitliche Europäische Luftraum endlich verwirklicht werden. Darin liege enormes Potenzial. „3,7 Milliarden Liter Treibstoff und 16 Millionen Tonnen CO2 könnten dadurch gespart werden, zwölf Prozent aller CO2-Emissionen, die die europäischen Fluggesellschaften ausstoßen“, sagte Christoph Franz, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa. Hunderte Stunden Verspätungen und fünf Milliarden Euro an Ineffizienz könnten außerdem vermieden werden. Der Fortschritt, der bei der Einrichtung von neun funktionalen Luftraumblöcken (FAB) als Zwischenschritt zum Einheitlichen Luftraum zurzeit gemacht werde, sei jedoch ernüchternd. 3,5 Prozent Kostenreduzierung sollen sie pro Land bringen. Das habe die EU-Kommission verlangt. Die Länder mit dem größten Luftverkehrsaufkommen, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien, würden das Ziel nach den derzeitigen Plänen alle verfehlen. Ob die FABs wie geplant Ende des Jahres funktionsfähig seien, sei stark zu bezweifeln.
Grundsätzlich beklagten die AEA-Vertreter, dass der Luftfahrtindustrie von Seiten der Gesetzgeber zu viele Beschränkungen auferlegt würden. Ihr Sektor biete ein enormes Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung Europas – und das sollte laut AEA stärker erkannt und in seiner Entwicklung nicht gehemmt werden. Hätten die AEA-Mitglieder in den vergangenen zehn Jahren 21 Prozent der internen Kosten gesenkt, so seien die Kosten, die durch Abgaben und Gesetzgebung von außen an die Unternehmen herangetragen worden seien, um 22 Prozent gestiegen. „Wenn ich sehe, wie andere Regionen in der Welt mit ihrem Flugsektor umgehen, werde ich neidisch“, sagte Gustin.
Am Vormittag hatten die AEA-Mitglieder, zu denen neben Lufthansa auch Air Berlin und DHL gehören, ihre Ansichten EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in einem Gespräch vermittelt. (kw)