Hofmann & Neffe: 100 Jahre Spedition im Wandel – Der Umstieg auf E-Lkw

Seit über 100 Jahren gibt es die Spedition Hofmann & Neffe. Wie viele Familienunternehmen hat der Betrieb einmal klein angefangen und ist inzwischen auf eine stattliche Größe mit über 230 Mitarbeitern (davon rund 190 Fahrer) angewachsen. Und trotz der bewegten Ge-schichte durchläuft Hofmann & Neffe aktuell eine der wohl größten Transformationen in der Unternehmenshistorie: Sukzessive wird ein beträchtlicher Teil der Dieselflotte durch E-Lkw ersetzt. "Das erste Mal haben wir uns Ende 2022 mit elektrifizierten Transporten auseinandergesetzt", berichtet Geschäftsführerin Elisabeth Andrieux. Damals hatte Hofmann & Neffe die Möglichkeit, mit einem großen Kunden einen E-Lkw in den Einsatz zu bringen. Andrieux spricht von einer "glücklichen Kombination aus Invest und langer Kundenbeziehung", die den Ausschlag für den Versuch gab. Der Volvo FM Electric wurde ausschließlich mit Eigenmitteln angeschafft und erfolgreich in die Flotte integriert. Schlag auf Schlag Inzwischen hat Hofmann & Neffe sieben FMs im Einsatz, im Laufe des Jahres sollen noch zehn bis 15 weitere E-Lkw dazukommen, darunter auch ein eActros 600 und ein MAN E-TGX. Alle Lkw werden aus Eigenmitteln finanziert, wobei das Unternehmen noch von einer Förderung für klimafreundliche Fahrzeuge profitieren kann. Die Förderhöhe beträgt - wie beim in Deutschland inzwischen abgeschafften KsNI-Programm - 80 Prozent der Mehrkosten zum vergleichbaren Dieselfabrikat. "Wenn wir mit Kunden sprechen, dann erwähnen wir natürlich, dass wir auch elektrisch transportieren können", sagt Andrieux. Aber: "Inzwischen ist es zunehmend so, dass die Kunden selbst dieses Thema einbringen, damit sie in ihren Nachhaltigkeitsberichten eine klimafreundliche Transportkette angeben können." Ohne einen Kunden würde Hofmann & Neffe aber die Elektro-Flotte nicht weiter aufstocken: "Die Fahrzeuge werden für konkrete Kundenprojekte angeschafft und können sofort nach Lieferung eingesetzt werden. Der Einsatz wird genau mit dem Kunden abgestimmt und muss natürlich auch rechnerisch passen", so die Geschäftsführerin. Weitaus aufwendiger als die Fahrzeugbeschaffung stellt sich aber der Aufbau der notwendigen Ladeinfrastruktur auf dem Betriebshof in Linz dar. Hier hat ein glücklicher Zufall dazu geführt, dass Hofmann & Neffe nun über ein sehr leistungsfähiges Ladesystem verfügt, berichtet Andrieux: "Wir haben unsere PV-Anlage erweitert auf alle möglichen Dachflächen. Im Zuge des Projektes waren wir mit dem Thema Netzüberlastung konfrontiert und haben damals schon entschieden, in einen eigenen Trafo zu investieren und somit nicht vom Nachbarn abhängig zu sein." Parallel stand Andrieux bereits mit dem Unternehmen Elexon aus Deutschland in Kontakt - der Ladeinfrastruktur-Anbieter hat bereits einige Projekte mit Logistikern umgesetzt und sollte sich auch um das System bei Hofmann & Neffe kümmern. "Für uns war das ein glücklicher Umstand, dass so schon ein leistungs-fähiger Trafo vorhanden war", erklärt Marcus Scholz, der Geschäftsführer von Elexon. Allgemein habe das Transportunternehmen einige wichtige Punkte beachtet: "Viele kaufen sich erst den Lkw und kümmern sich dann um die Lade-infrastruktur", berichtet Scholz. Strategischer Vorteil Hofmann & Neffe hat einige Vorteile beim Umstieg auf E-Lkw. Früher, so berichtet Geschäftsführerin Elisabeth Andrieux, habe man noch europaweite Relationen bedient. Heute konzentriert sich der Betrieb auf den regionalen Verteilerverkehr in Österreich. Zu den Kunden des Spediteurs gehören Unternehmen im Metall-, Lebensmittel-, aber auch Containersektor. Anders als andere Marktbegleiter richtet Hofmann & Neffe seinen Fokus auf langfristige Kontrakte und stellt dafür seinen Fuhrpark zur Verfügung. Am Spotmarkt nimmt man nicht teil. Diese Kombination aus recht kurzen Strecken und planbaren Relationen hilft beim Aufbau eines vollelektrischen Transportnetzes. E-Trucks von hinten aufzäumen Das ist aber in den meisten Fällen nicht ratsam. Eigentlich müssten sich, so der Elexon-Chef, die Unternehmer zuerst Gedanken über ihre Ladeinfrastruktur machen. Wie viele Ladepunkte brauche oder will ich haben? Wo sollen die Stationen stehen? Reicht mein Stromanschluss dafür überhaupt? Scholz berichtet, dass es beim Aufbau der Ladestationen auch galt, für Akzeptanz zu sorgen: "Wir müssen immer berücksichtigen, dass dies eine neue Technologie ist, bei der viele Menschen erst skeptisch sind." Für Scholz gilt eine einfache Regel: "Man darf ein bestehendes, funktionierendes Umfeld nicht verschlechtern." Bei Hofmann & Neffe ist es geglückt. Auf dem Hof stehen jetzt fünf Terminals mit insgesamt zehn DC-Ladepunkten - und zwar so, dass man sich nicht mit den anderen Parkplätzen in die Quere kommt. Es handelt sich um ein Powerbank-System. Das heißt, dass vor der Ladestation ein Akku permanent vom Netz gespeist wird und bei Bedarf wieder entladen wird. Nachts werden die Volvos mit AC-Ladern versorgt - der schwedische Hersteller hat seinen E-Trucks einen On-board-Charger mit 43 Kilowatt (kW) Leistung spendiert, der für das Laden über Nacht mehr als ausreichend ist. Mehr ist möglich Aber auch die richtige Skalierung der Stationen ist wichtig. Bis zu 30 E-Lkw können künftig auf dem Betriebshof laden, auch deshalb, weil man bei einigen Kunden Zwischenladelösungen aufgebaut hat. Scholz bringt dabei auch den Begriff "distributiertes System" ins Gespräch. Das ist, einfach gesprochen, ein Lade-management, das den Strom zum Beispiel nach bestimmten Prioritäten verteilen kann. Scholz sieht dies als "enorm wichtig" an, denn die Fahrzeuge kommen immer mit einem unterschiedlichen Ladezustand zurück und werden meist zu unterschiedlichen Zeiten wieder abfahren. Perspektivisch will Hofmann & Neffe den Elektro-Fuhrpark erweitern, allerdings nicht um jeden Preis: "Ich bin mir sicher, dass wir auch in einigen Jahren noch Transporte mit Diesel-Lkw abwickeln werden", glaubt Elisabeth Andrieux. Aber: "Wo es Sinn macht, werden wir auf jeden Fall unseren E-Fuhrpark weiter ausbauen und somit zu einem klimafreundlichen Transport beitragen. Auch mit den derzeitigen Reichweiten können wir genügend Routen umsetzen und die Entwicklung geht stark vorwärts." Auch Scholz unterstützt diese Haltung: "Man praktiziert E-Mobilität nicht um der E-Mobilität willen. Es gibt Fälle, da ist es nachhaltiger, einen Diesel mit regenerativen Treibstoffen zu betanken, als ihn unnötig aus der Flotte zu entnehmen und mit einem Diesel zu ersetzen." Eine komplette Umstellung der 130 Lkw bei Hofmann & Neffe auf E-Antriebe ist also vorerst kein Thema. Und wenn irgendwann doch noch ein größerer Aufschwung kommt, wird man immer zuerst an die Ladeinfrastruktur denken und dann die Fahrzeuge anschaffen. Man muss umdenken - mehr, als mancher glaubt.