Erst 2018 ist mit höheren Frachtraten zu rechnen

Das Ergebnis dürfte die Transportdienstleister eher enttäuschen, aber nicht unbedingt überraschen: Im zweiten Quartal 2017 haben sich die Lkw-Frachtraten gegenüber dem Vorquartal kaum verändert. Der VerkehrsRundschau-Index, der aktuellste Preisindex für den Straßengüterverkehr in Deutschland, ist nach 122,14 Punkten im ersten Quartal 2017 auf 122,08 Punkte im zweiten Quartal gefallen. Das entspricht einem Minus von 0,05 Prozent. Impulse aus dem Aufwärtstrend bei den deutschen Unternehmen auf die Transportpreise bleiben also aus. Damit bestätigt der Index, was in den letzten Monaten immer wieder von den Dienstleistern zu hören war: Die Auftragslage ist gut, aber die Preise wollen einfach nicht anziehen. Ein wenig verwunderlich ist das schon. Denn die Zahlen der hiesigen Wirtschaft fallen blendend aus. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht, auch wenn die Stimmen lauter werden, die mahnen: So kann es doch auf Dauer nicht weitergehen. Aber weiterhin gilt: Die Zeichen in Deutschland stehen auf Wachstum. Der wohl wichtigste Prognose-Indikator für die deutsche Wirtschaft, der Ifo-Index, hat im Monat Juni einen neuen Rekordwert erklommen. "In den deutschen Chefetagen herrscht Champagnerlaune", heißt es aus dem Ifo-Institut. Dabei sind die Münchener Wissenschaftler bei der Interpretation ihrer Daten eher für ihre Nüchternheit bekannt. Prognose für 2018 nach oben korrigiert Doch nicht nur der Ifo-Index, auch der Dax erklimmt derzeit einen Rekord nach dem anderen und kratzt an der 13.000-Punkte-Marke. Ein Indiz dafür, dass sich zumindest die deutschen Großkonzerne in ausgezeichneter Verfassung befinden. Dazu passt, dass das Ifo-Institut Ende Juni seine Konjunkturprognose für Deutschland nach oben korrigiert hat: Für das laufende Jahr werden nun 1,8 Prozent Wachstum statt bislang 1,5 Prozent erwartet. Für das kommende Jahr erhöhten die Experten ihre Prognose von bislang 1,7 Prozent auf 2,0 Prozent. Steigende Nachfrage nach Frachtraum Dieser Aufschwung schlägt sich auch in den Auftragsbüchern der Dienstleister nieder. So haben 57,6 Prozent von ihnen im zweiten Quartal ein höheres Aufkommen verzeichnet im Vergleich zum Vorquartal. Bei 37,9 Prozent gab es keine Veränderungen, lediglich 4,5 Prozent verzeichneten Einbußen. Ein Beleg dafür, dass das Wirtschaftswachstum mit einer steigenden Nachfrage nach Frachtraum einhergeht. Doch die hat zu keiner Preiserhöhung geführt, sieht man vom Segment Komplettladung ab (siehe Tabelle unten). Das lässt sich womöglich damit erklären, dass es bei Teilladungen und vor allem auch bei Paletten einfacher ist, die zusätzliche Nachfrage durch eine bessere Auslastung des vorhandenen Frachtraums aufzufangen. Bei Komplettladungen ist hingegen häufig zusätzlicher Laderaum notwendig. Steht der nicht zur Verfügung, führt eine steigende Nachfrage in der Regel zu steigenden Preisen. Bei Komplettladungen ist diese Entwicklung offenbar eingetreten, auch wenn hier zusätzlicher Frachtraum aus dem Ausland dämpfend gewirkt haben dürften. Blickt man zurück, wie sich die Frachtraten in den letzten zwölf Monaten verändert haben, so kann man immerhin festhalten: Es gab einen Anstieg von 121,63 Punkte auf 122,08 Punkte, was einem Plus von 0,37 Prozent entspricht. Trotz der aus Sicht der Dienstleister schwierigen Situation bei den Transportpreisen hat sich deren Rendite leicht verbessert (siehe VR 25/2017). Ein Grund dafür könnte die Kostenentwicklung sein. So war bei den Dieselpreisen im zweiten Quartal 2017 ein leichter Rückgang festzustellen. Der Dieselpreis (bei Abgabe an Großverbraucher) lag im Mai 2017 um 4,5 Prozent unter dem Wert aus dem Februar. Da die Rohölpreise im Juni nochmals gesunken sind, kann man davon ausgehen, dass sich der Diesel zumindest nicht weiter verteuert hat. Die Teilnehmer des VR-Index äußern sich auch zu der Entwicklung in den kommenden drei beziehungsweise zwölf Monaten. Hier gibt es unterschiedliche Einschätzungen. So zeigen sich die Dienstleister bei der Aufkommensentwicklung zurückhaltend. Sie erwarten im kommenden Quartal nur eine Mengensteigerung von 0,7 Prozent, was aber für den kurzen Zeitraum durchaus beachtlich ist. Demgegenüber herrscht bei den Verladern offenbar tatsächlich Champagnerlaune. Denn sie rechnen mit einer Aufkommenssteigerung von 2,2 Prozent innerhalb von nur drei Monaten - ein außerordentlich hoher Wert. Jeder zweite Verlader gibt an, dass sich sein Aufkommen im dritten Quartal erhöhen wird. Ein anderes Bild ergibt sich hingegen bei der Frachtratenentwicklung in den nächsten drei Monaten. Hier sind es die Dienstleister, die sich zuversichtlicher zeigen und eine Preissteigerung von 0,7 Prozent erwarten. Betrachtet man das gerade abgelaufene Quartal, erscheint diese Zunahme optimistisch. Andererseits sind die Frachtraten im ersten Quartal um 0,74 Prozent gestiegen, sodass eine solche Steigerung innerhalb eines Quartals auch nicht unrealistisch ist. Die Verlader hingegen rechnen im dritten Quartal nur mit einer Verteuerung um 0,3 Prozent. So oder so, eine deutliche Anhebung der Frachtraten scheint es in diesem Jahr nicht mehr zu geben. Die Aussichten bis Mitte 2018 Bei den Einschätzungen für die kommenden zwölf Monate sind sich die beiden Lager hingegen einiger. Während die Dienstleister mit einer Steigerung von 2,2 Prozent rechnen, zeigen sich die Verlader etwas skeptischer und gehen von einem Aufkommensplus in Höhe von 1,7 Prozent aus. Damit befinden sich beide Vorhersagen in der Nähe von der Prognose des Ifo-Instituts für das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr mit 2,0 Prozent. Bei der Entwicklung der Frachtraten in den kommenden zwölf Monaten sind es hingegen wieder die Dienstleister, die einen größeren Sprung erwarten. Mit einer Preissteigerung von immerhin 1,4 Prozent rechnen sie auf Jahresbasis. Die Kalkulation der Verlader ist mit 1,2 Prozent plus nicht weit davon entfernt. Womöglich spiegelt sich in diesen Zahlen die Einschätzung der Befragten wider, dass bei einer weiterhin steigenden Nachfrage das Angebot dann doch irgendwann an seine Grenzen stößt und damit die Frachtraten steigen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Transportpreise www.verkehrsrundschau.de/dossiers Erhebungsmethodik und Teilnehmer Was man zum VerkehrsRundschau-Index wissen muss Seit 2005 lässt die VerkehrsRundschau (VR) von einem unabhängigen Marktforschungsinstitut die Frachtraten im Straßengüterverkehr erheben. Damit ist der VR-Index der älteste Preisindex für Lkw-Transporte in Deutschland.Zur Methodik und ErscheinungsweiseIm zweiten Quartal 2017 haben 121 Unternehmen bei der Befragung mitgemacht, etwas mehr Logistikdienstleister als Verlader. Von den Dienstleistern haben 22,1 Prozent 20 und weniger Mitarbeiter. Bei den Dienstleistern geben 68 Prozent an, mehr als 100 Mitarbeiter zu haben. Bei der Abfrage der Frachtraten sind nur bestimmte Transporte berücksichtigt worden. Die Güter sollten unspezifisch und palettierbar sein und keine besondere Handhabung erfordern. Diese Faktoren nehmen Einfluss auf die Preisgestaltung:- Entfernungen- Sendungsgrößen- Quell- und Zielraum - Transporte innerhalb und zwischen Ballungsgebieten- Art des Vertragsverhältnisses zwischen Verlader und Transporteur - keine langfristigen Kontrakte- Preisbildung der Aufträge ohne Annahme einer Rückfracht Der Index erscheint vierteljährlich. Die Daten werden erhoben vom Marktforschungsinstitut Kleffmann. cd Kommentar Nicht zu bescheiden Es wäre ja auch zu schön gewesen, zumindest aus Sicht der Dienstleister: Da sind die Frachtraten zweimal hintereinander gestiegen und haben viele Spediteure sicher gehofft, dass sich dieser Trend im zweiten Quartal fortsetzt. Doch weit gefehlt, die Dienstleister mussten wieder Preiszugeständnisse machen.Nun war die Ertragslage vieler Dienstleister schon mal schlechter, weshalb sie - so argumentieren womöglich auch die Verlader - es verkraften können, wenn die Preise stagnieren. Doch dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ertragslage in kaum einer Branche so schlecht ist wie im Transportgewerbe. Und wenn es den Unternehmen nicht mal gelingt, in wirtschaftlich guten Zeiten höhere Preise durchzusetzen und damit ein kleines Polster anzulegen, wird das bei schlechter Auftragslage erst recht nicht gelingen. Daher kann, ja muss man den Unternehmen zurufen: Seid nicht zu bescheiden in den Preisverhandlungen, sondern traut euch etwas zu. Nur so kommt ihr an das Geld, das ihr für Investitionen benötigt, mit denen ihr die Anforderungen der Verlader erfüllen könnt. cdMichael Cordes Redakteur

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