Erneuerung der De-Minimis-Verordnung nicht gut genug

In Kürze: Die EU-Kommission plant eine Erneuerung der De-Minimis-Verordnung. Dabei sollen auch die Höchstgrenzen für die Beihilfen angehoben werden. Prinzipiell ein guter Plan, der allerdings noch deutlich Luft nach oben hat, finden das Bundesverkehrsministerium und Branchenverbände. Staatliche Beihilfen sind der EU aus wettbewerbsrechtlichen Gründen eigentlich ein Dorn im Auge. Wenn es allerdings um relativ geringe Summen geht, sind sie erlaubt und müssen auch nicht extra von der EU-Kommission gebilligt werden. So sieht es die sogenannte De-Minimis-Verordnung vor, die 2006 das erste Mal auf EU-Ebene verabschiedet wurde. 2013 wurde sie erneuert, und jetzt steht wieder eine Erneuerung an. Denn die aktuellen Regelungen laufen mit Ende des Jahres aus. Die EU-Kommission hat deshalb einen ersten Entwurf vorgelegt, wie sie De-Minimis weiterführen möchte. Eine der Neuerungen betrifft die Höchstgrenze der erlaubten Beihilfen. Bislang gelten mehr oder weniger immer noch die Beträge aus der ersten Version von 2006: maximal 200.000 Euro pro Unternehmen bezogen auf drei Steuerjahre im Regelfall. Der Straßengüterverkehr wird allerdings als eine der wenigen Ausnahmen behandelt. Hier sind nur maximal 100.000 Euro in drei Steuerjahren erlaubt. Beide Höchstbeträge sollen laut Plänen der EU-Kommission ab nächstem Jahr deutlich steigen, nämlich auf 275.000 beziehungsweise 137.500 Euro. Die Kommission begründet die Anhebung der Beträge mit der Inflation. Die Meinung des BMDV Grundsätzlich gut, aber nicht gut genug: So lassen sich die Reaktionen aus Deutschland auf diese Pläne zusammenfassen. Mit der Inflation hätte sich auch ein Höchstbetrag von 500.000 Euro (entsprechend 250.000 Euro für den Straßengüterverkehr) rechtfertigen lassen, teilt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) auf Anfrage mit. Das BMDV habe der EU-Kommission zweimal seine Vorstellungen zu diesem Betrag mitgeteilt: Bei einer ersten Sondierung der Kommission im vergangenen Sommer zur Vorbereitung des neuen De-Minimis-Entwurfs. Und noch einmal nach Vorlage des Entwurfs im Dezember bei einer öffentlichen Befragung. Die Ansicht der Verbände An dieser haben sich auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) beteiligt. Ihre Reaktionen gehen in die gleiche Richtung wie die vom BMDV: Mehr Geld wäre besser und durchaus angemessen aufgrund der seit 2006 deutlich gestiegenen Kosten im Sektor. Vor allem aber kritisieren beide Verbände, dass immer noch ein Unterschied gemacht werde zwischen Unternehmen des Straßengüterverkehrs und anderer Branchen. Die Kommission begründet das weiterhin mit der "im Durchschnitt geringen Größe von Straßengüterverkehrs-Unternehmen". "Eine Faktengrundlage für diese Behauptung ist nicht ersichtlich", heißt es dazu in der BGL-Stellungnahme, die vor dem Hintergrund der durchschnittlichen Betriebsgrößen im Handwerk mit 5,4 Beschäftigten und im gewerblichen Straßengüterverkehr mit 14 Beschäftigten auch von "Diskriminierung der Straßengüterverkehrs-Unternehmen" spricht. Für den BGL wäre ein neuer, für alle geltender De-Minimis-Höchstbetrag von 500.000 Euro angemessen. "Eine Halbierung der Förderhöchst-beträge für Straßenverkehrsunternehmen erscheint [.] aus unserer Sicht sachlich nicht gerechtfertigt", heißt es wörtlich auch in der Stellungnahme des BWVL, der ebenfalls die geringe Größe der Unternehmen nicht als Grund gelten lässt. Kleine Betriebe gebe es auch in den anderen Branchen. Die Regelung für den Straßengüterverkehr sei "zu unbestimmt und willkürlich getroffen", eine Gleichstellung mit anderen Branchen sei nötig. Sowohl BWVL als auch BGL kritisieren außerdem die geplante Vorschrift, dass Unternehmen, die neben dem Straßengüterverkehr noch in anderen Sektoren aktiv sind, De-Minimis-Gelder nicht für den Kauf von Lkw verwenden dürfen. Umstrittenes Register gefordert Neu in dem Kommissionsentwurf ist neben der Erhöhung der Geldbeträge auch die Forderung an die EU-Mitgliedstaaten, ein Register der Betriebe zu erstellen, die von De-Minimis profitieren. Das werde mehr Transparenz schaffen, begründet die Kommission. Beim BMDV wehrt man sich gegen diese Pläne. Denn: "Mit einem solchen Register entstünde ausgerechnet bei den kleinsten Förderungen mit den geringsten Auswirkungen auf den europäischen Wettbewerb großer Verwaltungsaufwand", teilt das Ministerium mit. Damit verlöre die De-Minimis-Verordnung "teilweise ihre Existenzberechtigung gegenüber der Allgemeinen Gruppenfreistellungs-Verordnung, bei der eine Transparenzpflicht - in der aktuellen geltenden Fassung - erst ab 500.000 Euro besteht". Wie es weitergeht Inwiefern die EU-Kommission auf die Kritik aus Deutschland reagiert, ist offen. "Im Anschluss an die öffentliche Konsultation und die Konsultationen des beratenden Ausschusses wird die Kommission möglicherweise den Verordnungsentwurf unter Berücksichtigung der Rückmeldungen der Interessenträger und der Mitgliedstaaten überarbeiten", teilt die EU-Kommission zum weiteren Verfahren mit. Die noch im Verlauf des Jahres beschlossenen Regeln sollen dann ab 1. Januar 2024 und bis Ende 2030 in allen EU-Mitgliedstaaten gelten.

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