Einfach sicher

Arbeitssicherheit im Lager ist ein Dauerthema. So zeigt die jüngste Statistik der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), "Arbeitsunfallgeschehen 2017": In Verbindung mit dem Unfallmuster "innerbetrieblicher Transport" haben sich in jenem Berichtsjahr deutschlandweit rund 222.000 meldepflichtige Unfälle ereignet, 101 davon tödlich. Über 33.000 Mal waren dabei Flurförderzeuge oder Materialtransportwagen im Spiel. Aber auch im Bereich Fördertechnik und Regale kommt es immer wieder zu Unfällen. Laut Franco Rovedo, Präventionsexperte im Fachbereich Handel und Logistik der DGUV (siehe auch Interview), wurden 2017 im Bereich ortsfeste Stetigförderer rund 3000 Unfälle gezählt, vier davon tödlich. Bei Regalsystemen seien es 3500 gewesen, wenngleich keiner dieser Unfälle tödlich gewesen sei. Kletterausrüstung fürs Regal Alleine bei Regalsystemen sind die Szenarien, bei denen sich Mitarbeiter Gefahren aussetzen, vielfältig. Beispiel Paletten-Durchlaufregal-System (PSD): Die Umverpackungsfolie einer Palette löst sich, bleibt in den Rollenbahnen hängen und blockiert damit die Palettendurchfuhr. Eine Rolle ist beschädigt und muss ausgetauscht werden. Reinigungsarbeiten im Durchlaufkanal oder Wartungsarbeiten, beispielsweise an den Brems- und Tragrollen, stehen an. Alles Fälle, bei denen Mitarbeiter in das Regal und in die Kanäle steigen müssen, um Arbeiten vor Ort durchzuführen. Damit ihnen dabei nichts passiert, hat Bito-Lagertechnik Bittmann in enger Zusammenarbeit mit dem DGUV-Fachbereich Handel und Warenlogistik ein spezielles Sicherheits-Set entwickelt: das "PDS Access-Kit". Dieses erinnert an eine Kletterausrüstung und besteht aus eigens von Bito entwickelten "Easy Hook"-Anschlagshaken, passenden Twistlockkarabinern, einem Höhensicherungsgerät, einem Auffanggurt, zwei Blockiervorrichtungen, einer Klemmvorrichtung sowie aus rutschfesten Brettern. Letztere ermöglichen - miteinander verbunden und befestigt - die sichere Begehbarkeit der Rollenbahnen. Damit soll das Auslegen mit Leerpaletten obsolet werden. Nichts kann verrutschen Über den Anschlagshaken, den Twistlockkarabiner, das Höhensicherungsgerät und den Auffanggurt ist der Mitarbeiter auf allen Ebenen und an allen Stützen des PDS gesichert. Im Falle einer Störung lassen sich die Störpalette und alle nachfolgenden Palettenladungen innerhalb des Kanals mit den Blockiervorrichtungen befestigen, sodass im Kanal keine Gefahr von sich möglicherweise fortbewegenden Paletten ausgeht. Der Mitarbeiter kann je nach Störungsstelle vom parallel laufenden Nachbarkanal aus oder bei Wartungs-, Reparatur- und Reinigungsarbeiten direkt im betroffenen Kanal arbeiten. Enge Zusammenarbeit mit DGUV "Der Anstoß für die Entwicklung des PDS Access-Kit kam von mehreren Seiten", erzählt Christian Nahnsen, Produktmanager Schwerlastregale bei Bito. So werde das Thema Sicherheit im Lager im Allgemeinen immer wichtiger. "Aus diesem Grund sind immer mehr Kunden gezielt auf uns zugekommen, die nicht länger mitansehen möchten, dass ihre Mitarbeiter zur Störungsbeseitigung ungesichert im Durchlaufregal herumklettern. Das kann unter Umständen lebensgefährlich sein", erzählt Nahnsen. Wie bei vielen Sicherheitsthemen suchte Bito auch hier die Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Handel und Logistik der DGUV. "Vonseiten der Präventionsexperten wurde uns ebenfalls gespiegelt, dass die sichere Störungsbeseitigung im Durchlaufregal ein Riesenthema in der Branche ist", so Nahnsen. Das häufig praktizierte Auslegen mit Leerpaletten im Nachbarkanal sei improvisiert, nicht ergonomisch und aufgrund der Absturzgefahr zwischen den Rollenbahnen sehr risikobehaftet, weiß der Regal-Experte. "Zudem war für die Kunden bisher kein konkreter Anschlagpunkt im Regal spezifiziert", betont Nahnsen. Nur für Bito-Regale geprüft Das Herzstück der Bito-Lösung, der Anschlaghaken, ist auf Regalstützen mit einem 50-Millimeter-Raster und damit auf die Stützengeometrie aller Bito-Durchlaufregale ausgelegt. Ein 50-Millimeter-Raster bringen zwar auch Regalanlagen anderer Hersteller mit. "Da es sich bei dem Anschlaghaken aber um ein aufwändig getestetes und durch ein externes Prüfinstitut abgenommenes Sicherheitsbauteil handelt, ist das Easy-Hook-System nur für Bito-Durchlaufregalsysteme zertifiziert und freigegeben", betont Nahnsen. Die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) inklusive Anschlaghaken wurde demnach in Kombination mit Bito-Regalstützen für eine Last von 136 Kilogramm geprüft. Dass es überhaupt notwendig ist, Kanäle im Durchlaufregal leerzuräumen, mit rutschfesten Platten auszulegen und den Mitarbeiter mittels PSAgA auszurüsten, liegt natürlich auch daran, dass schon bei der Regal-Konzeption aus Kostengründen auf das naheliegendste Sicherheitskonzept häufig verzichtet wird: "Die Installation von Wartungsgängen in Durchlaufregalen haben wir in der Vergangenheit auf speziellen Kundenwunsch natürlich schon mal umgesetzt, dies ist aber eher die Ausnahme", sagt Nahnsen. Lagerplatz koste Geld und für jeden Wartungsgang falle für den Betreiber wertvoller Platz weg, wo er nicht einlagern kann. "99 Prozent unserer Kunden entscheiden sich daher gegen am Regal fest installierte Wartungsgänge", sagt Nahnsen. Günstige Alternative für Shuttles Auch über Shuttle-basierte Systeme, bei denen der Mitarbeiter im Störungskanal in einem Käfig zur Störungsstelle fährt, habe man sich Gedanken gemacht - dies würde für den Kunden aber ebenfalls hohe Investitionen nach sich ziehen. Diese könnten unter Umständen der Hälfte des Preises für die komplette Regalanlage entsprechen, weiß der Bito-Produktmanager. Das PDS Access-Kit dagegen koste je nach Dimension der Anlage nur einen Bruchteil des Preises der Gesamtanlage. Die Neuheit jedenfalls scheint bei den Kunden auf reges Interesse zu stoßen. Laut Nahnsen verzeichne der Lagertechnikspezialist bereits Kundenanfragen, ob das Easy-Hook-Verfahren auch für andere Regaltypen, etwa Palettenregale oder Shuttlesysteme, angewendet werden könne. 1:1 übertragbar ist das Konzept allerdings nicht. "Trotz einheitlicher Regalstützen hat jedes Regalsystem seine Eigenheiten, seien es verschiedene Feldbreiten und Feldtiefen sowie die statische Konstruktion im Allgemeinen", erklärt Nahnsen. Da Bito die Sicherheit aber bei allen Regaltypen wichtig ist, prüfe man derzeit eine entsprechende Weiterentwicklung des Systems. Mehr zum Thema im Dossier Arbeitssicherheit www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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