Eine schwere Aufgabe

Schwerer kann's VW nicht - zumindest auf dieser Seite des Atlantischen Ozeans. Gleichzeitig ist dieser Testwagen das wohl imposanteste Derivat der Crafter-Familie und für den 2,0-l-TDI-Diesel sicherlich die mit Abstand schwerste Aufgabe. Schließlich muss der ursprünglich für den Einsatz in Golf, Passat & Co. konstruierte Konzern-Vierzylinder hier mit nicht weniger als 7,5 Tonnen Gesamtgewicht klarkommen. Entsprechende Zweifel fahren daher beim Tester im Vorfeld mit ... Um das Crafter-Fahrgestell, das werkseitig "nur" höchstens fünf Tonnen Gesamtgewicht verkraftet, für 7,5 Tonnen fit zu machen, greift man zu einer ungewöhnlichen Lösung. Oder genauer gesagt die im Allgäu ansässige Firma Ackermann. Dort verpasst man dem wahlweise 3665 oder 4325 Millimeter langen Fahrgestell eine Verlängerung und schafft so Platz für eine zusätzliche Achse. Die starre, drehstabgefederte Nachlaufachse schultert bis zu 2,8 Tonnen. Womit der Crafter rein technisch gesehen sogar 8,3 Tonnen Gesamtgewicht vertragen würde ... Der Testwagen bot 3,8 Tonnen Nutzlast Doch auch als 7,49-Tonner (alternativ bietet Volkswagen zusätzlich eine auf sieben Tonnen abgelastete Version an) bietet der Dreiachser üppig Nutzlast. Inklusive Plane-Spriegel-Aufbau von Eggers und MBB-Palfinger-Ladebordwand brachte der Testwagen lediglich 3686 Kilo auf die Waage. Ergibt satte 3,8 Tonnen Zuladung. Da können in dieser Fahrzeugklasse allenfalls der Fuso Canter sowie der Iveco-Daily-Siebentonner mithalten. Preislich unterbieten beide den VW allerdings deutlich. Für das reine Fahrgestell werden inklusive Umbaukosten bereits 62.000 Euro fällig. Zum Vergleich: Für ein Canter-Fahrgestell verlangt Fuso knapp 20.000 Euro weniger. Und wie schlägt sich der 2,0-l-TDI nun im "LKW-Einsatz"? Überraschend souverän. Trotz seiner "nur" zwei Liter Hubraum bringen die aus 163 PS resultierenden 400 Newtonmeter Drehmoment die voll ausgeladene Fuhre ausreichend flott voran. Zumindest, wenn wie beim Testwagen die kurze Achsübersetzung von 4,727:1 gewählt wird. Dann verharrt die Nadel des Drehzahlmessers bei Marschtempo 85 bei 2200/min. Die genügen, um sogar noch kleinere Anstiege bewältigen zu können, ohne das Crafter-typisch knochig schaltbare Sechsganggetriebe bemühen zu müssen. Unterhalb von 2000 Touren geht dem Common-Rail-Vierzylinder dann allerdings schnell die Puste aus. Zusätzlich musste VW weitere Kompromisse eingehen, um aus dem Transporter einen "echten" Lastwagen zu machen: Ist der 7,49-Tonner beladen, muss beim Anfahren in Kurven zunächst der große Widerstand des Doppelachsaggregates überwunden werden. Entsprechend viel Gas muss der Fahrer vorgeben, was eine erhöhte Belastung der Kupplung zur Folge hat. In Sachen Geräuschkulisse und Handling gibt sich der schwerste Crafter dagegen Transporter-like. Wären da nicht die ausladenden Außenspiegel, man könnte fast meinen, im 3,5-Tonner zu sitzen. Was dazu verleitet, manche Kurven recht rabiat anzugehen. Das steckt das Fahrwerk allerdings locker und ohne den Einsatz des serienmäßigen, adaptiven ESP weg. Für die hydraulischen Bremsen gilt dies allerdings nur eingeschränkt. Beim gewohnten Tritt aufs Pedal tut sich zunächst nicht viel. Man muss sich erst daran gewöhnen, kräftig reinzutreten, um entsprechende Verzögerungsleistung zu erhalten. Zumal die sechs Betriebsstopper besonders gefordert werden. Schließlich tendiert die Motorbremsleistung des Hubraumwinzlings in stärkeren Gefällen quasi gegen null. Zumal sich eine zusätzliche Auspuffklappenbremse angesichts der zwei Liter Hubraum kaum realisieren lässt. Wobei grundsätzlich sowieso die Frage erlaubt sein muss, ob der PKW-Biturbo den anspruchsvollen LKW-Einsatz auf Dauer unbeschadet übersteht. Zumal sogar noch ein bis zu drei Tonnen schwerer Anhänger mitfahren dürfte - theoretisch ... Niedriger Verbrauch auf der Testrunde Wer diese Kompromisse und natürlich den hohen Preis akzeptiert, erntet den Lohn an der Tankstelle. Lediglich 14,7 l/100 km flossen auf der gemischten VR-Testrunde durch die TDI-Brennräume. Da können "ausgewachsene" 7,5-Tonner nicht mithalten. Ebenso wenig mit der niedrigen Ladekante von 91 Zentimetern. Und dann bliebe da natürlich noch der Aufmerksamkeitsfaktor, der immer inklusive ist, egal wo man mit VW's einzigem europäischen Dreiachser auftaucht. Alle Tests und Fahrberichte seit dem Jahr 2008 für Premium-Abonnenten unter www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Technische Daten MotorVierzyl.-Reihen-Dieselmotor, Common-Rail, Bi-Turbo, vier Vent. pro Zyl., LLK, Euro 5, Zahnriemen, Hubraum: 1968 cm3 , Leistung: 163 PS (120 kW) bei 3600/min., max. Drehmoment.: 400 Nm bei 1800/min., Serviceintervall: 40.000 kmKraftübertragungman. Sechsgang-Schaltgetriebe, HeckantriebFahrwerk & BremsenLenkachse: Einzelradaufhängung, Gfk-Querblattfeder, Stabi, Bereifung: 205/75 R 16, Antriebsachse: 3,5-t-Starrachse, Parabelfeder, Stabi, Bereifung: 205/75 R 16, Nachlaufachse: 2,8-t-Drehstabfederachse, Bereifung: 235/65 R 16, hydraulisch betätigte Scheibenbremsen rundum, adaptives ESP, ABS, ASR, BAS SerieMaße & GewichteLxBxH (Laderaum): 4600x2220x2050 mm, Radstand: 4325 mm, Ladevolumen: 21 m3 , Ladekante: 915 mm, zulässiges Gesamtgewicht: 7490 kg, Leergewicht (Testwagen, inkl. Aufbau + Palfinger-Ladebordwand (Traglast 1000 kg): 3686 kg, Nutzlast: 3804 kg, Testgewicht: 7430 kg, Anhängelast (gebr.): 3000 kg, 80-l-TankMesswerteVerbrauch (Testrunde, 114 km): 14,7 l/100 kmPreise & Ausstattung (Euro netto)VW Crafter 4-t-Fahrgestell TDI 163: 50.224,- Serie: Airbag (Fahrer), elektr. Fensterheber, Option: elektr. Spiegel: 225,- Klima: ab 1740,- Rahmenverlängerung + 3 Achse: 11.450,- Plane-Spriegel-Aufbau (Eggers) inkl. MBB-Palfinger-1000-kg-Ladebordwand: 19.850,- Preis Testfahrzeug: 84.524,-Kurzurteil+ hohe Nutzlast, niedriger Verbrauch, Transporter-Fahreigenschaften, niedriger Einstieg- sehr hoher Anschaffungspreis, keine zusätzliche Motorbremse lieferbar