Eine Frage des Geldes

Nach der parlamentarischen Sommerpause debattiert der Bundestag in der ersten Septemberhälfte vier Tage den Entwurf des Haushalts 2015, bevor dieser voraussichtlich Ende November verabschiedet wird. Der Bund will im kommenden Jahr knapp 300 Milliarden Euro ausgeben und erstmals seit 1969, dem letzten Jahr der ersten Großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU), auf eine Neuverschuldung verzichten. "Das ist eine historische Leistung", heißt es in der Unterrichtung der Bundesregierung. Da die Verkehrsinvestitionen niedrig ausfallen, sucht die Koalition fieberhaft nach weiteren Finanzierungsformen. Das große Ziel: die schwarze Null Die angestrebte "schwarze Null" wird von manchen Fachpolitikern als Diktat des Finanzministers empfunden. So beklagen die Verkehrspolitiker der Koalition und der Opposition gleichermaßen, dass trotz günstiger Konjunkturlage die für dringlich gehaltene deutliche Erhöhung des Verkehrshaushalts ausbleibt. Nach der Finanzplanung des Bundes bis 2018 sollen nach 5,1 Milliarden Euro in diesem Jahr 2015 5,2 Milliarden Euro in die Fernstraßen investiert werden, 2016 dann 5,6 und 2017, im Jahr der Bundestagswahl, 6,1 Milliarden Euro. Ein Jahr später soll die Investitionslinie allerdings wieder auf 5,3 Milliarden Euro zurückfallen. Die Verkehrsinfrastrukturinitiative Pro Mobilität hält das geplante Investitionsniveau für zu niedrig. "2015 finden wir enttäuschend. Die Aufstockung in 2016 und 2017 macht Mut. Mit dem Rückfall des Straßenbaus auf 5,3 Milliarden Euro im Jahr 2018 verweigert die Koalition den Ländern und der Bauwirtschaft dann aber die Planungssicherheit, dass es sich lohnt, zusätzliche Kapazitäten für Planung und Bau aufzubauen", kritisiert Verbandsgeschäftsführer Stefan Gerwens im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. Die Selbstzufriedenheit der Koalition sei nicht zu verstehen, da der Verkehrsetat 2015 nach 2014 unter dem Investitionsdurchschnitt der vergangenen Legislaturperiode mit 5,4 Milliarden Euro bleibe. Die Koalition ist sich bewusst, dass die Verkehrsinvestitionen erheblich zu niedrig ausfallen, ungeachtet der beschlossenen zusätzlichen fünf Milliarden Euro bis 2017. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt lobt zwar unverdrossen die "leistungsfähige Mobilitätsinfrastruktur, die anhaltend gute Noten in internationalen Vergleichsstudien" erhalte. Doch hat er in den letzten Monaten verstärkt private Finanzierungsformen ins Gespräch gebracht, ungeachtet lautstark geäußerter Bedenken des Bundesrechnungshofs. "Die Beurteilung der Projekte sollte jedoch nicht nur die Kosten der konkreten Bauphase, sondern den Mehrwert dieser Beschaffungsvariante über den kompletten Lebenszyklus in den Blick nehmen", betonte der CSU-Politiker. Die Alternative zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) heiße oftmals Stau, der einen großen volkswirtschaftlichen Schaden bedeute. Versicherungen als mögliche Investoren Mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen hat Dobrindts SPD-Kabinettskollege Sigmar Gabriel jetzt weitere Modelle für eine private Finanzierung ins Gespräch gebracht. Der Bundeswirtschaftsminister räumte ein, dass der Staat mit dem Erhalt und Ausbau der deutschen Verkehrsinfrastruktur überfordert sei, die gängigen ÖPP nicht mehr ausreichten. Die immer größer werdende Investitionslücke lasse sich mit Sicherheit nicht mehr durch ein staatliches Finanzierungsprogramm schließen. Er will deshalb kapitalkräftige Versicherungen und Pensionsfonds als Investoren gewinnen. "Ich kann mir unter anderem gut vorstellen, dass wir Lebensversicherungen attraktive Angebote machen, sich an der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur zu beteiligen". Diese Konzerne suchten angesichts des niedrigen Zinsniveaus Anlagemöglichkeiten. "Für Pensionsfonds kann das ebenfalls interessant sein", fügte Gabriel hinzu. Zuvor hatte sich bereits Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für "neue Mischformen zwischen staatlichen und privaten Geldern" zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen ausgesprochen und auf Modelle in den USA verwiesen.

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