Interview: Eine Frage der Machtposition

Viele Unternehmen der verladenden Wirtschaft wünschen sich mehr Transparenz über ihre Lieferkette. Aus Sicht eines IT-Anbieters: Welche Hindernisse sind dabei zu überwinden? Rein aus IT-Sicht sind zwei wesentliche Hürden zu nehmen: Zum einen müssen die notwendigen Daten überhaupt verfügbar sein. Das heißt, es sind IT-Systeme notwendig, die die entsprechenden Daten erfassen. Dies ist bei Weitem noch nicht durchgängig gegeben. Zum anderen müssen die Daten auch ausgegeben und logisch zusammengeführt werden. Gerade Letzteres ist aufgrund häufig noch vorherrschender Informationssilos und damit nicht durchgängiger Datenflüsse eine Herausforderung. Das Streben nach Transparenz spült ungeheure Datenmengen in die Systeme. Vernichtet diese Datenflut nicht eher Transparenz, als dass sie welche schafft? Wenn man es richtig anpackt, sollte das Gegenteil der Fall sein. Das Ziel von Transparenz ist es ja beispielsweise nicht, alle Vorgänge in der Lieferkette einzeln zu prüfen. Hier hilft jede ernst zu nehmende IT-Lösung und informiert nur über die Ereignisse, die wirklichen Handlungsbedarf erfordern. Das können Verspätungen oder drohende Engpässe bei einzelnen Lieferungen sein. Genauso hilft die Transparenz in der Lieferkette auch, Optionen zur Problemlösung aufzuzeigen. Sind die Beteiligten an der Lieferkette überhaupt bereit, mehr Einblick in ihre Daten und Prozesse zu geben? Das ist die Kernfrage. Transparenz zu erhalten, vor allem wenn es um Prozesse außerhalb des eigenen Einflussbereiches geht, erfordert in aller Regel eine entsprechende Machtposition. Letztlich bedeutet eine Öffnung auch eine Angreifbarkeit, der sich Unternehmen in einem Umfeld von Service Level Agreements (Dienstgütevereinbarung) und einhergehenden Vertragsstrafen nur ungern stellen. Andererseits steht das Erreichen guter Servicelevels und hoher Kundenzufriedenheit doch für alle Unternehmen im Fokus. Ist es also wirklich ein Widerspruch? Für den Einstieg auf dem Weg zu mehr Transparenz sollte die Transparenz zunächst in der eigenen Organisation hergestellt werden. Viele mir bekannte Firmen haben dieses Vorgehen gewählt - für viele ist aber selbst das noch ein nicht erreichtes Ziel, das große Mehrwerte bieten kann.

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