Dunkle Ahnung: So wird man schwarze Schafe los

Seit Monaten verschwindet Unternehmenseigentum. Mal geht es um abgezapften Diesel, mal ist ein Schraubenschlüssel weg. Nur zwei Mitarbeiter aus dem Fuhrpark kommen als Verdächtige infrage, weil diese sich jeweils zur Tatzeit auf dem Speditionshof aufgehalten haben. Als der ältere der beiden Lkw-Fahrer im Urlaub ist, wird ein teures Batterieladegerät gestohlen. Alles deutet also auf den jüngeren Kollegen hin. Ihr Vertrauen in seine Unschuld geht gegen Null. Was können Sie tun? Laut Paragraf 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist entlassen. Das geht, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar ist. Über den Chef hergezogen, Betriebsmittel mitgehen lassen oder brisante Interna ausgeplaudert: Auch der Verdacht einer Straftat oder einer besonders schweren Pflichtverletzung kann laut dem Bundesarbeitsgericht bereits eine solche außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Oft lässt sich nämlich nicht mit letzter Sicherheit beweisen, dass ein Arbeitnehmer zum Beispiel gestohlen hat. Körperverletzung, beharrliche Arbeitsverweigerung und Spesenbetrug sind andere Beispiele. Die rechtlichen Hürden für eine Verdachtskündigung sind allerdings hoch. Der Verdacht muss dringend sein Wirksam ist sie nur dann, wenn ein dringender Verdacht besteht, dass ein Mitarbeiter massiv gegen die Regeln verstoßen hat: Aufgrund der objektiven Umstände muss eine große Wahrscheinlichkeit für ein tatsächliches grobes Fehlverhalten bestehen. Subjektive Vermutungen oder Befürchtungen des Chefs genügen dafür nicht. Zudem muss sich das vorgeworfene Fehlverhalten auf das Arbeitsverhältnis beziehen und so schwerwiegend sein, dass das Vertrauensverhältnis des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer zerstört ist. Eine fristlose Kündigung ist gemäß Paragraf 626 BGB innerhalb von zwei Wochen auszusprechen, nachdem der Arbeitgeber von den für die Entlassung maßgeblichen Tatsachen gesicherte Kenntnis hat. Mitarbeiter hat Recht auf Anhörung Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Verdachtskündigung unbedingt alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um den Sachverhalt aufzuklären. Dazu gehört, dass er Indizien nachgeht, die gegebenenfalls gegen seine Vermutung sprechen, und dies dokumentiert. Und er muss den Betroffenen anhören, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, damit er den Verdacht entkräften kann. Dies ist wichtig, damit die Kündigung nicht den Falschen trifft. Die Anhörung sollte eine Woche nach Bekanntwerden des Vorfalls erfolgen, auf den sich der Verdacht stützt. Den Tatvorwurf braucht der Chef dem Mitarbeiter vorher nicht mitzuteilen. Im Gespräch muss er ihn aber mit dem konkreten Sachverhalt konfrontieren, also die tatsächlichen Umstände genau angeben. Am besten im Beisein eines Zeugen. Eine unterlassene Anhörung macht die spätere Kündigung von vornherein unwirksam. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer eine Aussage verweigert, nicht erscheint (etwa durch Krankmeldung) oder nicht kommen kann (zum Beispiel, weil er inhaftiert ist). Gegebenenfalls ist darüber hinaus der Betriebsrat zu informieren. Während der Klärung des Sachverhalts, zu der auch die Anhörung des Mitarbeiters zählt, wird die zweiwöchige Frist zum Ausspruch der Verdachtskündigung gehemmt. Bleibt ein schwerer Verdacht gegen den Arbeitnehmer bestehen, muss das oben genannte berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eindeutig überwiegen. So sind einerseits Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters, sein Alter und die Stellung im Unternehmen zu berücksichtigen. Andererseits muss der Chef bei seiner Entscheidung abwägen, wie hoch der entstandene Schaden ist, ob es das erste Vorkommnis dieser Art ist oder ob es andere geeignete Maßnahmen als eine Kündigung gibt. Kann der Chef den Verdacht nicht selbst aufklären, kann er bis zum Abschluss eines eventuellen Strafverfahrens abwarten. Das Arbeitsgericht ist bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Verdachtskündigung übrigens nicht an die Feststellungen eines parallel zum Kündigungsschutzprozess laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahrens gebunden. Wiedereinstellung bei Klageerfolg Der betroffene Mitarbeiter kann gegen die fristlose Entlassung Klage erheben. Während es grundsätzlich für die Bedeutung der Wirksamkeit einer Kündigung auf die Umstände zum Zeitpunkt von deren Zugang beim Arbeitnehmer ankommt, gilt für die Verdachtskündigung etwas anderes: Der Verdacht kann im Laufe des Kündigungsschutzprozesses bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz verstärkt oder ausgeräumt werden. Das bedeutet: Obwohl der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den Sachverhalt sorgfältig ermittelt hatte und nach damaligem Kenntnisstand aufgrund objektiver Umstände ein dringender Verdacht gegeben war, kann die Kündigung unwirksam sein, wenn sich nachträglich, etwa durch einen Zeugen, ausreichend entlastende Anhaltspunkte ergeben. Umgekehrt kann auch der Arbeitgeber später noch Indizien, die den dringenden Tatverdacht weiter erhärten, nachschieben. Hierzu muss der Arbeitnehmer aber noch einmal angehört werden. Stellt sie sich die Verdachtskündigung als unzulässig heraus, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, in das Unternehmen zurückkehren zu dürfen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Arbeitsrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers Bundesarbeitsgericht Das sagt die Rechtsprechung Der Verdacht muss sich auf Umstände stützen können, die im Falle des tatsächlichen Vorliegens dieses Fehlverhaltens geeignet wären, eine außerordentliche Kündigung im Sinne von Paragraf 626 BGB zu rechtfertigen.Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.08.1999, Aktenzeichen: 2 AZR 923/89kk Tipp Das sollten Sie vor einer Verdachtskündigung tun - Die umfassende Aufklärung des Vorfalls, sowohl zulasten des Mitarbeiters als auch zu seinen Gunsten, dokumentieren- Anhörung des Mitarbeiters im Beisein von Zeugen: Mitteilung des Ermittlungsergebnisses und was für Schlüsse Sie daraus ziehen, einschließlich der Konsequenzen- Aufforderung an Mitarbeiter, seine Sicht der Dinge darzulegen kk

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