Hannover. Der Machtkampf um die Zukunft des Reise- und Schifffahrtskonzerns TUI ist auf der Hauptversammlung heute in Hannover mit unverminderter Schärfe fortgesetzt worden. Der größte Aktionär, der norwegische Reeder John Fredriksen griff durch seinen Vertrauten Tor Olav Troim die TUI-Spitze massiv an und warf ihr schlechte Unternehmensführung und Vetternwirtschaft bei der Besetzung im Aufsichtsrat vor. Troim zog vor den über 2000 Aktionären und Gästen zwar die Forderung nach zwei Sitzen in dem Kontrollgremium zurück - ein Mandat würde reichen. Das Wichtigste für die Gruppe um Fredriksen bleibe aber die Ablösung von Aufsichtsratschef Jürgen Krumnow. TUI-Chef Michael Frenzel und Krumnow wiesen die Vorwürfe zu Beginn der Sitzung zurück. „Wir sind keine Heuschrecken und Unruhestifter“ sagte Troim. „Wir wollen Werte für die Aktionäre schaffen und wir wollen Arbeitsplätze erhalten.“ Frenzel warf er vor, keinen klaren Kurs zu fahren und in den vergangenen Jahren Werte vernichtet zu haben. „Er hat das Unternehmen schwach gemacht.“ Krumnow habe jahrelang eine schlechte Leistungsbilanz des Unternehmens toleriert. Deshalb müsse er gehen, sagte Troim. An seiner Stelle solle ein anderer deutscher Unternehmensführer das Kontrollgremium leiten. Troim bekam nicht wenig Beifall. Fredriksen war aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Aktionärstreffen gekommen. Der Ausgang des Duells blieb spannend. Der zweite Großaktionär, der Russe Alexej Mordaschow, unterstützt den Kurs der TUI-Führung. Frenzel nahm in seiner Rede den Aufsichtsrat in Schutz. Dieser sei stets ein kritischer Sparingspartner gewesen. Nicht jede wichtige Entscheidung sei einvernehmlich getroffen worden. Er kritisierte wie auch Krumnow die Personaldiskussionen, die nicht im Interesse des Unternehmens sei und Kräfte binde. Der TUI-Chef Frenzel versicherte den Aktionären noch einmal eindringlich, dass er den geplanten Verkauf der Reederei-Tochter Hapag-Lloyd zügig voranbringen werde. In dem Streit um die von Fredriksen betriebene Abspaltung der Sparte und Verwendung des Erlöses unterstrich er: „Wir werden unsere Aktionäre angemessen am Erlös beteiligen.“ Die Vorbereitung für die Trennung der Schifffahrtssparte vom Konzern laufe planmäßig. Der Prozess der Abspaltung habe bereits begonnen. Der Vorstand sei überzeugt, dass die Trennung mit optimalem Ergebnis umgesetzt werden könne und am Ende des Prozesses eine gestärkte TUI AG stehe, betonte Frenzel. Die Hapag-Lloyd werde mit neuen Eigentümerstrukturen in die Zukunft entlassen und es werde Spielraum bleiben, alle Shareholder am realisierten Wert teilhaben zu lassen. Der Vorstand sehe sich in der Pflicht, den tatsächlichen Marktwert der Containerschifffahrt zu realisieren und dabei die Interessen aller zu wahren. Troim wandte sich gegen einen schnellen Verkauf. Angesichts des schwachen Finanzmarktes sei für Hapag-Lloyd im Augenblick kein fairer Preis zu erzielen. Fredriksen setze sich deshalb dafür ein, die Sparte vom TUI-Konzern abzulösen, weiterzuentwickeln und an die Börse zu bringen. Bei einem Verkauf müsse zudem die Hauptversammlung entscheiden. Fredriksen hält knapp 12 Prozent und kann damit einen außerordentliche Sitzung erreichen, wofür fünf Prozent benötigt werden. Der anhaltende Machtkampf lockte ungewöhnlich viele Aktionäre nach Hannover. Die Präsenz lag bei 71,49 Prozent der Stimmrechte. 2007 waren es noch rund 47 Prozent gewesen, in den Jahren zuvor jeweils rund um 40 Prozent. Die hohe Präsenz machte die Abstimmung zu den kritischen Anträgen, vor allem zur Abwahl von Krumnow besonders spannend. Es wäre in einem DAX-Konzern ein bisher einmaliger Vorgang. (dpa) Welche Akteure im Machtkampf bei TUI die Fäden ziehen, stellen wir Ihnen in einer Fotogalerie am Ende dieser Seite genauer vor.
TUI: Kampf um die Macht
