Deutschland fällt aus den Top 10

Jahrelang zählte der Standort Deutschland zu den wettbewerbsfähigsten der Welt. In der Rangliste der Schweizer Business School IMD, die auf einer Befragung von weltweit mehr als 5000 Managern fußt, wurde die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2014 noch auf Platz sechs geführt. 2015 rutschte Deutschland dann auf den zehnten Platz ab. 2016 fiel die Republik aus den "Top 10" heraus und findet sich auf Platz zwölf wieder. Kein Absturz. Aber ein allmählicher Niedergang. Schuld ist laut IMD-Analyse vor allem eine schlechtere Bewertung der Regierungsarbeit. Die besten Länder haben laut IMD-Direktor Arturo Bris eine Gemeinsamkeit: Ihr Fokus zielt auf eine wirtschaftsfreundliche Regierung sowie eine gute Infrastruktur. Kritik am Gesetzentwurf von Nahles Daran scheint es Deutschland zu fehlen. Die Mängel der Infrastruktur sind hinreichend bekannt. Kassiert wird gleichwohl, als wäre die Infrastruktur im Idealzustand. Auch um die Wirtschaftsfreundlichkeit der Bundes- und Landesregierungen steht es nicht zum Besten. Unter der großen Koalition wurde eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, die daran zweifeln lassen, dass die Politik noch Verständnis für die Belange der Wirtschaft hat. Die Liste der wirtschaftsfernen oder gar wirtschaftsschädigenden Projekte ist lang: zum Beispiel Mindestlohn, höhere Pflegebeiträge, Rente mit 63, Unternehmensstrafrecht, Elternzeit, Frauenquote oder Familienpflegezeit. Und jetzt der gerade vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bestimmungen für Leiharbeit und Werkverträge. So richtig glücklich sind damit nicht einmal Genossen und Gewerkschaften, die den Referentenentwurf als Minimalkonsens kritisieren. Dabei können die Arbeitnehmerfunktionäre zufrieden sein: Durch den Entwurf aus dem Hause von Andrea Nahles werden Arbeitskämpfe für die Gewerkschaften künftig noch leichter zu führen sein, denn das Gesetz wird den Einsatz von Leiharbeitnehmern als "Streikbrecher" verbieten. Leiharbeiter dürfen in Zeiten des Arbeitskampfes nur noch dann eingesetzt werden, wenn sichergestellt ist, dass sie keine Tätigkeit von Streikenden, zum Beispiel streikender Busfahrer oder Lokführer, übernehmen. Dadurch sollen, so die offizielle Begründung aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die "Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer besser bei Streiks geschützt" werden. Geschützt wird hierdurch nur die Streiktaktik der Gewerkschaften. Die Leiharbeiter bleiben ohne Job und Einsatz und die Bürger bleiben an Bushaltestelle oder Bahnhof im Regen stehen. Darüber hinaus wird mit der "Equal Pay"-Regelung festgelegt, dass Leiharbeitnehmer spätestens nach neun Monaten im selben Betrieb wie die dortige Stammbelegschaft bezahlt werden müssen. Längere Abweichungen sollen künftig nur noch möglich sein, wenn durch Branchentarifverträge sichergestellt wird, dass die Leihbelegschaft stufenweise an das Arbeitsentgelt in der Einsatzbranche herangeführt wird. Dieses gleichwertige Arbeitsentgelt muss nach spätestens 15 Monaten Einsatzdauer erreicht werden. Eine Arbeitnehmerüberlassung wird schließlich nur noch für einen Zeitraum von 18 Monaten möglich sein; nach längstens eineinhalb Jahren muss der Entleihbetrieb sie als Arbeitnehmer übernehmen. Allerdings können in einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder aufgrund eines solchen Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung abweichende Regelungen getroffen werden. Damit sind längere Überlassungshöchstzeiten bis zu einer Maximaldauer von 24 Monaten denkbar. Wer keinen Betriebsrat hat, kann von den im Gesetz eröffneten Abweichungsmöglichkeiten allerdings keinen oder einen nur sehr eingeschränkten Gebrauch davon machen. Mehr Bürokratie für die Wirtschaft Zumindest ist gegenüber dem ersten Referentenentwurf erreicht worden, dass nicht nur tarifgebundene Unternehmen Abweichungen vereinbaren können. Dies ist bereits deshalb zu begrüßen, weil die Tarifbindung von Unternehmen seit Jahren rückläufig ist. Insgesamt wird der Wirtschaft durch die geplante Neuregelung aber wieder einmal ein Stück Flexibilität genommen und ihr neue Bürokratie und Verhandlungslast aufgebürdet. Ob unter diesen Vorzeichen der Weg Deutschlands zurück unter die Top 10 der wettbewerbsfähigsten Länder führen wird, erscheint mehr als fraglich. Zumal für 2017 die Erhöhung des Mindestlohnes ansteht. Im Konzert der Konkurrenz kann es Deutschland dann so ergehen wie kürzlich im European Song Contest (ESC): Dort belegte Deutschland gerade zum zweiten Mal den letzten Platz. Leiharbeit und Werkverträge Gerade die Logistikbranche ist auf das Instrumentarium der Arbeitnehmerüberlassung angewiesen, das flexibles Handeln ermöglicht. Eine erhebliche Einschränkung oder massive Erschwerung des Einsatzes von Leiharbeitern schwächt den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb.

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