Nachhaltigkeit in der Lagerlogistik: Effiziente Prozesse

Wenn es um das Thema Nachhaltigkeit in der Lagerlogistik geht, dürften den meisten Lagerbetreibern moderne, auf Energieeffizienz bis hin zur CO2-Neutralität getrimmte Logistikimmobilien in den Sinn kommen. Tatsächlich liegen in einer guten Dämmung, Heiz-Konzepten wie Geothermie und Wärmepumpe und vor allem der ökologischen Stromerzeugung und -nutzung durch Fotovoltaik und idealerweise Batteriespeicher die Haupthebel, wenn es darum geht, den Energieverbrauch und CO2-Abdruck zu senken. Die BVL-Initiative Power of Logistics etwa arbeitet nicht nur an Leitfäden, wie die Logistikbranche den eigenen Strombedarf decken kann, sondern künftig dank PV-Anlagen, Blockheizkraftwerken und Co. auch als Versorger von nachhaltiger Energie auftreten kann. Smarte Verbrauchsmessung Aber auch Nutzer von Bestandsimmobilien haben die Möglichkeit, durch "minimal-invasive" Maßnahmen den Energieverbrauch zu senken. Dazu muss man allerdings erst einmal wissen, wo man steht. Der Schlüssel liegt im Smart Meter. Mit einem digitalen Stromzähler kann nicht nur der aktuelle Zählerstand, sondern der tatsächliche Stromverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit präzise ausgewertet werden. "Nur wenn wir mehr wissen als die reine Verbrauchsmenge, nämlich auch wie die Energie verbraucht wurde, können wir hier maximale Effekte erzielen," betont Richard Schneider, Sprecher der Initiative Power of Logistics und dort zuständig für das Pilotprojekt "Verbrauchsdatenmessung", das 2023 gemeinsam mit der Zufall Logistics Group durchgeführt wurde. Lastspitzen vermeiden In diesem Projekt wurde durch intelligente Messtechnik insbesondere beim Laden der Staplerflotte viel Einsparpotenzial identifiziert, Stichwort: Lastspitzen. Diese entstehen, wenn alle Stapler gleichzeitig am Schichtende an die Ladestation gehängt werden. Power of Logistics empfiehlt dagegen, das Aufladen um ein paar Stunden zu verschieben und zeitlich zu staffeln. So könnten Lastspitzen gekappt werden, wodurch ein deutlich niedrigerer Leistungspreis möglich wird. Dies sei schon durch den Einsatz einer simplen Zeitschaltuhr umsetzbar. Die richtige Beleuchtung In puncto Energiesparen ist zudem die Beleuchtung ein Klassiker. LED-Beleuchtung sollte wegen ihres geringeren Stromverbrauchs ohnehin Standard sein. Dennoch schlummert in puncto Beleuchtung vielerorts noch jede Menge zusätzliches Energiesparpotenzial: Warum sollte in einem Lager permanent jeder Fleck in der gleichen Intensität ausgeleuchtet werden, wenn man dank intelligenter Steuerung Licht genau dort zur Verfügung stellen kann, wann und wo es gerade gebraucht wird? Vor allem im Hochregallager, wo in den seltensten Fällen in jedem Gang gleichzeitig Stapler unterwegs sind, sind Bewegungsmelder Gold wert. Je automatisierter eine Anlage ist, desto mehr kann auf die Beleuchtung verzichtet werden. Das spiegelt sich im Extremfall im Namen von Anlagen wider: Sogenannte Dark Warehouses sind voll automatisierte Lager, in denen kaum oder gar keine Personen mehr arbeiten. Geht es um optimierte und effiziente Abläufe im Lager, wird schnell die Automatisierung ins Spiel gebracht. Sie hat viele Vorteile, angefangen vom oft platz- und ressourcensparenden Lagerlayout bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz, die bei Absatzprognosen, Personaleinsatz, der Wegeoptimierung und der vorausschauenden Wartung der Anlagentechnik helfen kann. Anforderungen sehr individuell Ob die Automatisierung von Lagerprozessen gegenüber einem vorwiegend manuellen Betrieb in puncto Nachhaltigkeit am Ende die bessere Option ist, lässt sich jedoch pauschal kaum sagen. Zu individuell sind die Anforderungen der einzelnen Logistikbetriebe. Der Frage, welchen Einfluss Faktoren wie Mitarbeitende, Energieversorgung und Automatisierungsgrad auf den Faktor Nachhaltigkeit im Lager haben, will jetzt ein neuer Arbeitskreis des Fraunhofer IIS nachgehen. Das Institut befasst sich schon seit Jahren mit dem Thema Lager-Benchmarking. Nun auch für die Nachhaltigkeitsaspekte im Lager ein Kennzahlensystem zu entwickeln, bezeichnet Nicole Lubecki-Weschke vom Bereich Supply Chain Services des Fraunhofer IIS, umso reizvoller. Drei Fragen zum IIS-Arbeitskreis Nachhaltigkeit im Lager Was steckt hinter dem neuen Arbeitskreis Nachhaltigkeit im Lager des Fraunhofer IIS? Wir beschäftigen uns bereits seit vielen Jahren mit dem Thema Lager-Benchmarking, bei dem wir die Lagerleistung anhand von Produktivität, Qualität und Kosten miteinander vergleichen können. Als zusätzlicher Block ist in den letzten Jahren die Mitarbeitermotivation hinzugekommen. Nun haben wir Nachhaltigkeit im Lager als Thema identifiziert, das viele Lagerbetreiber immer mehr umtreibt - Stichwort Berichtspflichten. Für uns ist es daher reizvoll, auch für die Nachhaltigkeitsaspekte im Lager ein Kennzahlensystem zu entwickeln. Welche Kennzahlen schweben Ihnen konkret vor? Es soll bei dem Projekt weniger um Immobilien-spezifische Faktoren wie Dachbegrünung gehen, sondern um die Prozesse im Lager. Letztendlich steht am Ende die Frage: Was ist unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit sinnvoller: ein manueller, teilautomatisierter oder automatisierter Lagerbetrieb? Welche Aspekte im Arbeitskreis genau untersucht werden, hängt natürlich ein großes Stück davon ab, was die Unternehmen, die dort sitzen werden, für sich als Schwerpunkte identifiziert haben und angehen möchten. Die Zielgruppe ist jedenfalls breit gestreut - wir wollen mit dem Projekt lagerbetreibende Unternehmen aller Art aus Industrie, Handel und Logistik-Dienstleistung ansprechen. Was haben die teilnehmenden Unternehmen konkret davon? Auch wenn die gesetzlichen Vorgaben zur Berichterstattung von Unternehmen zum Teil noch im Fluss sind, wird eine Analyse des Lagerbetriebs nach Nachhaltigkeitsgesichtspunkten bei der künftigen Berichterstattung sicher nützlich sein. Vor allem aber profitieren die Unternehmen im Arbeitskreis nicht nur von unserer wissenschaftlichen Beratungsdienstleistung, sondern auch vom kollegialen, vertraulichen Erfahrungsaustausch untereinander.