Der Optimierer

"Digitalisieren nur um der Digitalisierung willen ist nicht unser Anspruch", sagt Thomas Klein, CEO und geschäftsführender Gesellschafter des Speditions- und Logistikunternehmens Elsen mit Hauptsitz in Wittlich (siehe Kasten Seite 15). Trotzdem ist er davon überzeugt: "Die Digitalisierung verspricht enorme Kosteneinsparungen." Um diese Potenziale zu erschließen, gründete Klein bei Elsen schon vor zwei Jahren den neuen Geschäftsbereich Digital Office und Transformation. "Damit wollen wir die Digitalisierung sowohl innerhalb unserer Unternehmensgruppe als auch in Kundenprojekten verstärkt vorantreiben", erklärt Klein. Ziel sei eine signifikante Effizienzsteigerung dank Automatisierung. "Wir wollen damit Prozesse weiter verschlanken und Kosten senken", gibt er die Marschrichtung vor,. Klein war vor seinem Wechsel zu Elsen bei diversen namhaften Automobilzulieferern tätig war, etwa bei Tenneco und TRW Automotive, unter anderem als global Verantwortlicher Executive im Supply-Chain-Management und in der Logistik. "Ich komme also von der Kundenseite und bringe da viel Wissen und Erfahrung mit, unter anderem aus Materialwirtschaft, Prozesskostenarten, Sequenzierung und Supply-Chain-Management", sagt Klein. Dieses Know-how wolle er nutzen, um Elsen im wettbewerbsintensiven Transport- und Speditionsmarkt erfolgreich zu positionieren. Die Strategie der Unternehmensgruppe umreißt er so: "Wir wollen weg vom reinen Commodity-Geschäft und uns hin zum logistischen Full-Service-Dienstleister entwickeln." Wobei das Transportgeschäft mit rund 30 Millionen Euro Umsatz (2018) für Elsen ein wichtiger Baustein bleibe, betont der Geschäftsführer, wenngleich dieser Bereich nicht so stark wachse wie andere Geschäftsfelder. Unterm Strich geht Kleins Strategie aber auf. So kletterte der Umsatz der Unternehmensgruppe seit 2007 von 28 Millionen Euro auf über 103 Millionen Euro, und die Zahl der Mitarbeiter wuchs von 400 (2007) auf 1600 Mitarbeiter (2018). Alle Abläufe kommen auf den Prüfstand Und das nächste Ziel hat der Firmenchef schon im Blick: Sukzessive will er nun die gesamten Abläufe und Strukturen der Unternehmensgruppe auf den Prüfstand stellen, um Potenziale auszuloten, die sich für die Digitalisierung und Automatisierung eignen. Das erste wichtige Projekt, das Klein gemeinsam mit dem IT-Verantwortlichen Nafiou Salaou im vergangenen Jahr umgesetzt hat, war die Digitalisierung der Transportsparte. Hauptaugenmerk: die Kosten in diesem Bereich weiter zu senken. "Wir konkurrieren im Teil- und Komplettladungsgeschäft nun einmal mit sehr vielen Carriern - im In- und Ausland. Wenn wir mit deren Preisen mithalten wollen, müssen wir absolut kostenoptimiert arbeiten." Doch wirklich effizient sei die Transportsparte in der Vergangenheit nicht gewesen, räumt er selbstkritisch ein. So gab es eine deutsche Landesorganisation, die von Wittlich aus den Elsen-eigenen Fuhrpark von 50 Lkw und 60 bis 70 eigenen Fahrern disponierte. Und zum andern disponierten die beiden polnischen Elsen-Standorte Breslau und Gorzów Wielkopolski europaweit über 6500 externe Frachtführer. Das Problem: "Wir hatten eine deutsche Datenbank, die in Winsped abgebildet war, und an unseren polnischen Standorten hatten wir eine eigene autonome Datenbank." Mit anderen Worten: Jede Länderorganisation hat isoliert voneinander gearbeitet. Und beide Organisationen seien glücklich gewesen, weil sie kleine positive Zahlen generiert hätten. Doch irgendwann habe dies aufgrund des steigenden Kostendrucks eben nicht mehr genügt. "Vor einem Jahr holte ich deshalb die Geschäftsführer beider Landesorganisationen an einen Tisch, um mit ihnen die Synergien auf ihren Transport-Relationen nach Deutschland oder auch ins EU-Ausland auszuloten", erzählt Klein. Was ihn erstaunt hat: Keiner der beiden Geschäftsführer hatte solche Synergien bislang ernsthaft geprüft, weil dies IT-technisch bislang schlichtweg nicht möglich war. "Mit der Folge, dass sich die Empfängergebiete und Abholstellen unserer beiden Länderorganisationen früher zuweilen überlappten und fallweise unnötige Transporte durchgeführt wurden", sagt er. Erschreckt habe ihn da vor allem ein Beispiel: "Unsere polnische Organisation hatte einen deutschen Papierkunden mit Sitz in Polen, der regelmäßig Frei-Werk-Transporte in unsere Region Wittlich hatte, und setzte dafür ihre polnischen Frachter ein, während die Landesorganisation in Wittlich in diesem Großraum hochfrequent in den süddeutschen Raum, nach Berlin und Richtung Polen verteilte", erzählt er. "Wir haben also für teures Geld die Niedrigkosten-Frachter in ein Quellgebiet gebracht, ohne dass die deutsche Landesorganisation davon wusste. Und diese wiederum hat teures Geld für deutsche Frachter ausgegeben, während die One-Way-Partner aus Polen schlimmstenfalls sogar leer zurück nach Polen fuhren. Da war der gesamte Prozess falsch", schimpft Klein. "Das war pure Verschwendung." Die Lösung lag für ihn auf der Hand: Die Datenbanken beider Transportorganisationen in Deutschland und Polen mussten in einer zentralen Auftragsdatenbank zusammengeführt werden. Nur so konnte Elsen für die Disponenten beider Landesorganisationen eine gemeinsame Grundlage schaffen, damit sie darüber entscheiden konnten, welcher Frachtführer mit welchem Fahrzeug welche Aufträge oder auch Rückladungen übernehmen sollte. "Die entscheidende Frage war nur, wie verbindet man diese, und wie macht man die Daten ,sprechend'", erklärt er die zentralen Herausforderungen. Die Daten-Heterogenität war sehr groß. "Wir mussten die Daten also zunächst homogenisieren, damit sie in einem System miteinander kommunizieren können. Denn unser Ziel war es, unserem jeweiligen Transportpartner dadurch die Ressource Lkw im jeweiligen Zielgebiet sichtbar zu machen, damit er zum Beispiel eine Anschlusstour bekam." Sprich: Der Einsatz der Frachtführer, die Auslastung der Fahrzeuge und der Touren sollten so optimiert werden, dass unnötige Verkehre der Vergangenheit angehörten. Und dafür entwickelte das Team um IT-Leiter Salaou eine eigene Lösung, die Elsen seit 2019 einsetzt. Das Unternehmen nutzt die Lösung Microsoft Power BI für multirelationale Datenbanken, die laut Klein vor allem folgende Vorteile hat: Alle Geschäftsführer und Transport-Verantwortlichen haben nun in Echtzeit Einblick darüber, wie sich bestimmte Relationen, Touren, Erlöse und Erträge entwickeln. Außerdem erhält jeder Disponent - egal in welcher Landesorganisation er tätig ist - Einblick in jede Relation, in seine Touren und seine erzielten Margen - ebenfalls in Echtzeit, sobald ein Kunde einen Auftrag über das Speditionsprogramm Winsped erteilt hat. Wichtige Erkenntnis für Klein: Allein die Bereitstellung von Daten macht nicht den Erfolg. "Entscheidend ist, dass die Disponenten die Daten, die ihnen die Datenbank zur Verfügung stellt, auch richtig bewerten können und so die richtigen Entscheidungen treffen können. Nur dann können sie Touren wirklich optimieren", erklärt er. "Da mussten wir unsere polnischen Kollegen fallweise nachqualifizieren. Denn in Polen gibt es keine Ausbildung zum Speditionskaufmann wie in Deutschland." Ein kleines Stück Schocktherapie Unterm Strich aber sind Klein und sein IT-Kollege Salaou über die neue Lösung sehr zufrieden: "Wir erhöhen damit signifikant unsere Margen. Wir haben teilweise unsere Deckungsbeiträge deutlich steigern können", freut er sich. Entsprechend hat er in Polen in diesem Jahr die Zielmarge im Charterbereich nach oben gesetzt: "14 bis 15 Prozent Zielmarge müssen realisiert werden", ist er sich sicher. Und wie hat er die Geschäftsverantwortlichen und Disponenten für die neue Lösung begeistert? "Über Verständnis, aber auch ein gutes Stück Schocktherapie", räumt Klein im Rückblick ein. "Unsere Transportsparte musste diesen Paradigmenwechsel aber gehen. Sonst hätten wir nie die Einsparpotenziale erzielen können, um unsere Position im Transportmarkt zu halten." Und eines ist für ihn auch klar: Die Potenziale, die die Digitalisierung bietet, sind längst nicht ausgereizt. So entwickle Elsen aktuell, verrät Klein, für spezifische Nischenkunden und Frachtführer sogenannte "Elsen-Suite-Apps", also kundenspezifische Anwendungen außerhalb der Kunden-ERP-Landschaften. Eine digitale Plattform analog der Drive4Schenker-Lösung wird es bei Elsen aber wohl nie geben. Auch dazu hat der Geschäftsführer eine dezidierte Meinung. "Dafür fehlt uns schlichtweg die kritische Masse", betont er, "um Frachtführer auf unsere Plattform zu locken." Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Elsen hat im vergangenen Jahr die Transportsparte digitalisiert. Erklärtes Ziel: Die Kosten sollen runter. Dank einer zentralen Auftragsdatenbank vermeidet das Unternehmen jetzt unnötige Transporte und freut sich über höhere Margen. Die Unternehmensgruppe Elsen in Zahlen Die Elsen Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Wittlich ist ein Speditions- und Logistikunternehmen, das in diesem Jahr sein 150-jähriges Jubiläum feiert. Im Jahr 2018 hat Elsen insgesamt 103 Millionen Euro Umsatz (+ 9 Prozent) erwirtschaftet. Dazu beigetragen hat insbesondere das starke Wachstum der Sparte Logistics Operations.Die wichtigsten Kundenbranchen, in denen Elsen tätig ist, sind die Automobilbranche, der Handel und die Elektroindustrie. Elsen beschäftigt insgesamt rund 1600 Mitarbeiter. In Deutschland ist das Unternehmen an rund 30 Standorten wie Koblenz, Nürnberg und Schwäbisch Hall tätig. Zu den Niederlassungen im europäischen Ausland zählen die Standorte in Luxemburg und Polen. eh

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Der Optimierer

HASHTAG

#Unternehmensführung

Was Nachwuchsspediteure bewegt

Jährliche Unterweisung – eine Unternehmerpflicht

VR Background zur Unternehmensnachfolge

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Area HR Business Partner

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

WEITERLESEN

NEWSLETTER