Der Heißsporn aus Japan

Als könne er es kaum erwarten, die Palette auf die Gabel zu nehmen, stürmt Toyotas Traigo 80 beim ersten Antippen des Gaspedals los. Fast ein wenig zu forsch geht er im Slow-Modus zu Werke und gibt sich so beim Aufnehmen der Last im VerkehrsRundschau-Test als hitzköpfiger Mitspieler. Für seinen Job kann der Fahrer zwischen drei Betriebsmodi wählen. Über die Stufen "S" (Slow), "P"(Power) und "H" für High-Power lässt sich das Leistungspotential einstellen. Wir absolvieren den Test-Parcours mit der 2,5-Tonnen-Version des Traigo 80 sowohl in "S" als auch im "H"-Modus. In der Praxis erweist sich jedoch die Standardkonfiguration des S-Modus als nicht zufriedenstellend. Zu abrupt wirkt die Bremse und zu unsensibel reagiert der 80-Volt-Elektro-Stapler beim langsamen Herantasten an die Last. Ein Toyota-Techniker musste ran, die Abstimmung feinjustieren und anschließend eine Fehlermeldung der Elektronik beseitigen. Sportlicher High-Performance-Modus Erwartungsgemäß fallen im langsamen Energiesparmodus (S) die Umschlagleistung, aber eben auch der Energieverbrauch, eher niedrig aus. Für den Umschlag von 64 Paletten stoppen wir 43 Minuten und messen einen Energieverbrauch von 3,9 Kilowattstunden. Mehr Fahrspaß bereitete der High-Power-Modus. Jetzt zeigt der Heißsporn sein wahres Gesicht und schafft die 64 Paletten gut acht Minuten schneller (siehe Leistungscheck). Ohne Last messen wir mit der Laserpistole eine Höchstgeschwindigkeit von 18,8 Kilometer pro Stunde. Unser Fahrer bewegt den Stapler am Limit. Die Performance kann man riechen, denn die Conti-SE-Reifen des vierrädrigen Testgeräts hinterlassen ordentlich Gummi in den engen Kurven unseres Parcours. Dank SAS bleibt das Fahrzeug aber in der Spur. SAS steht für: "System für Aktive Stabilität" und soll über elektronische Helfer die Fahrsicherheit des Staplers verbessern. Als nicht optimale Lösung für unsere Testroutine - das Be- und Entladen eines Sattelaufliegers - erweist sich das zweistufige Hubgerüst mit Freihubzylinder, mit dem der Test-Stapler ausgestattet ist. Konstruktionsbedingt senkt der Freihubzylinder die Gabel langsamer als ein herkömmliches Hubgerüst. Dafür ist das Gerät im Container einsetzbar, hier spielt die Konstruktion ihren Höhenvorteil aus. Die stoßfreie Absenkung der Gabeln schont Hubgerüst und Ladung. Für anspruchsvolle Anwendungen, bei denen oft mit angehobener Last rangiert wird, gibt es eine automatische Beschleunigungs- und Geschwindigkeitskontrolle. Die Anzeigen des Lastgewichtes und der Hubgerüstneigung sind weitere Sicherheitsfeatures. Punkten kann der Traigo aber auch mit der Nivellierung des Hubmastes auf Knopfdruck. Die Traigo-Fronstapler laufen seit Sommer 2013 im italienischen Bologna vom Band. Die Baureihe umfasst insgesamt sechs Modelle mit Tragkraftklassen von 2,0 bis 3,5 -Tonnen, darunter zwei Kompaktversionen. Unser Testgerät trägt die Modellbezeichnung 8FBMT25. Viel Stahl verbaut Beim Blick in das Typenblatt fällt auf, dass die Entwickler dem neuen Traigo leistungsstärkere Fahr- und Hubmotoren verpasst haben, die, im Vergleich zum Vorgänger, energieeffizienter arbeiten. Das trifft auch auf die Hydraulikpumpe zu, sodass die Entwickler auf eine separate Servopumpe für die Lenkung ganz verzichtet haben. Auch die Steuerungstechnik wurde neu entwickelt. Boden gut gemacht hat Toyota zudem in Sachen Parkbremse. Laut den Datenblättern offeriert Toyota spezielle Ausstattungsvarianten (Plus Pakete), mit denen sich das Gerät auf die jeweiligen Einsatzanforderungen abstimmen lässt. Optisch reiht sich der rotschwarze Traigo 80 perfekt in die Produktfamilie des weltweit größten Flurförderzeuge-Herstellers ein. Sein funktionales Design sowie Komfort und Qualität treffen den Geschmack unserer Testfahrer. Das Chassis, komplett aus Stahl, weist keine störenden Ecken und Kanten auf, zeigt saubere Schweißnähte und exakte Spaltmaße. Ergonomischer Arbeitsplatz Der Traigo 80 gehört zur raren Spezies von Gabelstaplern, die den Auf- und Abstieg von beiden Seiten zulassen. Die Trittstufen sind auf einer Höhe von 53 Zentimetern in den Fahrzeugrahmen eingearbeitet und von oben gut einsehbar. Eine Gitterplatte aus Metall sorgt für Rutschsicherheit. Aufgrund ihrer ansteigenden Form verursacht sie aber einen schiefen Auftritt und so einen abgeknickten Fuß. Festhalten kann sich der Fahrer beim Auf- und Absteigen von links an einem großzügig bemessenen Haltegriff an der A-Säule. Der ist zwar solide aus Metall gefertigt, fasst sich aber, verglichen mit einem Kunststoffgriff, in der kalten Jahreszeit unangenehm kühl an. Leider vermissen wir diesen Haltegriff an der rechten A-Säule, für den Fall, dass der Fahrer auch mal dort absteigen möchte. Positiv ist der rückwärtige Haltegriff mit integrierter Hupe. Hier kann sich der Fahrer beim Rückwärtsfahren, in Kombination mit einem um 17,5 Grad nach rechts verstellbaren Drehsitz, festhalten und schont so seine Wirbelsäule. Eine strukturierte und dämmende Gummimatte bedeckt den Fußraum. Das darunter liegende Bodenblech lässt sich für Wartungsarbeiten ohne Werkzeug entfernen. Serienmäßig ist unser Testfahrzeug mit automobilkonformer Pedalanordnung ausgestattet. Andere Pedale sind optional erhältlich. Die Fußfreiheit ist akzeptabel. Der Fahrer nimmt Platz auf einem komfortablen Grammer-Sitz mit Stoffbezug (Option). Der Sitz ist auf das Körpergewicht des Fahrers einstellbar und lässt sich ausreichend vor- und zurückstellen. Ein Sitzschalter sorgt dafür, dass sich der Stapler nur bewegen lässt, wenn der Fahrer Platz genommen hat. Die Lenksäule lässt genügend Beinfreiheit und hat eine Memoryfunktion: Sie merkt sich die einmal eingestellte Position. Danach heißt es nach dem Einsteigen: Heranziehen, Einrasten, fertig. Zusammen mit dem kleinen Lenkrad (300 Millimeter) lässt sich eine gute Fahrposition einstellen. Neu: Elektrische Parkbremse Zwei Lenkradumdrehungen genügen für den maximalen Einschlag. Die SAS-Lenksynchronisation stimmt dabei die Position des Lenkrades mit den Rädern ab und garantiert, dass sich der Lenkradknauf immer in der gleichen Position zu den Rädern befindet. Bei Geradeaus-Fahrt ist das die ergonomische 8-Uhr-Position. Mit den 1,20 Meter Lastgabeln zeichnet der Traigo einen Kreidekreis von 3,97 Meter Durchmesser. Das Heck verlässt den Kreis um 24 Zentimeter. Da arbeiten andere Stapler exakter. Den Gesamtwendekreis haben wir mit 4,45 Metern gemessen. Ein Schaltknauf für die elektrische Parkbremse ersetzt die herkömmliche, mechanische Handbremse am Cockpit. Damit schließen die Japaner auf das Niveau der europäischen Premium-Marken auf. Auch beim Rampenhalt hat Toyota nachgelegt. Im Praxistest überzeugt uns die automatische Bremsfunktion jedoch nicht zu 100 Prozent. Im Test nimmt der Fahrer an einer Steigung spontan beide Füße von den Pedalen: Der Stapler kommt zum Stillstand und beginnt sich kurz rückwärts zu bewegen. Ruckartig greift die Bremse ein und hält das Fahrzeug fest. Das Anfahren am Berg erfolgt allerdings problemlos. Im Standard sind die Traigo-80-Modelle mit wartungsarmen Ölbadlammellenbremsen ausgestattet. Hub- und Fahrtrichtungsschalter sind in einer mitschwingenden Armlehne integriert. Die standardmäßigen Minihebel unterstützen die schnelle und präzise Handhabung des Staplers und der Last. Die Armlehne ist großzügig bemessen und lässt sich einfach in die richtige Position bringen. Wenig Platz für das tägliche Allerlei Im Cockpit rechts ist ein Multifunktionsdisplay untergebracht. Das Anzeigeinstrument ist gut lesbar, wenn auch nicht ganz blendfrei. Am Display können auch Leistungsparameter und Diagnosefunktionen abgerufen werden. Mit praxisgerechten Ablagemöglichkeiten für Fahrerutensilien hat Toyota zu sehr gegeizt. Es gibt im Cockpit einen Cupholder, der auch 1,5 Liter PET-Getränkeflaschen aufnimmt, und ein kleines Ablagefach. Eine Klemmvorrichtung für Ladepapiere ist unterhalb der Armlehne vorhanden - das war es aber auch schon. Es gibt drei Optionen für den Batteriewechsel. Die Seitentür wird dazu - ohne Werkzeug - einfach ausgehängt. Bei der Variante am Testgerät zieht ein Hubwagen mit Magnet die Batterie heraus. Eine aufwendige Lösung, andere Hersteller bieten hierfür einfachere Adapter für Hubwagen. Fazit: Der Traigo 80 erweist sich im Test als effizienter Palettenschieber beim Beund Entladen von LKW - so er mit dem Standardhubgerüst geordert und ordentlich parametriert wird. Er punktet durch die Kombination aus robuster Verarbeitung, einfacher Bedienung, Ergonomie und Fahrstabilität. Im "H"-Modus versprüht der Japaner aus Bologna sein italienisches Temperament, das von diversen Sicherheitsfeatures (SAS) gezügelt wird. Um enge Kurven lässt sich das Fahrzeug sicher und flink lenken. Der kräftige Hubmotor ermöglicht eine gute Hubgeschwindigkeit. Die Senkgeschwindigkeit überzeugt uns beim Freihubmast allerdings nicht. Er bremst die Gesamtperformance des Fahrzeugs aus. Auf unebenen Fahrwegen werden Vibrationen und Schwingungen gut absorbiert. Im einfach gehaltenen Cockpit findet sich der Fahrer schnell zurecht, die Pedalanordnung ist automobilkonform und alle Funktionen sind leicht zu bedienen. Das Gesamtpaket Traigo 80 ist ein schnörkelloses Arbeitsgerät. Mehr Informationen zu den Gabelstaplertests im Internet unter www.verkehrsrundschau.de/staplertest Das Testfahrzeug Toyota Traigo 80 Der vierrädrige Elektro-Gegengewichtsstapler hat eine Tragfähigkeit von 2,5 Tonnen bei einem Lastschwerpunkt von 500 Millimetern. Er wird aus einer 80 Volt-Batterie mit einer Kapazität von 700 Amperestunden gespeist. Ausgestattet ist das Fahrzeug mit einem Zwei-Stufen-Hubmast mit Freihub-Zylinder und Superelastik-Reifen. Der Leistungscheck Be- und Entladung eines Sattelaufliegers mit 32 Europaletten*Benötigte Zeit: 34,52 Min.Verbrauchte Energie: 4,41 kWhEuro Energiekosten:** 0,50 Euroin einer StundeUmschlagleistung: 110 PalettenVerbrauchte Energie: 7,59 kWhEnergiekosten: 0,86 Euroin einer 8-Stunden-SchichtUmschlagleistung: 880 PalettenEnergieverbrauch: 60,72 kWhEnergiekosten: 6,92 EuroVDI-ZyklusEnergieverbrauch: k.A.

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