Der Endkunde im Visier

Auf seinen Auftritt waren alle gespannt: Erstmals präsentierte sich Terry von Bibra, Manager Europe des chinesischen E-Commerce-Riesen Alibaba in Deutschland. Anlass war der ECR-Tag 2017 von Konsumgüterindustrie und -handel, den GS1 Germany in diesem Jahr in München veranstaltet hat. ECR steht für Efficient Consumer Response.Wer gehofft hatte, dass der Amazon-Rivale zu Plänen in Europa oder seiner künftigen Logistikstrategie Stellung beziehen würde, wurde indes enttäuscht. Denn Fragen im Anschluss an Bibras Vortrag waren nicht zugelassen; im Übrigen auch nicht nach Florian Baumgartner, Director Amazon Fresh Deutschland. Die Zahlen von Alibaba, das in vielfältigen Geschäftsfeldern unterwegs ist, sprechen hingegen eine deutliche Sprache. Sie zeigen, welche Größe, welche rasante Entwicklung das Unternehmen seit seiner Gründung 1999 erreicht hat: So erwirtschaftete der Anbieter im Geschäftsjahr 2017 umgerechnet 20,2 Milliarden Euro Umsatz. Allein im ersten Quartal 2017 legte der Alibaba-Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 58 Prozent zu. Rund 423 Millionen aktive chinesische Kunden zählt das Unternehmen auf dem Marktplatz Alibaba. Und um weiter zu wachsen, rührte von Bibra die Werbetrommel für Alibaba. Der Europachef wörtlich: "Alle Hersteller und Marken, auch die deutschen, müssen lernen, ganz neue Wege zu gehen, um in China erfolgreich zu sein, etwa im Marketing." Denn die chinesischen Kunden seien anders. Sie wollen nicht nur die Ware, sondern auch die dazugehörige Geschichte. Die gute Nachricht: Chinesen lieben europäische Produkte, umwarb von Bibra die Konsumgüterbranche auf dem ECR-Tag. Alibabas Logistiknetz-Ambitionen Was von Bibra in München nicht sagte, der Mutterkonzern einige Tage später aber offiziell verkündete: Alibaba investiert umgerechnet 15 Milliarden US-Dollar in den Ausbau seiner Logistikinfrastruktur: Dafür werde das Unternehmen auch Firmen in China und im Ausland übernehmen, heißt es. Außerdem erhöht das Unternehmen für 5,2 Milliarden RMB (umgerechnet 807 Millionen US-Dollar) seinen Anteil am chinesischen Lieferdienst Cainiao Smart Logistics Network von 47 auf 51 Prozent. Ziel sei es, wird Alibaba-CEO Daniel Zhang im Manager Magazin zitiert, den "Online- und Offline-Einzelhandel zu einem nahtlosen Erlebnis für die Kunden zu machen". Um dies zu erreichen, werde das Unternehmen die Zusammenarbeit mit verschiedenen Logistikpartnern weiter vertiefen. Ziel sei es, sowohl in China als auch weltweit das effizienteste Logistiknetz zu schaffen. Auf dem ECR-Tag selbst hielt sich von Bibra zu diesen Plänen bedeckt. Baumgartner von Amazon Fresh zeigte sich in München zwar locker und bestens gelaunt. Doch auch er nannte wenig neue Details: So erfuhren die Teilnehmer weder Zahlen, wie sich das neue Geschäftsfeld hierzulande umsatz- und mengenmäßig entwickelt. Wobei Brancheninsider hinter vorgehaltener Hand behaupten, dass sich Amazon Fresh deutlich schlechter als erwartet entwickle. Baumgartner nannte aber keine Zahlen. Auch der Starttermin von Amazon Fresh in München bleibt noch ein Geheimnis. Hersteller stellen sich auf Trends ein Fest steht: Die Internet-Größen zeigten sich in München vom Erfolg ihrer "neuen" Geschäftsmodelle überzeugt. Der ECR-Tag zeigte aber auch: Die traditionellen Player in der Konsumgüterbranche haben mittlerweile die Zeichen der Zeit erkannt. Das zeigten die Ausführungen von Wasch- und Reinigungsmittel-Hersteller Henkel, Großund Einzelhändler Metro (vormals Metro Cash & Carry) und der Fachhandelskooperation Expert für Unterhaltungselektronik und Informationstechnologie. Sie haben den Endkunden nicht nur im Blick, sondern erreichen ihn auch dank der neuen Möglichkeiten durch die Digitalisierung. Das ist die zusammengefasste gemeinsame Botschaft ihrer Vorträge. Ganz im Sinne des Schweizer Trendforschers und Geschäftsführers David Bosshart, der in München betonte: "Ohne radikale Fokussierung auf die Bedürfnisse des Kunden wird es zukünftig schwierig, im Handel zu bestehen." Nicht absehbar ist aber, ob und wie stark sich dieser neue direkte Endkunden-Fokus der Konsumgüterhersteller auf die Zusammenarbeit mit Handels- sowie Transport- und Speditionsbetriebe auswirkt. Dafür sind etliche Projekte noch zu neu. Sicher ist nur, dass der Vertrieb der Produkte über alle Kanäle - Stichwort Omnichannel - in der Konsumgüterbranche in den kommenden Jahren deutlich an Fahrt gewinnen wird. Für Logistiker, die Lieferketten und Transporteure brechen also spannende Zeiten an. Denn künftig reicht es nicht mehr, Endkunden nur stationär und über den Onlineshop zu bedienen, sondern auch über soziale Kanäle wie Instagram. Kurz gesagt: das Thema "B2C", die Auslieferung an Endkunden, wird nochmals wichtiger - übrigens auch für schwerere Stückgüter. "Wir müssen alle etwas mehr Gas geben", appellierte denn auch Jörg Pretzel, Geschäftsführer von GS1 Germany, gleich zum Auftakt des Kongresses an die Unternehmen. Er selbst will es dagegen ruhiger angehen lassen. Der langjährige GS1-Germany-Chef geht zum Jahresende in den Ruhestand. Auf seinen Nachfolger Handels-IT-Experte Thomas Fell warten, das zeigte der Kongress, spannende Aufgaben. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "E-Commerce" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Auszeichnung Das sind die Gewinner des ECR-Awards 2017 Metro Deutschland, Henkel Laundry & Home Care, Rewe, Mondelez International, Hoffrogge, Lidl und Olaf Koch, Vorstandsvorsitzender der Metro AG, sind die Preisträger des ECR-Awards 2017 der GS1 Germany.In der Kategorie "Unternehmenskooperation Supply Side" überzeugten Metro Deutschland und Henkel Laundry & Home Care durch die neue Strukturierung ihrer gemeinsamen Prozesse, die zu einer besseren Warenverfügbarkeit und mehr Umsatz führte. Rewe, Mondelez International und Hoffrogge entwickelten gemeinsam Abverkaufsprognosen, um die Bestellplanung für das Weihnachtsgeschäft zu optimieren. Dafür wurden die Partner in der Kategorie "Unternehmenskooperation Demand Side" ausgezeichnet. Für sein Engagement im Bereich "Efficient Consumer Response (ECR) erhielt Lidl dagegen den ECR-Award in der Kategorie "Einzelunternehmen". Die Auszeichnung "Unternehmenspersönlichkeit 2017" bekam in diesem Jahr Metro-Chef Olaf Koch. eh

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