Lagerkonzepte für die City-Logistik

Waren im Wert von 52,74 Milliarden Euro orderten die deutschen Verbraucher nach Angaben des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel im vergangenen Jahr online, das entspricht einem Plus von 12,5 Prozent gegenüber 2015. Auch 2017 stehen die Zeichen im Onlinehandel weiter auf Wachstum: Um elf Prozent legte der Umsatz im ersten Halbjahr zu. Mit dem E-Commerce-Wachstum steigt die Nachfrage nach entsprechenden Logistikkapazitäten - Lieferversprechen wie Same-Day-Delivery stellen vor allem die City-Logistik vor Herausforderungen. Daraus zu folgern, dass die E-Commerce-Logistik nun geballt in die Stadt und ihre Randlagen drängt, ist aber nur zum Teil richtig. "Bei allem E-Commerce-Boom dürfen wir nicht vergessen, dass die Waren auch erst mal an die Umschlagpunkte in den Metropolen gebracht werden müssen. Die logistische Kette beginnt ja viel früher und wird die klassischen Lager nach wie vor benötigen", betont denn auch Fred-Markus Bohne, Managing Partner von Panattoni Europe. Demnach werde es auch weiterhin die großen Lagerimmobilien in der Mitte Deutschlands und in den Randzonen der Hotspots geben. "Hinzu kommen aber verstärkt kleinere Einheiten, die vor allem als Umschlagzentren für die Ballungsraumversorgung fungieren", so Bohne. Sie liegen in der Regel verkehrstechnisch günstig in der Peripherie der großen Zentren. "Und schließlich sehen wir eine steigende Nachfrage nach innerstädtischen Stützpunkten für die Kurier-, Express- und Paket-Dienstleister, die Multi-Channel-Händler sowie die serviceorientierten Unternehmen", sagt Bohne. Keine Patentlösung für die letzte Meile Der Bedarf nach citynahen Lagerstandorten ist offensichtlich enorm: Mittelfristig sei eine Nachfrage von 100 innenstadtnahen Logistik-Immobilien in den 15 Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern zu erwarten, so eine Prognose aus der Studie "Zukunft der Logistik-Immobilien und Standorte aus Nutzersicht" der Initiative Logistik-Immobilien (Logix). Hinzu kämen 150 bis 200 neue Paketzentren/-depots zur Bedienung der 80 Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Hinsichtlich der Zustellzentralen für die letzte Meile am Stadtrand oder in der Innenstadt gebe es jedoch momentan keine Patentlösung, räumt Christof Prange, Head of Business Development bei Goodman Germany, ein. "Lage und Typ der Immobilie richten sich nach den örtlichen Gegebenheiten und dem Nutzer. Wir haben vier Arten von Benutzern für diesen Gebäudetyp identifiziert: große Einzelhändler, Paketzustellunternehmen, Betreiber von City-Logistik-Standorten und zu guter Letzt Kunden, die die Immobilie kurzfristig und flexibel nutzen und mit anderen Anbietern teilen." Flexibilität ist in diesen bewegten Zeiten denn auch Trumpf: "Der Mieter, der für zehn Jahre mietet, macht in der Halle nicht zehn Jahre das gleiche Geschäft, sondern mittlerweile alle zwei Jahre ganz was anderes. Deshalb bauen wir einen möglichst generischen Entwurf, der einfach und flexibel ist", sagt Panattoni-Mann Bohne. Entwickler Four Parx setzt auf kleinteilige Flächen mit standardisierter Ausstattung in städtischer oder Stadtrandlage, das Konzept nennt sich Urban4. "Hier bieten wir zum einen kurzfristige Vertragslaufzeiten, zum anderen flexible Erweiterungs- und Anpassungsmöglichkeiten. Dieses Konzept ist ideal sowohl für die KEP-Branche als auch für Start-ups oder Handwerksbetriebe", erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Francisco Bähr. "Wir sprechen derzeit mit Städten über 100.000 Einwohnern über die Verfügbarkeit von Flächen und stellen fest, dass auch die Kommunen den Bedarf für diese Art der Nahversorgungs-Stützpunkte erkannt haben. Das ist sehr erfreulich." Dass Politik und Verwaltung Rahmenbedingungen schaffen müssen, die den Entwicklern erlauben, die hohe Nachfrage zu befriedigen, wünscht sich auch Bohne. "Flächen müssen bereitgestellt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden." Im Bereich der City-Logistik denke Panattoni intensiv über energetisch nachhaltige, platzsparende und auch mehrstöckige Anlagen nach. "Zwar nicht mit 20 Stockwerken wie heute bereits in den Metropolen Asiens, aber auch bei uns gibt es erste Projekte dieser Art", so Bohne. Hoch hinaus Auch für Four Parx sind Multilevel-Objekte eine Option. "Wir führen bereits Gespräche mit Städten und haben erste Projekte unseres Urban Multilevel-Konzepts in Vorbereitung", erklärt Bähr. Er geht davon aus, dass es hierzulande aber jeweils höchstens ein bis zwei mehrstöckige Logistikgebäude in einigen wenigen Großstädten geben werde. Dass Multilevel-Objekte erst einmal die Ausnahme bleiben werden, glaubt auch Goodman-Manager Prange. "Diese werden unserer Einschätzung nach erst einmal nur in bestimmten deutschen Großstädten, etwa München oder Stuttgart, entstehen", sagt er und verweist auf die besondere topografische Situation und die hohen Grundstückspreise dieser Städte. Ein bewährtes Mittel, dem Flächenmangel in Ballungsräumen zu begegnen, sind nicht zuletzt die Umnutzung oder Revitalisierung von Bestandsflächen oder Industriebrachen. "Ohne Brownfields zu nutzen, wird der Flächenbedarf überhaupt nicht zu decken sein. Im Zusammenwirken zwischen Eigentümer, Stadt und Behörden sowie Entwicklern und Nutzern entstehen hier oft neue Lösungen mit Vorteilen für alle Beteiligte", sagt Bähr. Four Parx entwickelt beispielsweise gerade in Groß-Gerau ein ehemaliges Produktionsgelände mit einer Nutzfläche von 116.400 Quadratmetern. Auch Goodman verfügt über viel Erfahrung in diesem Bereich: Über 50 Prozent der neuen Entwicklungen in Deutschland entfallen auf Konversionsflächen oder Brownfields. "Das ist jedoch ein komplexes Feld und erfordert hohe Expertise, Risiken einschätzen und beurteilen zu können", betont Prange. Die Mühe lohnt sich: "Brownfields liegen oft in den besten Lagen, es wäre auch volkswirtschaftlich und unter Umweltgesichtspunkten fatal, sie nicht bevorzugt zu nutzen", resümiert Panattoni-Partner Bohne. Mehr zum Thema im Dossier Logistik-Immobilien www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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