Das Ziel vor Augen

Wenn die Erträge in Transport-, Speditions- und Logistikbetrieben sinken, verweisen Firmenchefs meist auf die schwierige Marktlage, zum Beispiel auf den verschärften Preis- und Wettbewerbsdruck", weiß Klaus van Marwyk, Partner der Unternehmensberatung Roland Berger, der sich auf die Logistikbranche spezialisiert hat (siehe Interview Seite 20). Das sei auch durchaus richtig, sagt er. Allerdings gebe es viele interne Ansatzpunkte, an denen Speditionen ansetzen könnten, um die Profitabilität ihres Betriebs weiter zu optimieren. Welche kurz- und mittelfristigen Maßnahmen hier helfen können, zeigte der erste Teil der Serie "Erträge steigern - aber wie?" (VR 17/2016). "Zusätzlich sollten Firmen strategische Maßnahmen umsetzen", empfiehlt Unternehmensberater van Marwyk, "auch wenn sich diese schwerer umsetzen lassen, weil dafür bestehende Strukturen und Verhaltensweisen in den Betrieben oft grundlegend verändert werden müssen". Schonungslose Analyse Wer also den Renditekillern in seinem Unternehmen an den Kragen will, muss im ersten Schritt - im Idealfall mit externer Unterstützung - die Ausgangssituation in seinem Unternehmen "schonungslos analysieren, aber auch mit viel Fingerspitzengefühl und Sachlichkeit" (van Marwyk). Allerdings sei eine Situationsanalyse ein schwieriger Prozess, weil gerade dafür die Schwächen und Fehler der Vergangenheit offengelegt werden müssen. Wesentlichen Einfluss auf die Ertragssituation hat naturgemäß das Geschäftsfeld, in dem das Unternehmen tätig ist. So ist im Stückgut- und Komplettladungsgeschäft die Profitabilität aufgrund der Wettbewerbsintensität typischerweise gering, nennt der Unternehmensberater Beispiele, während Logistikdienstleister in einigen Spezialgeschäften wie in der Pharmalogistik immer noch gute Margen verdienen könnten. Wobei hier die Anforderungen an Equipment, Mitarbeiter und operative Prozesse deutlich höher seien. "Erst wenn ein Unternehmen weiß, wo es aktuell steht, kann es - mit oder ohne externe Unterstützung - ein ganzheitliches Zukunftskonzept erstellen, das systematisch alle wesentlichen Themen abarbeitet", führt der Berater aus. Und natürlich müsse dieses Zukunftskonzept alle Unternehmensbereiche abdecken: Strategie, Organisation, Vertrieb, die operative Leistungserbringung (Transport, Spedition, Lager- und Kontraktlogistik) sowie die Administration (siehe Kasten Seite 21). Klarer Fokus auf die Stärken "Bei der Strategie geht es im Kern um die Dinge, die ein Unternehmen langfristig erfolgreich machen, und die ein guter Unternehmer oft intuitiv richtig macht", erklärt van Marwyk. Es lohne sich aber, die wesentlichen Punkte aufzuschreiben und kritisch zu hinterfragen. So zeichne sich eine erfolgreiche Strategie in der Logistik dadurch aus, dass das Unternehmen einen klaren Fokus hat, etwa in einzelnen Branchen wie Konsumgüter oder in bestimmten Services wie Kühltransporte oder Komplettladungen. "Ziel muss sein, dass das Unternehmen in seinem spezifischen Geschäftsfeld besser als seine Wettbewerber ist. Entweder leistungsfähiger, flexibler oder kostengünstiger." Dafür müsse man ausloten, welche eigenen Fähigkeiten, Stärken und Schwächen das Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerb hat und welche Chancen und Risiken sich dadurch für die strategische Ausrichtung ergeben. "Erst dann kann ein Unternehmer entscheiden, was sich in seiner Firma weiterhin lohnt, wo optimiert, was aufgegeben werden muss und welcher Bereich Wachstum verspricht", führt van Marwyk aus. So könne ein Unternehmen, das für einen Konsumgüterhersteller Transporte durchführt, zum Beispiel die Kundenbeziehung nutzen und diesem Lagerleistungen oder andere Mehrwertdienste anbieten. Außerdem empfehle es sich, zu prüfen, ob und wie sich Marktsegmente grundlegend verändern könnten, etwa durch veränderte Strategien der Kunden (veränderte Lieferketten), durch neue Wettbewerber (stark wachsende osteuropäische Firmen), durch veränderte gesetzliche Regelungen (Kabotage, Grenzkontrollen) oder durch neue Technologien (Transporteinkauf über Plattformen). "Alles das muss ein Unternehmer in seiner Strategie berücksichtigen", betont der Unternehmensberater. Konsequente Umsetzung Erst nach Klärung aller dieser Punkte lohnt es sich, die künftige Organisationsstruktur festzulegen. Fragen, die dabei zunächst geklärt werden müssen, sind laut van Marwyk: Sind die Verantwortlichkeiten klar definiert und schriftlich fixiert? Sind die Entscheidungsregeln unter den Gesellschaftern und innerhalb der Geschäftsführung festgelegt? Sind die Berichtswege auf den Ebenen darunter eindeutig? Erst dann kann die Organisationsstruktur an den Anforderungen der Strategie ausgerichtet werden. Dabei wird sie nach einem klaren Kriterium gegliedert (Aufgabe, Produkt, Region oder Branche). Rat von van Marwyk: "Matrixorganisationen oder gar Doppelstrukturen sollten vermieden werden, da sie Entscheidungen verzögern und zu unklaren Verantwortlichkeiten führen." In welchen Bereichen der Roland-Berger-Logistikexperte darüber hinaus wichtige Stellhebel zur Ertragssteigerung sieht, an denen Transport- und Speditionsbetriebe ansetzen können, zeigt seine Checkliste (Kasten rechts). Dort hat er die wichtigsten Maßnahmen zusammengefasst, die in Marketing und Vertrieb, der operativen Leistungserbringung und in der Administration schrittweise umgesetzt werden sollten - auf Basis der definierten Unternehmensstrategie. Alle Elemente des Zukunftskonzepts werden innerhalb eines Projekts in enger Zusammenarbeit mit der Firmenleitung entwickelt und miteinander abgeglichen. Das fertige Konzept dient dann - in adäquater Aufbereitung - auch der Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern, unter Umständen auch gegenüber externen Partnern, zum Beispiel den finanzierenden Banken. "Das beste Konzept nützt aber natürlich nichts, wenn es nicht umgesetzt wird", betont van Marwyk. Dafür empfehle es sich, das Zukunftsprojekt Schritt für Schritt in Maßnahmen herunterzubrechen, für die es klare Termine und Verantwortliche gibt. Und ein Firmenchef sollte bei alledem sein Ziel nie aus den Augen verlieren, selbst wenn sich auf dem späteren Weg Veränderungen ergeben können. Mehr zum Thema im Dossier Unternehmensführung www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Serie Erträge steigern - aber wie?In unserer VR-Serie in zwei Teilen erfahren Betriebe, was sie tun können- VR 17: Kurz- und mittelfristige Maßnahmen für mehr Profitabilität- VR 18: Langfristige Maßnahmen für mehr Erfolg Checkliste Profitabilitäts-Potenziale im Unternehmen entdecken Strategie- Welche Dienstleistungen bietet das Unternehmen an?- In welchen Branchen ist das Unternehmen schwerpunktmäßig tätig?- Welche Firmen sind die größten Kunden und welche Umsatzpotenziale haben sie?- Wie ist die Profitabilität der einzelnen Geschäfte?- Welche besonderen Kompetenzen hat das Unternehmen?- In welchen Branchen, mit welchen Kunden und mit welchen Dienstleistungen kann das Unternehmen profitabel wachsen?- Wo sind Geschäfte fundamental bedroht?Organisation- Gibt es ein schriftlich fixiertes Organigramm und sind die Verantwortlichkeiten klar definiert?- Sind die Entscheidungsregeln unter den Gesellschaftern und innerhalb der Geschäftsführung festgelegt?- Sind die Berichtswege auf den Ebenen darunter eindeutig?- Haben die operativen Manager ausreichende Entscheidungskompetenz für ihr Geschäft?- Gibt es einen regelmäßigen Managementprozess, in dem Ergebnisse besprochen und Maßnahmen vereinbart werden?- Gibt es ein Anreizsystem mit klaren Regeln, das die gewählte Strategie unterstützt?- Haben gute und schlechte Leistung entsprechende Konsequenzen?- Werden Management-Systeme, zum Beispiel Lean Management, eingesetzt?- Ist die Organisation passend zur Strategie auf Branchen, Produkte oder Regionen fokussiert?Vertrieb- Tritt das Unternehmen erkennbar und konsistent nach außen auf?- Werden Neugeschäfte zielgerichtet und systematisch akquiriert, das heißt entsprechend der gewählten Strategie?- Arbeiten Vertrieb und Operative eng zusammen, um die Lkw-Auslastung/ Rückladungssituation zu verbessern?- Werden qualitative und quantitative Vertriebsziele konsequent vorgegeben undgemessen?- Gibt es eine Kundenklassifizierung und werden alle wichtigen Kunden regelmäßig bearbeitet?- Gibt es ein produktübergreifendes Key Account Management zur Begleitung und Initiierung von Cross-Selling-Initiativen?- Werden Ausschreibungen nach einem klar definierten Prozess bearbeitet?- Gibt es ein zentrales CRM-System?- Enthalten alle wesentlichen Verträge Preisgleitklauseln?Operative Leistungserstellung- Besteht ein eigener Fuhrpark?- Wenn ja, gibt es eine klare Strategie für Fahrzeugeinkauf, Finanzierung, Versicherung, Wartung und Reparatur, Fahrerausbildung und -einsatz, Schadenmanagement und Kraftstoffverbrauch?- Gibt es Vorgaben an die Disposition bezüglich des Einsatzes von Eigenfuhrpark, Subunternehmern und Charter?- Sind die Lager Eigentum, gemietet oder geleast?- Welche Lager- und Automatisierungstechnik gibt es?- Werden Kapazitäten, Auslastung und Vertragslaufzeiten aktiv gesteuert?Administration- Werden alle Möglichkeiten zur Personalflexibilisierung genutzt?- Gibt es eine systematische Personalentwicklung?- Ist die IT-Infrastruktur sicher und zentral gesteuert?- Bestehen kundenorientierte Prozessanalyse- und Entwicklungskapazitäten?- Bestehen eine durchgängige Deckungsbeitragsrechnung und eine Prozesskostenrechnung mit Ergebnissen nach Standort und Kunden?- Gibt es ein zentrales Berichtssystem?- Existiert eine integrierte Unternehmensplanung?- Gibt es ein durchgängiges Management aller wesentlichen Verträge? eh

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