Berlin/Bonn/Frankfurt am Main. Der Bundesrat hat Ende März eine Änderung des Fahrpersonalgesetzes beschlossen, wonach ausdrücklich ein Bußgeld droht, wenn die regelmäßige Wochenruhezeit im Lkw verbracht wird. Einem Fahrer droht laut dem Bußgeldkatalog eine Geldstrafe von bis zu 60 Euro pro im Lkw verbrachter Stunde, ein Unternehmer muss mit bis zu 180 Euro pro Stunde rechnen. Anders als ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagen hat der Unternehmer aber nicht dafür zu sorgen, dass das Fahrpersonal die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit am jeweiligen eigenen Wohnort des Fahrers oder am Ort des Unternehmenssitzes verbringt. Die Verkehrverbände begrüßen diese Änderung im Großen und Ganzen.
Geeignete Schlafmöglichkeit noch zu definieren
Detlef Neufang. Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) in Bonn legt die Änderung eindeutig als Verbot aus. Einem Lkw-Fahrer sei es damit untersagt, künftig seine regelmäßige Wochenruhezeit im Fahrzeug zu verbringen. „Formal ist diese Änderung des Paragraphen 8 a des Fahrpersonalgesetzes in Ordnung“, sagt er. Explizit beim Tatbestandsmerkmal „Ort ohne geeignete Schlafgelegenheit“ werde es aber interessant, wie Amtsrichter das Gesetz auslegen werden. Neufang selbst verstehe unter geeigneter Schlafgelegenheit alles, was nicht unter freiem Himmel sei und einem Dach über den Kopf biete. So könnten ein Wohnwagen und ein entsprechend hergerichteter Container oder gar ein Zelt das Kriterium erfüllen.
Richtig und präzise gefasst sei die Frage der Unternehmerverantwortung, die im Paragraph 8 a Absatz 1 Nummer 2 geregelt ist, so Neufang. Demnach ist ein Unternehmer aber nur dann in der Haftung, wenn er schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig handle. Zu einem verantwortungsbewussten Unternehmer gehöre es aber auch, dass dieser die Touren künftig so plane, dass der Fahrer, den Lkw für seine 45-stündige regelmäßige Wochenruhezeit erforderlichenfalls auf einem sicheren Gelände abstellen kann.
Europaweit eine klare Regelung finden
Auch Adolf Zobel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) sieht in der beschlossenen Änderung des Fahrpersonalgesetzes einen neuen Bußgeld-Tatbestand geschaffen. „Der BGL trägt diese Regelung mit – allerdings als Vorgriff auf eine europäische Lösung“, betont Zobel und verweist auf das noch ausstehende Urteil des EUGH zu dem Thema. „Es ist keinem gedient, wenn jetzt jede Nation ihre eigene Regelung schafft. Hierfür muss es eine eindeutige europäische Lösung geben. Das ausstehende EUGH-Urteil kann zumindest für mehr Klarheit im EU-Recht sorgen.“
Der BGL begrüße es deshalb, dass der Bundesrat von seinem ursprünglichen Vorschlag Abstand genommen habe. Zobel: „Wenn dieser durchgegangen wäre, hätte ein deutscher Transportunternehmer dafür Sorge tragen müssen, dass sein Lkw-Fahrer seine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht im Lkw sondern bei sich zuhause oder am Unternehmenssitz in einer festen Unterkunft verbringt und ihm im Extremfall sogar ein Rückflugticket von Spanien besorgen müssen.“ Dies wäre ein deutlicher Wettbewerbsnachteil deutscher Transportbetriebe gewesen. Da sich eine solche Regelung im EU-Recht nicht finde, wäre eine Anwendung auch auf gebietsfremde Fahrer rechtlich problematisch gewesen.
Effektive Kontrollen nötig
„Für den Deutschen Speditions- und Logistikverband ist es entscheidend, dass es durch die Änderung des Fahrpersonalgesetzes nun Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmen gibt. Außerdem wollten wir keine abweichende Regelung von den westeuropäischen Interpretationen der EU-Sozialvorschriften“, sagt Markus Olligschläger, Leiter Straßengüterverkehr national Deutscher Speditions- und Logistikverband (DSLV). Weiterhin ermögliche das Gesetz, dass der Lkw-Fahrer zwei Wochen lang für europäische Rundläufe am Stück im Fahrzeug verbringen könne – mehr sei mit der neuen Regelung aber nicht möglich.
Sprich: Ein Fahrer kann zunächst eine verkürzte Wochenruhezeit im Fahrzeug verbringen, also weniger als 45 und mindestens 24 Stunden; die darauffolgende regelmäßige Wochenruhezeit müsste er dann außerhalb des Fahrzeugs verbringen. „Länger dauernde Rundläufe, wie etwa die bislang praktizierte ‚Drei- plus Eins-Regelung‘, also drei Wochen unterwegs sein und eine Woche Heimaturlaub, sind damit nicht mehr möglich.“ Olligschläger sieht aber kein Allheilmittel gegen das Nomadentum in der neuen Regelung. Entscheidend für den Erfolg seien letztlich effektive Kontrollen – idealerweise im engen Zusammenspiel von BAG, Polizei, Arbeitsschutz und Zoll. (eh/jt)
Dietrich Kleinen