Das größte Stück vom Kuchen

Nach der Freigabe des Bundes von 2,7 Milliarden Euro für Reparatur und Neubau von Straßen kritisieren einzelne Länder die Verteilung der Mittel für insgesamt 72 Bauprojekte. Denn es fällt auf, dass Bayern, das Heimatland von Verkehrsminister Alexander Dobrindt, mit 621 Millionen Euro am meisten von der Investitionstranche profitiert. "In der Tat sind die Projekte unterschiedlich verteilt", räumte der CSU-Politiker ein. Ausgewählt würden nur baureife Projekte, die sofort umgesetzt werden können. Außerdem gehe es um größtmögliche Wirkung. Er erwarte jetzt, dass es dieses und nächstes Jahr erste Spatenstiche gebe. Teuerstes Einzelprojekt im Norden "Es kann nicht immer nur die Baureife als allererstes Kriterium entscheiden - höchste Priorität muss die Bedeutung für die deutsche Infrastruktur haben", sagt Schleswig-Holsteins Ressortchef Reinhard Meyer (SPD), das für seine Autobahnen und Bundesstraßen lediglich 70 Millionen Euro erhält. "Ich habe selten so viel Unkenntnis von einem Landesverkehrsminister gelesen", entgegnet dem Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU). Das Land müsse endlich mit den eigenen Planungen vorankommen. Das teuerste Einzelprojekt wird allerdings im Norden finanziert: der achtstreifige Ausbau der A 7 zwischen Hamburg-Stellingen und Hamburg-Nordwest für 181 Millionen Euro. Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Transitland erhält nur 128 Millionen Euro, was Ex-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) zu der Bemerkung veranlasste, "jetzt regnet es Brei und NRW fehlen die Löffel". Das Verkehrsministerium in Düsseldorf verwies auf Lücken im Planungspersonal, die die schwarz-gelbe Vorgängerregierung beim Landesbetrieb Straßenbau geschlagen habe. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) beklagte, "nach Jahren des Stellenabbaus fehlt den öffentlichen Bauverwaltungen an etlichen Stellen das Personal". Nach Dobrindts Worten sollen 1,5 Milliarden Euro für den Bau von Verbindungsstrecken von Bundesstraßen und Autobahnen, 700 Millionen Euro für Neubauten und 500 Millionen Euro für Reparaturen aufgewendet werden. Das Programm für baufällige Brücken wurde zudem bis 2018 auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Bisher waren bis 2017 rund eine Milliarde Euro vorgesehen. Das Geld kommt aus zusätzlichen Haushaltsmitteln für 2016, unter anderem aus dem Zehn-Milliarden-Investitionspaket von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sprach von einem Erfolg für die große Koalition. Für diese Tranche gelte das von der Koalition verkündete Prinzip "Erhalt vor Neubau" nicht, monierte der Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn. Im Übrigen werde lediglich die bestehende Haushaltsplanung Projekten zugeordnet. Der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens störte sich daran, dass Bayern das größte Stück vom Kuchen abbekommt. "Ertappt. Und die meisten der heute freigegebenen Projekte liegen im Wahlkreis des Ministers & der Staatssekretärin", kommentierte Verkehrs-Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) die Projektliste ihres Ministeriums ironisch auf Twitter. Hintergrund Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will die jährlichen Investitionen in die Infrastruktur auf rund 14 Milliarden Euro ab 2018 steigern. Zuletzt waren es gut zehn Milliarden Euro, davon rund sechs Milliarden Euro für den Straßenbau. Bei diesem "Investitionshochlauf" setzt er auch auf Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP). Elf Projekte sind bereits auf den Weg gebracht. Durch die Ausdehnung der Lkw-Maut auf weitere 1100 Kilometer Bundesstraße und auf Lkw ab 7,5 Tonnen ab 2015 erwartet die Regierung bis 2017 zusätzliche 875 Millionen Euro. Außerdem haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag darauf verständigt, zwischen 2014 und 2017 zusätzlich fünf Milliarden Euro für die Infrastruktur bereitzustellen. Ungewiss sind derzeit allerdings wegen des EU-Vertragsverletzungsverfahrens die mit 500 Millionen Euro veranschlagten Einnahmen aus der Pkw-Maut. jök

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