Da sieht Rot schwarz

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat die Diskussion über den Lang-Lkw wieder eröffnet, der im Koalitionsvertrag mit keiner Silbe erwähnt wird. "Der Feldversuch mit Lang-Lkw läuft bisher erfolgreich", betonte der CSU-Politiker gegenüber der Verkehrs-Rundschau. Wenn sich die positiven Ergebnisse weiter bestätigten, werde er sich für den Regelbetrieb auf zentralen Achsen und in Punkt-zu-Punkt-Verkehren einsetzen. Derzeit sind 42 Unternehmen mit 111 Lang-Lkw bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) angemeldet. Dobrindts Werben für den überlangen Lkw ist in der SPD auf ein geteiltes Echo gestoßen. "Solche Absichten müssen mit dem Parlament und den Koalitionsfraktionen vorab diskutiert werden", zeigte sich Martin Burkert (SPD), Vorsitzender des Bundestagsverkehrsausschusses, zunächst etwas verschnupft. "Eine generelle Einführung von Lang-Lkw in Deutschland kann ich mir derzeit nicht vorstellen", sagte er auf Nachfrage. "Bestimmte Verkehre, etwa zwischen zwei an Autobahnen gelegenen Verteilzentren, können ökologisch vorteilhaft sein. Aber die Diskussion beginnt erst, muss ergebnisoffen geführt werden", hatte die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kirsten Lühmann, bereits im Juli zu Bedenken gegeben. Burkert schlug den 17,8 Meter langen Lkw mit verlängertem Auflieger als Kompromiss vor. Nicht weiter kommentieren wollte er die Ankündigung seines Parteifreundes, Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid, der zuletzt wenig Berührungsängste mit dem Lang-Lkw zeigte. Der SPD-Politiker hatte sich gegenüber Vertretern der Nutzfahrzeugbranche für eine neue Diskussion über Testrecken in Baden-Württemberg ausgesprochen. Das grün-rot regierte Land nimmt derzeit nicht an dem Feldversuch teil, der Autokonzern Daimler hat für 17 Strecken Ausnahmegenehmigungen für einen Einsatz von Lang-Lkw beantragt. Uneinigkeit in Baden-Württemberg Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bekräftigte seine Skepsis gegenüber den "Gigalinern", räumte aber auch "einige positive Effekte" der Fahrzeugkombination ein. In diesem Monat werde es mit Daimler Gespräche über die Ausnahmegenehmigungen geben. Der positive Zwischenbericht der BASt habe jedenfalls "nur sehr begrenzte Erkenntnisse" in der Frage gebracht, ob der Lang-Lkw Verkehre von der Schiene auf die Straße verlagert. Auf Bundesebene bezweifelte der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn "die einfache Dreisatzrechnung, zwei Gigaliner würden drei normale Lkw ersetzen". Von der SPD erwarte er, dass sie bei ihrer bisherigen Haltung bleibe. Die Linke erkennt bei SPD und Grünen "leider gerade einen Abschied auf Raten von der Ablehnung der Lang-Lkw", wie der Obmann der Fraktion im Verkehrsausschuss, Herbert Behrens, sagte. "Lang-Lkw schaden dem Verkehr auf der Schiene" so Behrens' Fazit des Feldversuchs. Die Allianz pro Schiene sieht für grundlegende Änderungen bei den Maßen und Gewichten von Lkw "keinerlei Notwendigkeit". Auch der Einsatz von 17,8 Meter langen Lkw sei nur dann diskussionswürdig, "wenn er im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs stattfindet und den Schienengüterverkehr stärkt". Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hat der Zwischenbericht der BASt bestätigt, "dass eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße nicht zu befürchten ist". Mit Blick auf die Diskussionen in der SPD begrüßte VDA-Präsident Matthias Wissmann, "dass die neu gewonnenen Fakten auch zu einer neuen Bewertung im Kreis der Kritiker führen". Feldversuch im Detail Der Feldversuch wird seit dem 1.1.2012 im Rahmen einer auf fünf Jahre befristeten Ausnahme-Verordnung durchgeführt, die auf §§ 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StVG beruht. Derzeit diskutiert man in Baden-Württemberg, ob Lang-Lkw auf 17 vom Autohersteller Daimler beantragten Strecken zugelassen werden sollten. Das Land nimmt derzeit nicht am Feldversuch teil. Lang-Lkw dürfen nur auf solchen Straßen fahren, die von den jeweils zuständigen Ministerien der betroffenen Länder als geeignet für den Einsatz von Lang-Lkw befunden und dem Bundesverkehrsministerium mitgeteilt sowie anschließend in der Ausnahme-Verordnung ergänzt und veröffentlicht worden sind. Unternehmen, die am Feldversuch teilnehmen wollen, durchlaufen kein explizites Genehmigungs- bzw. Erlaubnisverfahren, sondern müssen praktisch nur die in der Ausnahme-Verordnung aufgeführten Anforderungen und Bedingungen erfüllen. Die Teilnahme am Feldversuch muss lediglich gegenüber der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) angezeigt werden. jök

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