Hannover. Die monatelangen Vorbereitungen der chinesischen Post für ihre Flüge von und nach Niedersachsens größtem Airport Hannover haben einen Rückschlag erlitten. Nachdem sie ursprünglich bereits in diesem Sommer an den Start gehen sollten, sagte nun der Deutschland-Direktor der China Express Germany, Udo Sass, der Deutschen Presse-Agentur: „Damit wird es in diesem Jahr nichts mehr.”
Sass, der für die Planung der Hannover-Aktivitäten zuständig ist, begründete das mit Problemen bei einer ins Auge gefassten Charter-Frachtfluggesellschaft. Die in der EU registrierte Airline sollte nach langem Aushandeln der Modalitäten zum Oktober den Flugverkehr zwischen Hannover und China aufnehmen. Sass: „Bedingt durch die kurzfristige Rückgabe eines Flugzeuges an den Leasinggeber kam der Vertrag leider nicht zustande; für die Einflug- und Landerechte in China sind aber mindestens drei Flugzeuge erforderlich.”
Somit ist eine relativ kurzfristige Aufnahme der geplanten Flüge in diesem Jahr nicht möglich. „An Alternativen wird gearbeitet”, betonte Sass. Hintergrund sind Pläne der chinesischen Post, europäische Waren, die von Chinesen im Internet bestellt werden, nach China und umgekehrt chinesische Produkte nach Europa zu transportieren. Aus verkehrsrechtlichen Gründen ist die chinesische Post dabei allerdings beim Lufttransport nach Hannover auf eine EU-Airline angewiesen.
BDL warnte bereits im Juni vor Engpässen
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) warnte bereits im Juni vor Engpässen auf dem Luftfahrtmarkt. „Wir waren im Sommer bei den Flugzeugkapazitäten am Anschlag - der Markt war quasi leer”, bestätigte BDL-Sprecher Ivo Rzegotta.
Die Luftfracht wird nicht nur durch den wachsenden Online-Handel, sondern auch kürzere Produktzyklen und den Wunsch nach saisonunabhängigen Lebensmitteln befeuert. Laut einer Branchenstudie wurden 2017 an deutschen Flughäfen aus Fracht- und Passagiermaschinen Waren für 104 Milliarden Euro ausgeladen, auf 156 Milliarden Euro summierten sich die Luftfracht-Exporte. Insgesamt sei der Außenhandel per Flugzeug um 60 Prozent in zehn Jahren gewachsen.
Rund-um-die-Uhr-Betrieb in Hannover
Hannover ist Norddeutschlands einziger Verkehrsflughafen, der rund um die Uhr angeflogen werden kann. Mit seinen drei Landebahnen ist er für bis zu 80 Starts und Landungen pro Stunde ausgelegt.
Flughafen-Chef Raoul Hille war im Vorjahr davon ausgegangen, dass pro Woche perspektivisch drei bis fünf Flugzeuge der China Post die niedersächsische Landeshauptstadt anfliegen könnten.
Die Anteilseignerstruktur des Flughafens Hannover wurde gerade neu aufgestellt, nachdem der britische Finanzinvestor Icon Infrastructure vom Flughafenbetreiber Fraport dessen 30-Prozent-Anteil übernommen hat. Die restlichen 70 Prozent entfallen zu gleichen Teilen auf die Stadt Hannover und das Land Niedersachsen. Beide hatten ein Vorkaufsrecht auf die zum Verkauf stehenden Anteile. 2017 fertigte der Airport 5,9 Millionen Passagiere ab - im laufenden Jahr wird mit 6,2 Millionen Fluggästen ein neuer Passagierrekord erwartet. (dpa)