Berlin/Brüssel. Die Bundesregierung kommt mit Gesetzesplänen zum Vermeiden von Diesel-Fahrverboten in Städten voran. Die EU-Kommission hat keine grundsätzlichen Bedenken gegen deutsche Pläne, wonach Verbote in der Regel erst ab einer Belastung von 50 Mikrogramm Stickoxid (NO2) pro Kubikmeter Luft verhältnismäßig sein sollen. Wie ein Sprecher am Mittwoch mitteilte, hat die EU-Kommission zwar einige Anmerkungen zum Vorhaben der Bundesregierung. Dies habe aber keinen Einfluss auf den Zeitplan für die Annahme der Maßnahme. Dies bedeutet faktisch, dass die Regierung aus Brüssel grünes Licht für ihr Gesetzesvorhaben bekommt.
Konkret geht es um eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Darin soll klargestellt werden, dass Fahrverbote in der Regel „aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“ erst bei Jahresmittelwerten von mehr als 50 Mikrogramm in Betracht kommen sollten. Diese Änderung musste die Bundesregierung der EU-Kommission vorlegen. Der Bundestag muss den Plänen ebenfalls noch zustimmen.
EU-Grenzwert von 40 mg bleibt unverändert
Die Maßnahme berührt nicht den weiter geltenden verbindlichen EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm – diesen kann die Bundesregierung gar nicht eigenständig ändern oder aussetzen. Auch ein Kommissionssprecher bekräftigte, an dem Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmittel werde nicht gerüttelt. Die geplanten Änderungen beim Bundesimmissionsschutzgesetz sind Teil eines Pakets der Koalition, um Fahrverbote von Dieselautos zu verhindern.
In vielen deutschen Städten wird der EU-Grenzwert für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid (NO2) nach wie vor überschritten – in der Mehrzahl der Fälle aber liegt der Wert unter den 50 Mikrogramm. Die Bundesregierung hatte bereits «Intensivstädte» definiert, in denen die Belastung zum Teil weit über 50 Mikrogramm liegt und die besonders gefördert werden.
„Wir sind zuversichtlich, dass Bundestag und Bundesregierung die Sache jetzt zügig abschließen werden, so dass viele drohende Fahrverbote vom Tisch sind“, sagten der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese und sein Fraktionskollege Norbert Lins mit Blick auf die Entscheidung der EU-Kommission.
Kommunen sollen weiterhin selbst entscheiden
Das Bundesumweltministerium erklärte, mit der geplanten Novelle habe die Bundesregierung keine Erhöhung des Grenzwerts vorgeschlagen. Es gehe vielmehr um eine Orientierungshilfe, wann ein Fahrverbot in der Regel verhältnismäßig ist und wann es andere Möglichkeiten gibt, den geltenden Grenzwert von 40 Mikrogramm einzuhalten. Dies lasse sich bei einer Grenzwertüberschreitung bis 50 Mikrogramm in der Regel mit einer Kombination anderer Maßnahmen erreichen.
Das Umweltministerium hatte stets betont, dass Kommunen in Fragen von Diesel-Fahrverboten weiterhin selbst entscheiden könnten. Sie zu verbieten, sei dem Bund nicht möglich. Kritiker bezeichnen die geplante Gesetzesänderung deswegen als „Kosmetik“, die an der Rechtslage nicht ändere.
Umwelthilfe kritisiert geplante Gesetzesänderung
Ob im Falle einer Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes Fahrverbote wirklich vermieden werden können, wird sich vor Gerichten erweisen. Die in vielen Fällen klagende Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte die Pläne der Bundesregierung bereits scharf kritisiert.
Die EU-Kommission hat bereits eine Überprüfung der bestehenden Grenzwerten zu Luftschadstoffen begonnen, den sogenannten Fitness Check, mit dem EU-Vorschriften von Zeit zu Zeit darauf geprüft werden, ob sie noch zeitgemäß sind. Das Ergebnis soll es aber erst Ende dieses Jahres geben – und der zuständige EU-Umweltkommissar Karmenu Vella hat schon klar gemacht, dass die Grenzwerte im Fall einer Änderung strenger würden. (dpa/ag)