Die Opposition im Düsseldorfer Landtag hat Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Untätigkeit bei der notwendigen Sanierung vieler maroder Brücken in Nordrhein-Westfalen vorgeworfen.
Rund 700 Brücken auf Landes- und Bundesstraßen in Verantwortung des Landes müssten entweder saniert oder teilweise in den nächsten Jahren sogar abgerissen werden, sagte der FDP-Abgeordnete Christof Rasche am Donnerstag, 25. Main, in einer Aktuellen Stunde. Es drohe daher „Chaos“. Der Ministerpräsident habe bereits in seiner Amtszeit als NRW-Verkehrsminister nicht gehandelt. „Es gibt da große Versäumnisse“, sagte Rasche in einer hitzigen und immer wieder von Zwischenrufen unterbrochenen Debatte.
Wüst war wegen einer Rede beim Deutschen Städtetag nicht im Plenarsaal. Der Regierungschef war von 2017 bis 2021 Verkehrsminister in NRW.
Rahmede-Brücke nur die Spitze des Eisbergs
Zahlreichen Orten drohe ein Schicksal wie der Stadt Lüdenscheid nach der Sperrung und dem Abriss der maroden Rahmede-Talbrücke der Autobahn A45, so Rasche. Lüdenscheid und die Region Südwestfalen sind seit der Sperrung der Rahmede-Brücke von Stauchaos, Fachkräfte-Abwanderung und Umsatzeinbußen schwer getroffen.
Der AfD-Abgeordnete Klaus Esser sagte, das Brücken-Problem sei seit Jahrzehnten bekannt und „verschlafen“ worden. Die Rahmede-Brücke sei nur die Spitze des Eisbergs. „Die Brücken bröckeln vor sich hin“, sagte Esser. Zahlreiche Brücken der A45, der A3 und über den Rhein müssten kurzfristig instandgesetzt werden. „Sie spielen wirklich Russisch Roulette mit unserer NRW-Infrastruktur.“ Das Thema werde noch zum „Waterloo“ für die Landesregierung.
Anlass der Debatte war eine Studie im Auftrag von sieben Industrie- und Handelskammern (IHK) zum Zustand der Brücken im Rheinland. Von rund 6500 Brücken zwischen Emmerich und Bonn erhielten demzufolge rund 1000 Bauwerke die beiden schlechtesten Traglastnoten. Sollte auch eine Brücke im Rheinland gesperrt werden müssen, wäre das nach Ansicht der IHKs eine „Katastrophe“. Der Zustand der Brücken entscheide mit über die Zukunft des Industriestandortes Rheinland als einem der wichtigsten Standorte in Europa.
Landesregierung weist die Vorwürfe zurück
Landesverkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) wies die Vorwürfe der Opposition zurück. Die meisten der in der Studie als problematisch definierten Brücken lägen an Autobahnen und gehörten damit in die Verantwortung des Bundes. Die Landesregierung setze bei den notwendigen Sanierungen der Brücken in ihrer Verantwortung Prioritäten, denn sie könne „nicht aus dem Vollen schöpfen“. Es gelte das Prinzip „Erhalt vor Neubau“. 296 Brücken seien sanierungsbedürftig. In diesem Jahr will das Land nach früheren Angaben Krischers etwa 67 Maßnahmen mit einem Volumen von 100 Millionen Euro umsetzen.
Für die CDU sagte der Verkehrspolitiker Klaus Voussem, die FDP habe offenbar vergessen, dass sie von 2017 bis 2022 an der NRW-Regierung beteiligt war. Er warf der Opposition „plumpe Panikmache“ vor. Die Brücken in NRW würden engmaschig kontrolliert. „Von Chaos und Waterloo kann keine Rede sein.“ Das Land investiere in den Erhalt von Straßen und Brücken allein im laufenden Haushaltsjahr 213,4 Millionen Euro.
Der SPD-Abgeordnete Gordan Dudas warf Schwarz-Grün eine „stetige Untätigkeit“ vor. Dudas forderte wie auch die IHKs einen „Brückengipfel“ für das Land, aus dem ein Masterplan erwachsen solle. Der SPD-Politiker Alexander Vogt warnte vor weiteren schwerwiegenden Folgen, wenn auch der Zustand der Eisenbahnbrücken im Land genauer untersucht werde. Das werde „ein noch größeres Desaster“, so der Abgeordnete.