Binnenschiff

Binnenschiff Auf die lange Bahn geschoben Vorerst transportiert Bosch-Siemens Hausgeräte (BSH) keine Waschmaschinen mehr per Binnenschiff von Berlin nach Hamburg. Das Scheitern ist Wasser auf die Mühlen der Skeptiker, die Transporte auf Flüssen für zu risikoreich halten. Dennoch lässt sich BSH nicht von seinem Vorhaben abbringen. Gut Ding will manchmal Weile haben. Kaum hatten die Hamburger Spedition Konrad Zippel und die Berliner Hafen- und Lagerhaus AG (Behala) ihr multimodales Exportkonzept für die BSH Bosch und Siemens Haushaltsgeräte GmbH mit Beteiligung der Binnenschifffahrt unter Dach und Fach gebracht, flatterte ihnen eine Kündigung ins Haus. Thomas Ohl, Partikulier der MS Shir Khan, wollte zu den vereinbarten Konditionen weder Waschmaschinen und Trockner noch sonstige Containergüter transportieren. „Angesichts der steigenden Dieselpreise kann ich nicht mehr kostendeckend fahren“, versichert Ohl. „2009 brachten die Containertransporte zwischen Hamburg und Berlin bereits Verluste ein.“ Kein Nachfolger für die MS Shir Khan Pech für Zippel und Behala: Die MS Shir Khan ist das einzige Schiff auf der Elbe-Spree-Linie, welche 2009 für den Containertransport von der Hauptstadt in die Hafenmetropole gegründet wurde. Jetzt suchen beide Partner händeringend einen Nachfolger für den 85 Meter langen Kahn, was nicht einfach sein wird. Das Ersatzschiff muss zweilagig beladbar sein und bis zu 750 Tonnen Ballastwasser aufnehmen. Andernfalls können mehrere Brücken nicht unterquert werden. „Wir wollen in vier Wochen einen Nachfolger präsentieren“, macht sich Axel Kröger, geschäftsführender Gesellschafter von Zippel, Mut für die kommenden Verhandlungen. Der Fehlstart des BSH-Projekts, welches vom brandenburgischen Werk Nauen aus eine nahezu durchgehende Binnenschiffsverbindung für die Exportproduktion vorsah, illustriert anschaulich, wie anfällig komplexe Supply Chains für Störungen und Rückschläge sind. Wenn schwimmende Verkehrsträger beteiligt sind, kann neben Technik und Equipment auch das Wetter einen Streich spielen. Vor der Kündigung von Ohl verhinderten vereiste Wasserwege einen früheren Start der multimodalen Transporte. Doch der Haushaltsgerätehersteller wusste, worauf er sich einließ. Seit fünf Jahren organisiert die Münchner Spedition Kukla sowie der Gernsheimer Terminalbetreiber GUT Shortsea-Verkehre von drei südwestdeutschen BSH-Standorten über den Rheinhafen Gernsheim via Rotterdam und Antwerpen ins britische Zentrallager Milton Keynes. Weil die auf der Rheinschifffahrt eingesetzten High-Cube-Container mit 2,69 Metern Höhe zu niedrig für zweilagige Verkehre waren, wurden mithilfe des EU-Förderprogramms Marco Polo Spezialeinheiten mit drei Metern Höhe gebaut. Außer einer höheren Transportsicherheit – LKW-Verbindungen nach Großbritannien trafen oft verspätet ein – spielte auch der Umweltgedanke eine wichtige Rolle, wie BSH nicht müde wurde zu betonen. „In unserem Unternehmensleitbild ist Nachhaltigkeit fest verankert“, betont BSH-Logistikleiter Andreas Tonke. 1400 LKW-Fahrten weniger – so der Plan An diesem Anspruch müssen sich auch die Transportlösungen messen lassen. Auf dem Papier liest sich das multimodale Konzept für Nauen wie ein Masterplan für nachhaltigen Warenumschlag. Vom 20 Kilometer westlich von Berlin gelegenen Werk aus sollte ein LKW-Shuttle jedes vierte BSH-Produkt in den sieben Kilometer entfernten Binnenhafen Wustermark transportieren. Via Havelkanal und Elbe befördern dann Binnenschiffe die in Überseecontainer verpackten Waschmaschinen und Trockner nach Hamburg und transportieren in Gegenrichtung Importgeräte für den Vertrieb in Deutschland. Das Konzept spart bis zu 1400 LKW-Fahrten im Jahr zum Berliner Westhafen, hat BSH nachgerechnet – vorausgesetzt, das Binnenschiff fährt wöchentlich und nimmt mit 54 Überseecontainern immer die Höchstmenge mit. BSH setzt auch auf die Bahn Vom Berliner Westhafen aus sind bislang die Exportprodukte per Bahn via Großbeeren nach Bremerhaven befördert worden – zu „gleichen Kosten“, wie Tonke ausdrücklich betont. Angesichts dieser Einschränkung wird der Haushaltsgerätehersteller kaum zu Aufschlägen für Binnenschiffer bereit sein. Trotz der Bahn- Alternative wäre ein Scheitern der Binnenschiff-Verbindung ein Ärgernis für BSH. Wegen der höheren Umschlagvolumina hat der Haushaltsgerätehersteller seine Lagerkapazitäten in Nauen um 12.000 Quadratmeter erweitert. Eine Fehlinvestition muss dies nicht sein. Für 2010 plant BSH eine Verlagerung auch des Wareneingangs von der Straße auf die Schiene. Zwei Ganzzüge pro Woche sollen bis zu 1500 LKW-Fahrten im Jahr ersetzen. Auf dem Rhein hingegen kann sich der Haushaltsgerätehersteller auf eine gut eingespielte Supply Chain verlassen. Das trimodale Terminal GUT bietet ausreichend Fläche für den Umschlag der Geräte. Außerdem kooperiert die Betriebsgesellschaft, die selbst drei Schiffe hat, mit mehreren Reedereien und Partikulieren – kündigungsbedingte Ausfälle sind nicht zu befürchten. Weil viele Schiffe nur zu 80 bis 85 Prozent ausgelastet sind, können sie auch bei niedrigen Wasserständen fahren. Der Teufel steckt hier eher im Detail, wie GUT-Geschäftsführer Velimir Kruslin zu berichten weiß. „Wegen der vorgeschriebenen LKW-Höhe von vier Metern sind besonders niedrige Auflieger notwendig, welche von kleineren Zugmaschine gezogen werden müssen.“ Weil das Ladegewicht entsprechend niedriger ausfällt, konnte sich bislang kein weiterer Kunde für das Spezial-equipment begeistern. Doch GUT und Kukla haben Zeit: Mit BSH wurden Drei-Jahres-Kontrakte abgeschlossen. ❙❚■ Stefan Bottler Von dem Werk in Nauen gehen die Wasch-maschinen für den Export nach Hamburg: Jetzt per Zug, künftig wieder mit Binnenschiff? Nur wenige Fahrten: Umschlag von mit Waschmaschinen befüllten Containern auf das Binnenschiff Binnenschiff

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