Berlin. Auf 15 Berliner Straßenabschnitten könnte ab Sommer ein Fahrverbot für viele Dieselfahrzeuge gelten. Das sieht ein Entwurf des neuen Luftreinhalteplans vor, wie die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz jetzt mitteilte. Tabu sollen demnach die Strecken für Diesel-Autos und -Lastwagen bis zur Abgasnorm Euro 5 voraussichtlich ab dem 1. Juli sein. Ausnahmen soll es etwa für Anwohner und deren Gäste, Handwerker, den Lieferverkehr, für Pflegedienste und Menschen geben, die ihren Arbeitsplatz an diesen Strecken haben.
Betroffen sind unter anderem Abschnitte in der Leipziger Straße, Reinhardstraße, Friedrichstraße, auf dem Spandauer Damm und in der Hermannstraße. Das Ganze ist aber noch nicht in trockenen Tüchern: Es gibt zunächst eine Öffentlichkeitsbeteiligung und am Ende muss der rot-rot-grüne Senat einen Beschluss fassen. Angestrebt werde das für Ende Mai, sagte Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos/für die Grünen). Ziel der Fahrverbote ist es, dass sich die Luftqualität verbessert.
Dabei geht es speziell um die Stickstoffdioxid-Werte, für die die Europäische Union einen Grenzwert im Jahresmittel von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter festgelegt hat. Weil dieser Wert in vielen deutschen Städten überschritten wird, wird auch auf das Instrument der Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge zurückgegriffen.
Belastung rückläufig, aber über dem Grenzwert
Im Januar hatte die Umwelt- und Verkehrsverwaltung mitgeteilt, dass die Belastung der Berliner Luft mit Stickstoffdioxid (NO2) im vergangenen Jahr zurückging, aber weiter über dem zulässigen EU-Grenzwert liegt. Aus einer Übersicht mit vorläufigen Daten ging hervor, dass der Jahresmittelwert 46 Mikrogramm betrug. 2017 waren es 51, im Jahr 2016 52 Mikrogramm.
Das Berliner Verwaltungsgericht hatte im Oktober 2018 geurteilt, dass das Land den Luftreinhalteplan bis Ende März fortschreiben muss - und zwar so, dass schnellstmöglich die Grenzwerte im Stadtgebiet eingehalten werden. Hierfür ist laut Urteil das Land verpflichtet, Dieselfahrverbote auf elf Straßenabschnitten zu erlassen und darüber hinaus den Erlass von Dieselfahrverboten auf mehr als 100 Abschnitten zu prüfen.
Allerdings will die Senatsverwaltung bei zwei vom Gericht aufgeführten Straßenabschnitten kein Fahrverbot einführen. Am Kapweg soll es keines geben, weil dort keine Anwohner leben und ein Fahrverbot den Angaben zufolge dazu führen würde, dass der Ausweichverkehr durch Wohngebiete führen würde. In der Leonorenstraße soll statt eines Fahrverbots eine Tempo-30-Zone kommen.
Tempo 30 auf 85 Streckenabschnitten
Neben den Diesel-Fahrverboten soll laut Senatsverwaltung insgesamt auf 85 Streckenabschnitten Tempo 30 gelten. Zudem sollen Linienbusse und Kommunalfahrzeuge den Angaben zufolge mit Stickoxidfiltern nachgerüstet oder komplett ersetzt werden. Auch weitere Parkzonen sollen helfen, das Verkehrsaufkommen zu mindern. Die Grenzwerte sollen bis spätestens im Jahr 2020 eingehalten werden.
Verkehrssenatorin Günther sagte über den Entwurf des Luftreinhalteplans: „Für uns war die handlungsleitende Maxime: Die Grenzwerte sollen schnellstmöglich eingehalten werden, um die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner zu schützen. Aber auch die betrogenen Käuferinnen und Käufer der Dieselfahrzeuge können von uns erwarten, dass wir sie nur soweit belasten wie zwingend notwendig.”
Die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer und Unternehmen in Berlin warnten vor Folgen von Fahrverboten für die Berliner Wirtschaft. Der Vorsitzende der Berliner Grünen, Werner Graf, betonte hingegen: „Die Luft in unserer Stadt muss endlich sauberer werden.” Die Berliner AfD-Fraktion sprach sich gegen Fahrverbote aus. (dpa)