Bericht aus Berlin

Bericht aus Berlin Ramsauer startet Anti-Stau-Programm Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer will den Verkehrsfluss verbessern. LKW- und Autofahrer sollen verstärkt Seitenstreifen befahren dürfen. Die Verbände reagieren zurückhaltend. Bundesverkehrsminister Peter Ram-sauer (CSU) hat ein Anti-Stau-Programm verkündet, das eine verstärkte Nutzung der Seitenstreifen auf Autobahnen vorsieht. Nach dem „Projektplan Straßenverkehrstelematik 2015“ sollen die Seitenstreifen auf einer Länge von 350 Kilometern freigegeben werden, bisher seien es 210 Kilometer. Die Verbände begrüßten das Vorhaben grundsätzlich, wiesen aber auf die seit Jahren bestehende Unterfinanzierung des Verkehrsträgers Straße hin. Der Projektplan sieht den Bau neuer Anzeigetafeln vor. Während des Berufsverkehrs und der Hauptreisezeiten sollen diese den Verkehrsteilnehmern anzeigen, dass sie die Zusatzspur benutzen dürfen. „In den Spitzenzeiten erhöht sich dadurch die Leistungsfähigkeit der Strecke um bis zu 30 Prozent“, betonte der Minister. Dessen Anti-Stau-Initiative sieht bundesweit 138 Projekte vor, besonders an stark befahrenen und unfallträchtigen Autobahnabschnitten. Davon würden bereits 30 umgesetzt. Ramsauer will innerhalb der kommenden fünf Jahre 300 Millionen Euro investieren. Das wäre fast doppelt so viel wie von 2005 bis 2010. Des Weiteren sind Maßnahmen zur Streckenbeeinflussung für rund 1000 weitere Kilometer geplant. Elektronische Anzeigetafeln sollen verkehrsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkungen und Gefahrenwarnungen anzeigen. Dadurch soll die Staugefahr reduziert werden und die Zahl der Unfälle um 30 bis 50 Prozent sinken. Eine „Netzbeeinflussung“ an rund 90 Standorten vor Autobahnkreuzen bzw. -dreiecken soll die Verkehrsströme auf alternative Routen umleiten. An rund 30 Anschlussstellen soll die Auffahrt der Fahrzeuge auf die Autobahn durch Ampelanlagen gesteuert werden. Stauursachen beseitigen Der Straßenverband Pro Mobilität reagierte zurückhaltend auf den Projektplan des Bundesverkehrsministers. „Wir müssen die Ursachen für Stau und Verkehrsgefährdung auf unseren Straßen beseitigen und dürfen nicht nur an den Symptomen herumdoktern“, mahnte Verbandspräsident Peter Fischer. Die Politik müsse sich endlich der Realität der maroden Verkehrsinfrastruktur stellen. Der Plan „reiche jedoch nicht ansatzweise aus, um das vom Bund prognostizierte Wachstum des LKW-Aufkommens auf dem über 12.000 Kilometer langen Autobahnnetz zu kompensieren“. Fischer sprach von einer „gefährlichen Unterfinanzierung“ des Verkehrsträgers Straße, da für den Erhalt und den Ausbau statt der erforderlichen sieben Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2011 weniger als fünf Milliarden Euro zur Verfügung stünden. Ähnlich reserviert zeigte sich der ADAC, der die beabsichtigte Freigabe der Seitenstreifen als eine „Notlösung“ bezeichnete. „Es fehlt schlicht das Geld für den Aus- und Neubau von Autobahnen“, sagte der ADAC-Experte Christoph Hecht. Seitenstreifen dürften dafür kein Ersatz werden. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Winfried Hermann, lobte hingegen die Initiative des Ministers. Es sei vernünftig, verstärkt Seitenstreifen freizugeben, statt Autobahnen auszubauen. „Ramsauers Programm hat prinzipiell die richtige Stoßrichtung. Das Straßennetz wird besser ausgenutzt, es können darauf mehr Autos fahren und der Verkehrsfluss wird gleichförmiger“, sagte der Bündnis-Grüne Politiker. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin Weniger Staus durch die Freigabe der Standstreifen