Paris. Warum es mit dem Schienengütertransport in Frankreich immer weiter bergab geht, dafür hat der Vorsitzende der Regulierungsbehörde Autorité de régulation des activités ferroviaires (Araf), Pierre Cardo, letzte Woche in einem Interview mit der Pariser Les Echos einige Gründe genannt.
Die Gewerkschaften hätten nicht Recht, wenn sie den Niedergang des Sektors dessen Liberalisierung anlasteten, sagte er. So habe sich die Deutsche Bahn (DB) damit deutlich besser zu arrangieren verstanden als ihr französisches Pendant SNCF und die Bahnfracht jenseits des Rheins sei nicht schwächer, sondern stärker geworden.
Die Kosten liegen zu hoch
Trotz aller Subventionierung ist es in Frankreich laut Cardo nicht gelungen, die Kosten zu drücken. Sie lägen in Deutschland bei 3,9 Cent pro Tonnenkilometer, in Frankreich aber bei 6 Cent. Erschwert wird das Geschäft ferner dadurch, dass bei Netzproblemen immer der Personenverkehr den Vorrang vor der Frachtbeförderung hat, was für die Kundenbindung seitens der Anbieter sehr nachteilig ist, erklärte der Bahnregulator weiter. Insofern sei der Güterzugverkehr durch die landesweit eingeleitete Netzmodernisierung besonders stark beeinträchtigt. Des Weiteren gebe es für ihn im Streikfall nicht wie im Personenverkehr eine Mindestservice-Übereinkunft.
Als hinderlich für eine positivere Entwicklung bezeichnet Cardo auch den Umstand, dass sich die Bahnfracht-Unternehmen nie sicher sein könnten, ob sie die von ihnen benötigten Fahrzeiten auch wirklich zugeteilt bekommen. Deshalb würden die neuen SNCF-Mitbewerber zusätzliche Zeiten reservieren, um bei Bedarf auf Alternativen zurückgreifen zu können, was wiederum dazu beitrage, dass das System saturiert sei.
Zeitenzuteilung ist problematisch
Pierre Cardo kritisiert überdies das Verfahren zur Zeitenzuteilung als „sehr schwerfällig, - ja, zu schwerfällig“. Es zwinge die verladende Wirtschaft dazu, in den Unternehmen hierfür spezielle Abteilungen einzurichten, was sich die kleinen und mittleren Unternehmen nicht leisten könnten. Cardo sieht darin einen der wesentlichen Gründe dafür, dass der Markt für Einzelwaggons in Frankreich zusammengebrochen ist. In Deutschland entfielen darauf jedoch mehr als 40 Prozent. Mit dem inzwischen weithin praktizierten Just-in-time-Prinzip zum Zwecke der Geringhaltung von Lagerbeständen sei die französische Zeitenvergabepraxis nicht vereinbar, bemängelt Pierre Cardo. Die Regierung drängt er dazu, hier für Abhilfe zur sorgen. Dies setze allerdings einen besseren Dialog zwischen denen voraus, die für die Fahrzeiten zuständig seien und jenen, die die Instandsetzungs- und Erneuerungsarbeiten im Bahnnetz durchführten. (jb)