Angesichts der unberechenbaren Zollpolitik der USA bessern sich aus Sicht des Wirtschaftsforschers Gabriel Felbermayr die Chancen für EU-Freihandelsabkommen mit anderen Ländern. „Europa kann sich positionieren als der Ort, wo man vertragstreu ist, wo man sich bekennt zu offenen Märkten“, sagte der Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) auf einer Veranstaltung der Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK).
Nicht nur das Mercosur-Abkommen mit Ländern Südamerikas sei praktisch unterschriftsreif, sondern auch Verhandlungen mit Indien und Australien seien fortgeschritten. Oft scheitere es an marginalen Partikularinteressen, sagte Felbermayr, der zuvor das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel leitete. Aktuell habe die EU 44 Freihandelsabkommen mit 76 Ländern.
Um die Wettbewerbsfähigkeit von Ländern wie Deutschland und Österreich zu stärken, forderte der DHK-Präsident Hans Dieter Pötsch einen merklichen Bürokratie-Abbau. „Wir brauchen eine echte Deregulierungs-Offensive. Weniger Papier, mehr Pragmatismus“, sagte Pötsch, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG und Vorstandsvorsitzender von Porsche ist.
Trotz zuletzt schwieriger Jahre seien Österreich und Deutschland füreinander weiter wichtige Handelspartner, hieß es bei der Jahrespressekonferenz der DHK. Bei den Exporten sei Österreich für Deutschland ähnlich bedeutend wie Großbritannien und Italien.
Deutschland habe 2024 Waren im Wert von 77,2 Milliarden Euro ins südliche Nachbarland exportiert, allerdings 5,7 Prozent weniger als noch im Jahr zuvor. Insgesamt sind nach Angaben der Handelskammer 4900 deutsche Unternehmen in Österreich tätig. Umgekehrt haben 2400 österreichische Firmen einen Standort in Deutschland.