Aufs und Abs besser managen

Probleme an der Rampe und Mengenschwankungen: Das sind zwei der größten Herausforderungen für Transport- und Logistikdienstleister. So gehört es für Stückgutspeditionen zum Alltag, dass das Sendungsvolumen von einer Woche auf die nächste um bis zu 40 Prozent nach oben oder nach unten schießen kann. Um solche Spitzen abfedern zu können, braucht es vor allem eines: Mitarbeiter. Das Problem ist nur: Die Mannschaft, die ein Spediteur in den vergangenen guten Jahren aufgebaut hat, könnte in Flaute-Zeiten zu groß sein. Und schlimmstenfalls steht das Unternehmen dann mit unterbeschäftigten Mitarbeitern da, die hohe Kosten verursachen. Personalabbau ist dann die naheliegende Variante, um Personalkosten zu sparten. Sinnvoller ist es, eine Personaldecke zu schaffen, die mit der Auftragslage des Unternehmens "atmet". Damit die Belegschaft stets zum Auftragsvolumen passt, braucht es gute Planung. Jeder Betrieb sollte ein Vorhersage-System haben. Bewährt hat sich, regelmäßig zu vergleichen, wie der Auftragseingang zur gleichen Zeit im Vorjahr ausgesehen hat. Wiederkehrende Hochs und Tiefs lassen sich so frühzeitig erkennen. Diese Zahlen müssen mit aktuellen Auftragsdaten aus dem Vertrieb ergänzt werden. So wird sichtbar, wann zu wenig Personal (Unterdeckung) und zu viel (Überdeckung) da ist. Einfache Trends lassen sich aus den Auswertungen der Buchhaltung oder des Steuerberaters ablesen, für genauere Prognosen braucht es spezielle IT. Wenn Aufträge plötzlich wegbrechen Hilfreich ist auch ein professionelles Abwesenheitsmanagement. Wer wann in den Urlaub geht, sollte in einem digitalen System schnell ersichtlich sein. "Das ist leider oft nicht der Fall", beobachtet Volker Johannhörster, geschäftsführender Gesellschafter des Personalsoftware-Anbieters P.L.I. Solutions in Verl. Seine Erfahrung: Viele Betriebe führen eine Excel-Liste, in der die Abwesenheitstage vermerkt sind. So müssen die Mitarbeiter mitunter lange warten, bis ihr Urlaubsantrag genehmigt wird, da ein Mensch per Hand die Daten einträgt. Besser: Eine Software für das Abwesenheitsmanagement anschaffen, die auch die Auftragsprognosen einbezieht. So wird verhindert, dass Mitarbeiter dann Urlaub haben, wenn ein Auftragshoch zu erwarten ist. Zudem werden Engpässe früher sichtbar, sodass mit dem Betriebsrat Gegenmaßnahmen ausgemacht werden können, etwa die Verdichtung der Arbeitszeit (Beispiel: Die Mannschaft arbeitet 45 statt 40 Stunden die Woche, damit mehr Kollegen in den Urlaub gehen können). Was aber tun, wenn die Aufträge überraschend einbrechen? "Bei Schwankungen nach unten sollte man als Erstes versuchen, Touren zusammenzulegen", sagt Michael Mlynarczyk, Geschäftsführer von MMK-Frachtdienste (siehe Kasten Seite 46). Sinkt das Sendungsvolumen, legt man hier zunächst Touren, die nicht ausgelastet sind, zusammen. Statt zum Beispiel zwei Fahrzeuge loszuschicken, die jeweils nur 50 Stopps machen (Durchschnitt sind 80 bis 100), werden die Sendungen konsolidiert, sodass ein Fahrzeug voll ausgelastet ist - und eines komplett stillgelegt oder als Springer woanders eingesetzt werden kann. Ein Fahrer kann dann in den Urlaub geschickt werden. "Es findet sich stets einer, der dazu bereit ist", weiß Mlynarczyk. Bewährt hat sich zudem die Einführung von Arbeitszeitkonten. Mitarbeiter, die in Hoch-Zeiten Überstunden aufbauen, können diese abbauen, wenn Flaute herrscht. In den meisten Tarifverträgen stehen Öffnungsklauseln, die solche schwankenden Wochenarbeitszeiten erlauben. Was simpel klingt, kann in der Umsetzung jedoch anspruchsvoll sein. "Wichtig ist, dass ein Jahresplan aufgestellt wird", rät Guido Zander, Geschäftsführer der SSZ Beratung, Feldkirchen, die auf Personaleinsatzplanung spezialisiert ist. Die Personalabteilung müsse sowohl die prognostizierte Auftragsentwicklung als auch die schon abgerufenen Arbeitszeiten im Blick behalten. "Sonst besteht zum Beispiel die Gefahr, dass schon im Oktober die ganze Jahreskapazität verbraucht ist", warnt Zander. Viele Betriebe setzen Teilzeitkräfte ein, um die Belegschaft je nach Auftragslage "atmen" zu lassen. Üblich ist dabei das Prinzip "auf Abruf": Den Mitarbeitern wird kurzfristig mitgeteilt, wann sie benötigt werden. "Das ist für die Menschen wenig attraktiv, weil die Planbarkeit fehlt", kritisiert Berater Zander. Er empfiehlt stattdessen ein sogenanntes Teilzeitflex-Modell: Die Mitarbeiter erhalten einen Jahresplan, in dem steht, an welchen Tagen sie in den nächsten zwölf Monaten eventuell arbeiten müssen, zum Beispiel an drei Tagen die Woche. Wie viele der Tage wirklich abgerufen werden, kann der Betrieb kurzfristig entscheiden. Wichtig ist, dass der Mitarbeiter die übrigen Tage garantiert frei hat und dann nicht überraschend für Schichten eingeteilt wird. Diese Sicherheit macht den Job attraktiver. "Unternehmen müssen Menschen mit unterschiedlichem Flexibilitätsgrad unterschiedliche Arbeitszeitmodelle anbieten", betont Zander. Zudem rät er, die durch die Teilzeitkräfte zur Verfügung gestellte Flexibilität zu belohnen, etwa, indem 70 statt nur 60 Prozent des Vollzeitlohns gezahlt werden. "Das ist billiger, als Vollzeitkräfte zu beschäftigen, die nicht komplett gebraucht werden." Sinnvoll: Software für Einsatzplanung Die beste Maßnahme, um Auftrags-Hochs und -Tiefs abzufedern, ist eine breite Kundenbasis. Wer sich auf eine einzige Branche konzentriert, legt alle Eier in ein Nest. Rutscht dieser Markt ab, reißt er den Dienstleister mit. Wer dagegen Kunden aus mehreren Branchen hält und (in Grenzen) verschiedene Produkte bietet, kann ein Minus an einer Stelle des Geschäfts woanders ausgleichen. "Dämpfend wirken sich auch Kooperationen aus", ergänzt Personalexperte Johannhörster. Arbeiten mehrere Firmen vor Ort zusammen, können sie sich - je nach Auftragslage - gegenseitig Mitarbeiter ausleihen. "Hier könnten gerade deutsche Firmen mehr tun", sagt er. Was die Personalplanung in der Logistik so schwierig macht, sind die vielen Nebenbedingungen: Lenk- und Ruhezeiten, Zulassungen der Fahrer für bestimmte Spezialtransporte... alles das im Blick zu behalten, ist schwer. Deshalb raten Experten zur Nutzung von spezieller Software für die Einsatzplanung. Die lohnt sich schon ab circa 20 Mitarbeitern, kostet in der Anschaffung zwischen 150 und 250 Euro pro Mitarbeiter (plus laufende Kosten) und amortisiert sich nach wenigen Monaten. "Oft kümmert sich eine Vollzeitkraft nur um die Personaleinsatzplanung, mit Software-Unterstützung dauert die Wochenplanung für 30 bis 50 Mitarbeiter maximal 15 Minuten", so Johannhörster. Wird die gesamte Personalverwaltung über ein zentrales System abgewickelt, besteht zudem die Möglichkeit, den Mitarbeitern einen direkten Zugriff darauf zu geben. Über ein Online-Selbstbedienungs-Portal können sie dann Urlaub beantragen oder Schichten selbstständig mit den Kollegen teilen. Mehr zum Thema im Dossier "Konjunktur" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Wer als Transport- und Logistikdienstleister nicht aufpasst, steht in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs schnell mit einer zu großen Mannschaft da. Plant er dagegen mit einer zu dünnen Personaldecke, kann ihn das schlimmstenfalls einen lukrativen Auftrag kosten, weil er ihn personell nicht stemmen kann. Abhilfe verspricht die "atmende" Personaldecke. Checkliste Personal- EinsatzplanungAuftrags-Hochs und -Tiefs sind in der Logistikbranche normal und treiben die Personalkosten hoch. Eine effektive Personal-Einsatzplanung kann Kosten senken. Eine Checkliste dazu finden VerkehrsRundschau-Abonnenten auf VR plus, dem digitalen Angebot des Wochenmagazins für Spedition, Transport und Logistik, unterwww.verkehrsrundschau.de/plus/personaleinsatzplanung