Rostock/Schwerin. Fehlende Mittel für den Straßenbau haben vor allem auf den Kreisstraßen in Mecklenburg-Vorpommern sichtbare Spuren hinterlassen. Rund ein Drittel dieser überörtlichen Verkehrswege befinden sich in schlechtem oder gar sehr schlechtem Zustand, ergaben Recherchen des NDR-Politikmagazins „Panorama 3” und der Rostocker „Ostsee-Zeitung” (Dienstag).
Wie die Umfrage unter Kreisen und kreisfreien Städte zeigte, ist der Sanierungsbedarf im Landkreis Rostock am größten. Dort seien rund 70 Prozent der Kreisstraßen betroffen, hieß es. Auch im Kreis Ludwigslust-Parchim fiel der Befund bedenklich aus. Allerdings hatten den Medienberichten zufolge nicht alle sechs Landkreise auf die Fragen geantwortet. Mit 4154 Kilometern machen Kreisstraßen im 10.000 Kilometer langen überörtlichen Straßennetz im Nordosten den größten Anteil aus.
Nach Ansicht von Jörg Schnell vom Landesbauverband rächen sich jahrelange Versäumnisse. „Wir haben immer eine kontinuierliche Straßensanierung angemahnt. Doch sind die erforderlichen Investitionen meist unterblieben, weil den Kreisen das Geld fehlte”, konstatierte der Verbandsgeschäftsführer. Doch spüre die Branche, dass die öffentliche Hand gewillt sei, wieder mehr zu tun.
Das Investitionsvolumen insgesamt sei im Vorjahr gegenüber 2016 um 11 Prozent gewachsen. Dazu habe auch der Straßenbau beigetragen, sagte Schnell. Die Auftragslage lasse für 2018 eine Fortsetzung des Trends erwarten. „Jetzt kommen alle: Kommunen, Kreise, Land und Bund. Der Investitionsstau lässt sich aber nicht in zwei Jahren beseitigen”, betonte der Verbandsgeschäftsführer.
Milliarden für die Sanierung
Um Straßen und Brücken herzurichten, sind nach Expertenschätzungen Milliarden erforderlich. Professor Berthold Best von der Technischen Hochschule Nürnberg bezifferte den Sanierungsbedarf für die etwa 2000 Kilometer desolate Kreisstraßen in Norddeutschland auf rund 3,9 Milliarden Euro. Weitere 3100 Kilometer befinden sich den Medienberichten zufolge in einem schlechten Zustand und bedürfen mittelfristig auch der Erneuerung.
Der Geschäftsführer des Landkreistage, Matthias Köpp, räumte den großen Nachholbedarf ein. Über Jahre hinweg sei aufgrund der schlechten Kassenlage nur ein Bruchteil der erforderlichen Summe in den Straßenbau geflossen. Steigende Steuereinnahmen der Kommunen hätten aber die Handlungsspielräume wieder etwas vergrößert. Einige Kreise hätten die Kreisumlage weniger stark gesenkt, um mehr Geld für Investitionen in Straßen zu haben.
Rolf Christiansen (SPD), Landrat von Ludwigslust-Parchim und Vorsitzender des Landkreistags, forderte in der „Ostsee-Zeitung” angesichts des immensen Bedarfs ein vom Land finanziertes „kommunales Straßenbauprogramm”. Das Verkehrsministerium verwies jedoch auf das Straßen-und Wegegesetz Mecklenburg-Vorpommerns, nach dem „die Landkreise als Baulastträger der Kreisstraße verantwortlich für Bau, Unterhaltung und Betrieb dieser Straßen” seien. (dpa)