Paris. Der in Frankreich geltende Mindestlohn von 9,61 Euro pro Stunde soll künftig auch für das Fahrpersonal ausländischer Transportunternehmen verpflichtend sein. Mit dieser Maßnahme will Paris die heimische Transportbranche gegen Sozialdumping durch bestimmte europäische Konkurrenten schützen. Ein entsprechendes Gesetz wurde vom Parlament im Rahmen der Beratungen über das „loi Macron“ zur Ankurbelung der französischen Wirtschaft auf den Weg gebracht. Danach sollen Lkw-Fahrer, die auf französischem Gebiet tätig werden, ähnlich wie in Deutschland denselben Arbeitsbedingungen und Tarifvereinbarungen unterworfen werden, wie sie für die eigenen Fahrer gelten. Dazu gehören nebem dem staatlich festgelegten Mindestlohn auch Urlaubsregelungen.
Laut dem Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) schließt der französische Gesetzesentwurf Transitverkehre allerdings von vornherein vom Anwendungsbereich aus.
Ausländische Transportunternehmen, die Fahrer nach Frankreich ohne die erforderlichen Nachweise entsenden, können nunmehr wegen illegaler Beschäftigungsverhältnisse belangt werden, erklärte Transportstaatssekretär Alain Vidalies. Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Regeln für die Entsendung von Arbeitern aus anderen Ländern im Bereich Straßengütertransport sei damit beendet. Dies gelte insbesondere für Kabotagefahrten, zitiert die Pariser Les Echos einen Branchenexperten. Ob die neue Auflage auch in Brüssel Bestand haben werde, bleibe abzuwarten. Das gemeinsame Vorgehen von Deutschland und Frankreich in dieser Frage werde jedoch ohne Zweifel bei der EU-Kommission für entsprechenden Druck sorgen, hieß es weiter.
Mit der geplanten Gesetzesänderung, mit der die Europäische Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern ausdrücklich auch auf den Straßengüterverkehr angewendet werden kann, würde die Sozialgesetzgebung Frankreichs definitiv auch für ausländisches Fahrpersonal, das auf französischem Staatsgebiet tätig ist, gelten. Die Anpassung sieht auch vor, dass ausländische Unternehmen einen Vertreter bennnen müssen, der als Verantwortlicher gegenüber den französischen Behörden fungiert. Ferner soll die Vorabmeldung einer Entsendung durch ein sogenanntes „Entsende-Zertifikat" ersetzt werden. Ähnlich wie nach dem deutschem Mindestlohngesetz gilt eine Auftraggeberhaftung. Der Empfänger haftet für die Zahlung des Mindestlohns der eingesetzten Dienstleister, ist dem Entwurf zu entnehmen.
Gesetz tritt nicht vor Mitte 2016 in Kraft
Die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs wird innerhalb der nächsten drei Monate erwartet. Sollte das Gesetz tatsächlich kommen, wird es jedoch voraussichtlich nicht vor Mitte 2016 in Kraft treten. Die großen Branchenverbände in Frankreich begrüßen zwar die Initiative der Regierung, sehen aber letztlich eine Lösung nur in einer EU-weiten Vereinheitlichung der sozialen Bedingungen.
Der DSLV begrüßt nach eigenen Angaben die Bestrebungen der EU-Mitgliedstaaten zur Angleichung der Sozialvorschriften in Europa. Nur so könne Wettbewerbsgleichheit für alle Marktteilnehmer hergestellt werden, hieß es in einer Mitteilung. Dies müsse aber in allen Staaten unter angemessener Beachtung der europäischen Dienstleistungsfreiheit einheitlich erfolgen. Nationale Alleingänge wie in Frankreich oder in Deutschland seien dagegen abzulehnen. „Soziale Errungenschaften in den Mitgliedstaaten dürfen nicht für offensichtliche protektionistische Absichten der Regierungen missbraucht werden”, betonte der Verband. (jb/sno)