Fehmarn. Eine neue Brücke, gar zwei oder doch ein Tunnel als neue Querung des Fehmarnsund? Reichlich verspätet hat in Deutschland die Debatte über den zwangsläufig notwendigen Ersatz für die alte Brücke vom deutschen Festland zur Ostseeinsel Fehmarn Fahrt aufgenommen. Wenn wie geplant spätestens 2022 der Tunnel zwischen Dänemark und Fehmarn fertig sein wird, dürfte der Verkehr zwischen Deutschland und Skandinavien deutlich zunehmen. Auch wenn die Gegner das Milliardenprojekt verdammen - für die Befürworter stehen bei den Fehmarnbelt Days in Kopenhagen am Dienstag und Mittwoch die Chancen einer stärker vernetzten ganzen Region im Vordergrund.
Auch der Kieler Regierungschef Torsten Albig (SPD) ist in Dänemarks Hauptstadt dabei, Umweltminister Robert Habeck von den Belt-Tunnel-skeptischen Grünen ebenfalls. Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) sieht in der wichtigen Skandinavien-Verbindung „die riesige Chance, dass der gesamte norddeutsche Raum zu einer Logistik-Drehscheibe in Nordeuropa wird“. Die feste Beltquerung bringe nicht nur Zeitvorteile. „Sie verbessert auch die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in Norddeutschland und in Südskandinavien“, sagt er.
Widerstand vor allem auf deutscher Seite
Doch vor allem auf deutscher Seite regt sich weiter Widerstand gegen einen 18 Kilometer langen Tunnel auf dem Ostseegrund. Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren. „Es ist unwahrscheinlich, dass 2015 bereits mit dem Bau der Querung begonnen werden kann“, sagt Malte Siegert von der Arbeitsgruppe Fehmarnbelt des Nabu. Der Naturschutzverband hat in seiner Einwendung auf zahlreiche formelle und materielle Fehler bei der Planung hingewiesen.
„Die deutsche Politik hat dem deutsch-dänischen Staatsvertrag 2008 nur aus diplomatischer Höflichkeit zugestimmt“, glaubt Siegert. Das zeige sich schon daran, dass Deutschland bei der Hinterlandanbindung nur das Notwendigste tue. „Deutschland hat sich bei dem Projekt von Dänemark über den Tisch ziehen lassen. Für ein völlig unbedeutendes Infrastrukturvorhaben muss der Bund angesichts erheblicher Kostensteigerungen mit wahrscheinlich rund 2,5 Milliarden Euro dreimal so viel zahlen wie ursprünglich geplant.“
Auch staatsrechtliche Fragen bleiben offen
Neben den ökologischen Argumenten setzen die Gegner vor allem auf die staatsrechtliche Ebene. „Ungeklärt ist, ob Dänemark eine deutsche Bundesstraße überhaupt privatisieren darf“, sagt Siegert. Um nichts anders handele es sich beim letzten Teilstück des Tunnels. „Denn die letzten drei Meilen vor Fehmarn sind deutsches Hoheitsgebiet.“ Es sei nicht klar, ob ein Staatsvertrag dies aushebeln kann. Geht es nach Siegert, wird sich später ein deutsches Gericht damit befassen. Für Minister Meyer sind derlei rechtliche Bedenken abwegig.
Einigkeit besteht darüber, dass eine neue Verbindung zwischen Fehmarn und Festland nötig ist. Denn die mehr als 50 Jahre alte Straßen- und Eisenbahnbrücke mit nur zwei Fahrspuren für Autos und einem Bahngleis droht künftig zum Nadelöhr zu werden. Nach Berechnungen der dänischen Planer werden nach der Eröffnung des Belt-Tunnels zunächst 8000 Lastwagen, Busse und PKW pro Tag zusätzlich über die Insel Fehmarn rollen. Fünf Jahre später sollen es etwa 10.800 Fahrzeuge sein.
Umweltschützer Siegert glaubt, die Bundesregierung sei nicht richtig interessiert an dem Projekt. „Wäre das der Fall, würde sie die Fehmarnsundbrücke für den Bahnverkehr ertüchtigen und einen Tunnel für Autos und LKW bauen.“ Tatsächlich kündigte jüngst das Bundesverkehrsministerium den Bau von zwei neuen Brücken über den Fehmarnsund an - bis 2025, also drei Jahre nach der möglichen Eröffnung des Belttunnels.
Auch von Denkmalpflegern und Anliegern wurden Forderungen nach einem Tunnel zwischen Fehmarn und Festland laut. Schon jetzt ist die Insel bei wetterbedingten Sperrungen der bestehenden Brücke immer wieder zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten. Das weiß auch Verkehrsminister Meyer. Alternativen wie ein Sund-Tunnel dürften nicht zu schnell verworfen werden, mahnt er in Richtung Berlin. (dpa)