Verkehrspolitische Orientierung

Nicht nur das "Woher" wird momentan heiß diskutiert, auch beim "Wohin" ist man sich durchaus uneinig. Es geht - worum auch sonst - um Geld. Und zwar um die Finanzen für die Verkehrsinfrastruktur. Hier sei man nicht so nahe beieinander, wie sie gedacht habe, gab die parlamentarische Staatssekretärin und Koordinatorin der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik, Dorothee Bär (CSU), nach einer Podiumsdiskussion im Rahmen der 4. Nationalen Konferenz für Güterverkehr und Logistik in Potsdam zu. Am Vorabend hatte CSU-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt den Teilnehmern noch seinen 5-Punkte-Plan erläutert, mit dem er bis 2018 jährlich 4,5 Milliarden Euro zusätzliche Mittel für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur heben möchte: die Verstetigung des Fünf-Milliarden-Pakets, eine ausgedehnte Nutzerfinanzierung, eine 3. Staffel von ÖPP-Maßnahmen, Erhalt vor Neubau, das Setzen von Prioritäten. Insbesondere die Finanzierung der Infrastruktur über ÖPP-Projekte fand am nächsten Tag während der Nationalen Konferenz nicht nur Zustimmung. "ÖPP ist keine Finanzierungsvariante, es ist eine Beschaffungsvariante. Das wird in der öffentlichen Diskussion - und auch vom Bundesverkehrsminister - durcheinandergebracht", äußerte sich beispielsweise Stephan Kühn, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Außerdem gehe es bei ÖPP nur um Aus- und Neubau der Verkehrsinfrastruktur, das bringe das Bestandsnetz nicht voran, so Kühn. Damit schnitt er den zweiten großen Diskussionspunkt der Veranstaltung an: Was tun mit dem Geld? Man setze falsche Prioritäten, erklärte Kühn. Statt das Loch im Dach zu flicken, baue man weiter an der Terrasse, setzte er den Vergleich mit der Verkehrsinfrastruktur an und zielte damit auf den Bundesverkehrswegeplan. Seine Kritik: Erhalt vor Neubau finde nur in den Sonntagsreden statt. Bei den von den Ländern angemeldeten Projekten gehe es vor allem um Neubau. Von den fünf Milliarden Euro zusätzlicher Finanzmittel für diese Legislaturperiode würden 3,5 Milliarden in den Aus- und Neubau fließen. "Und hier auch nicht ins Kernnetz zur Engpassbeseitigung, sondern oft für Ortsumgehungen", erklärte er. Der Bundesverkehrswegeplan sei kein Finanzierungskonzept, er zeige Dringlichkeiten und gebe einen Überblick, was gebraucht werde, äußerte sich Bär dazu. Dass es mittlerweile bei den Haushältern eine Sensibilität gebe, dringend Finanzmittel für die Verkehrsinfrastruktur bereitzustellen, machte Eckhardt Rehberg (CDU) deutlich. "Wir Haushälter haben uns versprochen, wenn Geld übrig ist, werden wir es in die Verkehrsinfrastruktur stecken", erklärte er als Mitglied des Haushaltsausschusses des Bundestags. Es sei mittlerweile in allen Fachbereichen und Parteien bekannt, dass der Verkehrshaushalt die meiste Finanzierung benötige, so auch die Erfahrung von Bär. "Das war jahrelang kein Common Sense unter den Haushältern", so die Staatssekretärin. Keine Budgetstreichungen Darüber, dass zusätzliche Einnahmen durch die Nutzerfinanzierung in die Verkehrsinfrastruktur fließen sollen und nicht durch Budgetabbau kompensiert werden, war man sich in Potsdam einig. "Wenn man Nutzerfinanzierung erhebt und den Haushalt streicht, bringt uns das nicht weiter. In dieser Debatte sind wir viel weiter gekommen als in den letzten Jahren", äußerte sich Sören Bartol von der SPD-Fraktion. Ob es durch die zusätzlichen Finanzmittel mehr Spielraum für die Projekte des Aktionsplans Güterverkehr und Logistik gibt, wird sich zeigen. Ihn weiterzuentwickeln, unter anderem mit einer Strategie zum sauberen, energieeffizienten Gütertransport, sieht der Koalitionsvertrag vor. "Es gab im Haus noch nie ein so starkes Einbeziehen des grünen Gedankens", äußerte sich dazu Dorothee Bär. Sie stellte in Aussicht, dass man bis Ende des Jahres den Aktionsplan erstellt habe. Momentan schreibe man an dem Konzept, erläuterte Bär, die sich von der Nationalen Konferenz Anregungen für den Aktionsplan erhoffte. Er soll immerhin "eine verkehrspolitische Orientierung in dieser Legislaturperiode sein", so Bär. Kommentar Viel blieb unausgesprochen Während der Nationalen Konferenz rauschten zwei Meldungen in die Smartphones der Teilnehmer: zum einen die Halbzeitbilanz des Feldversuchs Lang-LKW, zum anderen die wahrscheinliche Verlängerung des Mautvertrags. Über beides hatte Bundesverkehrsminister Dobrindt am Vorabend in seiner Rede vor den Teilnehmern der Konferenz kein Wort verloren. Die hätten es begrüßt, wenn er zumindest die Halbzeitbilanz für den nächsten Tag angekündigt hätte. Dann hätte die Ministerrede wenigstens einen neuen Aspekt enthalten. Mehr Perspektiven wären auch am nächsten Tag willkommen gewesen. Fanden sich die Themen der Verkehrsträger abseits der Straße in den Diskussionen doch kaum repräsentativ wieder.Kontakt: birgit.bauer@springer.comBirgit Bauer Chefredakteurin

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