Lübeck. Mehrere Hafen- und Umschlagarbeiter des insolventen Hafenbetriebsvereins Lübeck (HBV) haben bei einem Rechtsstreit über ihre berufliche Zukunft einen Teilerfolg erzielt. Vor dem Arbeitsgericht Lübeck haben 128 Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis mit der städtische Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) geltend gemacht. 22 Klagen wurde nun erstinstanzlich stattgegeben. Das Gericht gestand den HBV-Mitarbeitern zudem einen vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Die LHG will gegen das Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein einlegen und damit verhindern, dass es rechtskräftig wird.
Die LHG hatte nach Angaben der „Lübecker Nachrichten“ jahrelang Mitarbeiter des HBV ausgeliehen, um Arbeitsspitzen abzufedern. Doch der Hafenbetriebsverein habe keine Erlaubnis für eine Arbeitnehmerüberlassung gehabt. Deshalb ist nach deutschem Arbeitsrecht automatisch ein Arbeitsverhältnis der ausgeliehenen HBV-Leute zur LHG entstanden. Erst seit 6. Dezember 2013 hatte der Hafenbetriebsverein eine Erlaubnis, Arbeiter auszuleihen. Für die ehemaligen Leiharbeiter bestehe nun eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung, berichteten die „Lübecker Nachrichten“.
Die LHG will in intensiven Gesprächen mit der Gewerkschaft Verdi – neben dem angestrebten Sanierungstarifvertrag – an einer systematischen Lösung auch für die betroffenen HBV-Beschäftigten arbeiten. Insofern reagiert die LHG mit Unverständnis auf die Urteile. Sebastian Jürgens, Geschäftsführer der LHG, merkt an: „Es war allen Beteiligten jederzeit bewusst, dass eine Lösung nur mit der Gewerkschaft und nicht in 128 Einzelprozessen zu erreichen sein wird. Dies muss nun zeitnah geschehen und ist auf jeden Fall besser als jegliche Regelung auf gesetzlicher Basis.“
Situation verschärft sich
Folgt die nächste Instanz der Entscheidung des Lübecker Arbeitsgerichts, könnte die Zahl der Hafen- und Umschlagarbeiter bei der LHG nach Angaben der „Lübecker Nachrichten“ enorm ansteigen: von derzeit 300 um voraussichtlich fast 150 auf 450. Laut dieser Zeitung wird davon ausgegangen, dass die weiteren gut hundert Fälle vom Arbeitsgericht Lübeck ähnlich entschieden werden. Die ohnehin schon brenzlige Lage der LHG würde sich dadurch weiter verschärfen. Für 2016 wird demnach von 6,84 Millionen Euro Defizit im LHG-Konzern ausgegangen, schreiben die „Lübecker Nachrichten“.
Das Amtsgericht Lübeck hatte am 1. August 2016 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Hafenbetriebsvereins Lübeck eröffnet. Gemeinsam mit dem Betriebsrat und den übrigen Beteiligten wurde anschließend nach einem Weg gesucht, die strukturellen Probleme zu lösen. Der Verein, an dem nach Angaben der Gewerkschaft Verdi acht Hafenbetriebe beteiligt sind, beschäftigt 153 Arbeiter. Die meisten von ihnen werden beim größten Betreiber, der teilprivatisierten LHG eingesetzt. Die hatte in den vergangenen Monaten mehrere Großkunden verloren. (ag/dpa)