Nachdem das Bundeskabinett die Verabschiedung des sogenannten „Wachstumschancengesetzes“, einem geplanten Steuerpaket, mit dem Unternehmen entlastet werden sollten, verschoben hat, gab es scharfe Kritik seitens der Wirtschaft.
Die Wirtschaft in Deutschland werde „von existenziellen Standortsorgen und Unsicherheiten geplagt und bewegt sich seit drei Quartalen im Bereich einer Rezession“, sagte Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK). Das vorläufige Scheitern des Wachstumschancengesetzes bezeichnete er als daher als „das komplett falsche Signal für das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort“. Es scheine, dass „die Ampelkoalition den Ernst der Lage nicht erkennt“, so Gößl weiter. Ein neuer Anlauf sollte nun möglichst bald passieren und der Entwurf dabei noch deutlich verbessert werden, den die Resilienz-Reserven der Wirtschaft sind in vielen Branchen bereits ausgeschöpft“, mahnte er.
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe, sagte: „Das heutige Veto ist unverantwortlich. Was jeder weiß, sollte sich langsam im Kabinett rumgesprochen haben: Bevor etwas verteilt werden kann, muss es erwirtschaftet und erarbeitet werden. Einen starken Sozialstaat gibt es nicht ohne ein starkes wirtschaftliches Fundament. Einige am Kabinettstisch haben den Schuss wohl noch nicht gehört. Entgegen allen anderen wesentlichen Industrieländern rutschen wir weiter in Richtung Rezession. Es droht ein Wohlstandsverlust.“
Familienministerin Paus verweigert Zustimmung
Nach übereinstimmenden Medienberichten hatte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) im Kabinett ihre Zustimmung für das Wachstumschancengesetz von Finanzminister Christian Lindner (FDP) verweigert. Sie habe zuerst die Zusage höherer Mittel für die von ihr geplante Kindergrundsicherung gefordert und deswegen im Kabinett einen sogenannten Leitungsvorbehalt eingelegt. Eine geplante Pressekonferenz Lindners zum Wachstumschancengesetz für den Nachmittag wurde abgesagt.
„Die vorgesehenen steuerlichen Entlastungen hatten einiges Potenzial, Wachstumsanreize zu geben und an manchen Stellen die Steuerbürokratie für die Betriebe zu verringern“, so die Einschätzung von BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl, der warnte: „Das Vertrauen, dass die Bundesregierung eine echte wirtschaftspolitische Reformagenda wie zuletzt vor zwanzig Jahren auf den Weg bringt, bröckelt Tag für Tag. Die Folge ist, dass immer mehr Investitionen ins Ausland verlagert werden.“
Gößl appellierte an die Bundesregierung, bei Energiepolitik, Arbeitskräftemangel, Steuerentlastungen und Bürokratieabbau generell mehr Tempo zu machen.