München. Der Paragraf 13 zur verschuldensunabhängigen Auftraggeberhaftung im Mindestlohngesetz (MiLoG) bereitet Spediteuren und Verladern derzeit Sorgen. Er besagt, dass ein auftraggebender Unternehmer wie ein Bürge haftet, falls einer der Auftragnehmer seinen Leuten den flächendeckenden Mindestlohn vorenthält. Das bedeutet, ein Arbeitnehmer, der unter 8,50 Euro bekommen hat, kann wählen, ob er seine Mindestlohnansprüche gerichtlich gegenüber seinem Arbeitgeber geltend macht oder sich an den beziehungsweise die auftraggebenden Unternehmer wendet. Dies geht sogar drei Jahre rückwirkend.
Mustervereinbarung gibt Sicherheit
Benjamin Sokolovic, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Hannover und Referent des MiLoG-Praxisseminars am 15. Januar 2015, hat der VerkehrsRundschau deshalb ein Musterschreiben zur Verfügung gestellt, das das neue Haftungsrisiko minimiert. Es weist auf die Pflichten hin, die mit Inkrafttreten der gesetzlichen Lohnuntergrenze zum 1. Januar 2015 gelten. Weiterhin verpflichtet sich der Auftragnehmer damit, den Auftraggeber von dessen Haftung für Ausgleichsansprüche auf Mindestlohn im Innenverhältnis freizustellen. „Es können natürlich Klauseln etwa zu Vertragsstrafen, Kündigungsmöglichkeiten, Vorlage- oder Dokumentationspflicht hinzugefügt werden“, erklärt der Jurist.
Umgekehrt ließe sich der Passus, wonach der Auftragnehmer einen anderen Auftragnehmer nur nach vorheriger Zustimmung des Auftraggebers engagieren darf, auch streichen, sofern dieser den Geschäftsalltag unnötig verkompliziere oder schlichtweg praktisch nicht umsetzbar sei. Jeder Spediteur und Verlader müsse genau abwägen, wie streng er die künftigen Anforderungen an seine Subunternehmer formuliert, um sich gegen finanzielle Forderungen abzusichern, sagt Sokolovic. „Einerseits gilt es, die Haftungsrisiken zu beschränken, andererseits die Kunden nicht übermäßig mit seitenlangen Vereinbarungen zu verschrecken.“
Schuldner müssen sich untereinander einigen
Vermeiden lasse es sich nicht, dass einer in der Auftragskette für den vorenthaltenen Mindestlohn aufkommen müsse, betont Sokolovic. „Das heißt, ein Ausschluss der gesetzlichen Bürgenhaftung im Speditions-, Fracht-, Lager- oder Logistikvertrag wie auch eine Verzichtserklärung der Arbeitnehmer sind unwirksam.“ Auch könne der „unterbezahlte“ Arbeitnehmer hinsichtlich der Differenzvergütung nicht zuerst an seinen Arbeitgeber verwiesen werden. Wer den Nettoentgeltersatz leisten muss, kann aber wiederum den Subunternehmer, der seinem Mitarbeiter unter 8,50 Euro bezahlt hat, in Regress nehmen. Hierbei spricht man von einem Ausgleich im Innenverhältnis, also unter den Schuldnern.
Das Bundesarbeitsministerium hält eine Freistellungsvereinbarung in diesem Zusammenhang für zulässig. Diese gelte aber nur, wenn die darin enthaltenden Klauseln mit geltendem Recht übereinstimmen, was im Einzelfall zu beurteilen sei. Und ein solches Schriftstück hilft nur als Absicherung gegen die zivilrechtliche Durchsetzung der gesetzlichen Lohnuntergrenze durch Fremdpersonal, wenn der Auftraggeber seine Auftragnehmer vorher sorgfältig ausgewählt und deren Angebote auf Plausibilität geprüft hat. Wenn sich ein Spediteur oder Verlader gegen die finanziellen Folgen der Bürgenhaftung versichern will, ist eine Freistellungsvereinbarung neben den anderen oben genannten Maßnahmen übrigens Voraussetzung.
Die Mustervereinbarung gibt es als PDF-Datei zum Download unter: www.verkehrsrundschau.de/dokumente. (ag)