Wird eine Kündigung dem Ehepartner außerhalb der ehelichen Wohnung übergeben, so gilt sie als noch am selben Tag zugestellt – jedenfalls wenn zu erwarten ist, dass der Partner abends in die gemeinsame Wohnung zurückkehrt. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Falle einer Arbeitnehmerin entschieden, der nach einem Streit gekündigt worden war. Ihr Arbeitgeber ließ das Kündigungsschreiben ihrem Ehemann durch einen Boten überreichen – und zwar an dessen Arbeitsplatz in einem Baumarkt. Kündigungstermin war der Monatsletzte. Die Klägerin forderte nun ein weiteres Monatsgehalt, da ihr Mann das Schreiben liegengelassen und erst am nächsten Tag mitgebracht habe. Die Kündigung sei daher erst zum Ende des folgenden Monats wirksam geworden.
Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage nicht statt. Es komme für den Zugang der Kündigung auf den Moment an, in dem das Schreiben in den sogenannten „Machtbereich" des Empfängers gelange. Das sei der Moment, in dem mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist. Für den konkreten Fall sahen die Richter den besagten Abend als diesen Moment an, und nicht erst den darauffolgenden Tag. Entscheidend war nach Aussage der Richter, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin zu rechnen war.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 9. Juni 2011
6 AZR 687/09