Düsseldorf. Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen plant eine Verschärfung der Fahrpersonal-Verordnung (FPersV). Verlader und Logistikdienstleister sollen mehr in die Pflicht genommen werden darauf zu achten, dass die beauftragten LKW-Transporteure die Vorschriften der Verordnung zu den Lenk- und Arbeitszeiten einhalten beziehungsweise einhalten können. Außerdem sollen die Aufzeichnungspflichten im Arbeitszeitgesetz verschärft werden. Diese Pläne hatte NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) bereits im August im Interview mit der VerkehrsRundschau angekündigt, nun wurden sie konkretisiert.
Vorlage für Ministerkonferenz Ende November
Wie das Ministerium der VerkehrsRundschau mitteilte, werde dazu gerade eine Vorlage für die Arbeits- und Sozialministerkonferenz vorbereitet, die bereits am 26. und 27. November stattfinden wird. Bei den in nächster Zeit anstehenden Rechtsänderungen sollen dann über den Bundesrat die entsprechenden Änderungsvorschläge eingebracht und der Bundesregierung vorgelegt werden.
Paragraf 20a der FPersV soll verschärft werden
Zielrichtung der Gesetzesänderungen sei ein Konkretisierung der Vorschriften des Paragrafen 20a Abs. 2 der FPersV, die die Mitverantwortung der Hauptauftragnehmer für die Vorschriftentreue beauftragter Subunternehmer betrifft. Auf Nachfrage der VerkehrsRundschau betonte eine Ministeriumssprecherin, dass die beabsichtigten Änderungen im Fahrpersonalrecht unter anderem zum Ziel haben, dass es der Aufsichtsbehörde künftig im begründeten Einzelfall möglich sein soll, jeden der Beteiligten in die Pflicht zu nehmen, seiner Mitverantwortung gerecht zu werden. Dies schließe auch die Verlader ein, die laut § 20a Abs. 2 der Fahrpersonal-Verordnung grundsätzlich auch eine Mitverantwortung für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten haben. „Diese ist jedoch nicht weiter konkretisiert und die Behörden haben gegenüber den Beteiligten der Beförderungskette nur eingeschränkte Aufsichtsbefugnisse“, so das Ministerium.
Betroffen wären damit von der Verschärfung nicht nur die Paketdienste (in der Regel Hauptauftragnehmer), sondern auch die Online-Versandhändler (in der Regel Verlader). Paketdienste und Online-Händler waren nach den Kontrollen bei Paketdiensten im vergangenen Sommer in die Kritik geraten, die Sozialvorschriften bei den von Ihnen beauftragten Subunternehmen nicht genügend zu kontrollieren beziehungsweise bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen
Online-Handel fühlt sich nicht betroffen
Die Online- und Versandhändler fühlen sich von der geplanten Verschärfung der Fahrpersonalverordnung auch auf Nachfrage der VerkehrsRundschau indes nicht angesprochen. „Der Handel ist von der auch durch Herrn Minister Guntram Schneider in Aussicht gestellten Reform nicht betroffen. Insofern wird hier ein Bedarf zur Stellungnahme nicht gesehen“, teilte Rechtsanwalt Sebastian Schulz vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) auf wiederholte Anfrage mit.
BIEK sucht Gespräch mit Minister
Der Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK), der die Interessen der großen privaten Paketdienste vertritt, sieht den geplanten Maßnahmen kritisch entgegen, hat aber dem NRW-Arbeitsminister in einem Brief eine Zusammenarbeit angeboten, um im Detail mögliche Änderungen zu besprechen. „Bedauerlicher Weise hat sich das Ministerium bisher nicht bei uns gemeldet“, teilte BIEK-Geschäftsführer Marten Bosselmann gegenüber der VerkehrsRundschau mit.
Verschärfung der Aufzeichnungspflichten
Neben der FPerV strebt NRW auch eine Verschärfung der Aufzeichnungspflichten im Arbeitszeitgesetz an, wie das Ministerium mitteilte. „Die Unternehmen sollen zukünftig die gesamten Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten erfassen und nicht nur die Zeiten, die über die normal zulässigen täglichen Arbeitszeiten hinaus gehen“, heißt es aus Düsseldorf. Anscheinend sollen damit nicht nur die Lenkzeiten, sondern auch die Be- und Entladezeiten von den Transportunternehmen erfasst werden.
BdKEP beklagt Bürokratieaufwand
Der Bundesverband der Kurier und-Express-Postdienste (BdKEP) sieht diese geplante Verschärfung sehr kritisch und hält sie für praxisfern. „Es wäre ein riesiger Bürokratieaufwand, der unverhältnismäßig hoch wäre“, sagt BdKEP-Vorsitzender Andreas Schumann. Das Ministerium sieht das Argument „bürokratische Belastung“ der Firmen indes für nicht haltbar. Der Arbeitgeber müsse die Arbeitszeitaufzeichnungen für geringfügig Beschäftigte (§ 8 Abs. 1 SGB IV) und ab 2015 in vielen Branchen nach dem neuen Mindestlohngesetz sowieso führen und bereithalten. „Da diese Aufzeichnungen dann aber nur der Zollverwaltung zugänglich sind, bedarf es der Änderung des Arbeitszeitgesetzes, um auch den Arbeitsschutzverwaltungen diese Informationen zugänglich zu machen“, erläutert die Ministeriumssprecherin die geplante Gesetzesänderung.
Weitere Betriebsprüfungen bei 70 Unternehmen
Hintergrund der beiden vom nordrhein-westfälischen Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) initiierten Gesetzesverschärfungen ist eine im Sommer durchgeführte Kontrollaktion bei 22 Paketverteilzentren in Nordrhein-Westfalen. Wie das Ministerium mitteilte, sind aufgrund der Überprüfungen bei über 70 der 131 überprüften Paketzusteller weitere Betriebskontrollen geplant. (ak)
Einen ausführlichen Bericht zum Thema „Heutige und künftige Pflichten der Verlader bei LKW-Transporten“ lesen Sie in der VerkehrsRundschau 42/2015, Seite 32, die am 17. Oktober erscheint und als E-Paper bereits am 16. Oktober ab 16 Uhr unter www.verkehrsrundschau.de/epaper verfügbar ist.