Technik soll den Fahrer nicht ersetzen

Der Future Truck 2025, von dem Sie uns zum Gespräch das erste Foto mitgebracht haben, nimmt auf dem Daimler-Stand auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover einen herausragenden Platz ein. Was möchten Sie mit dem Fahrzeug zeigen? Wir haben den Future Truck 2025 vor einigen Wochen in Magdeburg vorgestellt, um zu zeigen, dass wir das Thema autonomes Fahren beim LKW schon heute technisch realisieren können. Dabei stehen für uns die drei Themen Effizienz, Sicherheit und Connectivity - Vernetzung - im Vordergrund. Das Fahrzeug in Hannover basiert übrigens auf dem gleichen Rahmen wie das in Magdeburg, hat aber einen anderen Aufbau. In Magdeburg hatten wir Exterieur und Interieur noch nicht vorgestellt. Jetzt zeigen wir es. Ich finde es phänomenal, außen wie innen. Wie war die Resonanz auf die Präsentation in Magdeburg? Der selbstfahrende LKW hat die unterschiedlichsten Reaktionen hervorgerufen - fast ausschließlich positive. Die Vorteile liegen auf der Hand. Mit autonom und vernetzt fahrenden LKW schaffen wir einen homogenen Verkehrsfluss und sparen so eine Menge Kraftstoff und Emissionen. Transportzeiten werden kalkulierbarer und Aggregate der beteiligten LKW werden durch gleichmäßige Fahrweise geschont. Zudem sehe ich einen großen Vorteil durch die intelligente Kombination der unterschiedlichen Assistenzsysteme. Dazu müssten die Fahrzeuge aller Hersteller miteinander und mit der Infrastruktur kommunizieren. Schätzen Sie es als realistisch ein, dass sich so ein Szenario in zehn Jahren verwirklichen lässt? Zunächst einmal fährt unser Future Truck autonom - er muss nicht mit anderen vernetzt sein. Die Geschichte des Automobils hat gezeigt, wenn wir uns hehre Ziele setzen und hart daran arbeiten, kommen wir schneller voran als man sich das vorstellt. Die Innovationszyklen werden immer kürzer und die Technologieentwicklungen kurzfristiger. Die Technologie für das autonome Fahren ist Realität, wir haben es vor knapp drei Monaten in Magdeburg bewiesen. In etwa zehn Jahren wird die Technologie ausgereift sein. Was aber viel wichtiger ist, dass die gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen für autonomes Fahren gelegt werden. Die Potenziale sind enorm, beispielsweise um auf Zwischenfälle zu reagieren und Fahrzeuge umleiten zu können oder dem Fahrer die Möglichkeit zu geben, in monotonen Fahrsituationen zu entspannen. Außerdem lässt sich durch die Vernetzung die Verfügbarkeit des Fahrzeugs wesentlich erhöhen. Ich kann Service-, Reparatur- und Wartungsprozesse ganz anders steuern. Die Werkstatt weiß, wann sie welches Bauteil braucht. Davon sind wir heute noch weit weg, bis jetzt gibt es nur einige Features, die ansatzweise in diese Richtung gehen. Führt das zu Effizienzverbesserungen bei den Transportunternehmern? Wir werden die Total Cost of Ownership, also TCO - die Gesamtbetriebskosten, sowie die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit unserer LKW optimieren. Die Fahrzeuge können fast rund um die Uhr im Einsatz sein. Von dieser Kommunikationsfähigkeit und was daraus abgeleitet werden kann, mit welchen Schnittstellen wir arbeiten werden, das kann ich Ihnen heute auch noch nicht im Detail sagen. Die Fahrer äußern immer wieder Befürchtungen, sie würden durch die viele Technik bevormundet. Ich verstehe die Fahrer. Unsere Zielsetzung ist es jedoch, dem Fahrer die Möglichkeit zu geben, in monotonen Situationen zu entspannen. Damit möchten wir ihn entlasten. Wir wollen keinesfalls auf den Fahrer verzichten. Aber in eintönigen Fahrsituationen lässt die Aufmerksamkeit nach. Hier wollen wir den Fahrer unterstützen und so die Sicherheit erhöhen. Ein weiteres Ziel ist, das Berufsbild des Fahrers aufzuwerten. Er kann während des autonomen Fahrens auch andere Tätigkeiten übernehmen. Es gibt hier noch spannende Fragen, die beantwortet werden müssen. Zum Beispiel auch, was die Lenk- und Ruhezeiten betrifft. Hier sind Politik und Wirtschaft gefordert. Und die Gesellschaft wird meinungsbildend eine wichtige Rolle spielen - das hat das Beispiel Lang-LKW deutlich gezeigt. In Magdeburg bei der Vorstellung haben wir nicht nur die Fachwelt informiert, sondern auch die Publikumspresse. Wir haben zum ersten Mal gezeigt, welches Potenzial und welche Möglichkeiten im autonomen Fahren im Fernverkehr stecken. Neue Technologien sind in der Vergangenheit oft auf eine gewisse Skepsis gestoßen. Aber nach einer gewissen Zeit haben sie sich durchgesetzt. Ihre Vorteile wurden erkannt und akzeptiert. Ich verstehe die Diskussionen, die ausgelöst worden sind. Aber wir als Mercedes-Benz Trucks wollen natürlich mit einer offenen und breit angelegten Kommunikation - wie wir sie jetzt gestartet haben - die Öffentlichkeit auf diese Entwicklungen vorbereiten. An welchen weiteren Themen arbeitet Mercedes-Benz Trucks aktuell? Wir haben im vergangenen Jahr 165.000 LKW verkauft. Hier steckt noch Potenzial. Wir arbeiten daran, unseren Marktanteil auszubauen und werden dazu um jeden Auftrag kämpfen. Wie wollen Sie das realisieren? Die bisher als Wachstumsmärkte identifizierten Länder wie Russland und Brasilien sind laut VDA-Zahlen stark rückläufig. Man muss deutlich zwischen einer kurzfristigen und einer mittel- und langfristigen Prognose unterscheiden. Fest steht, dass China immer noch ein Wachstumsmarkt ist. Bei den Fahrzeugen über sechs Tonnen werden heute bis zu einer Million LKW pro Jahr abgesetzt. Brasilien und Russland werden langfristig wachsen, das ist keine Frage. Indien steckt in der Krise. Aber auch dort sind sich die Experten einig, der LKW-Markt hat Potenzial. Das heißt, auch wir werden zukünftig in diesen Märkten unsere Verkaufszahlen steigern können. Ein anderer Aspekt ist, dass wir uns vor zehn Jahren dazu entschlossen haben, ein komplett neues Produktportfolio einschließlich des gesamten Antriebsstrangs auf die Straße zu bringen. Dafür haben wir vier Milliarden Euro investiert. Wir sind der einzige LKW-Hersteller, der sein komplettes Produktsortiment vollständig neu aufgebaut hat. Unsere Verkaufszahlen zeigen, unsere Produkte überzeugen - wir schaffen damit in bestehenden Märkten eine noch höhere Penetration. Aber auch in diesen Ländern nimmt die Kompetenz, was den LKW-Bau betrifft, zu. Wie stellt sich die Wettbewerbssituation künftig dar? Ich bin ein großer Freund von Wettbewerb. Er belebt das Geschäft und treibt die eigene Leistungsfähigkeit voran. Wenn wir keinen Wettbewerb hätten, bestünde die Gefahr, sich zurückzulehnen. Wenn wir weiter hart an und für unsere Produkte arbeiten, werden wir unseren Wettbewerbsvorsprung sicher halten können und in den angestammten Kernregionen Marktführer bleiben. Zudem gehört zum LKW-Verkauf auch ein entsprechender Service. Darin liegt auch ein entscheidender Wettbewerbsvorsprung. Auf der IAA präsentiert ein koreanischer Hersteller einen leichten LKW. In Asien verkauft der auch schon schwere Nutzfahrzeuge. Das Fahrzeug ist nicht schlecht und der Hersteller hat im PKW-Bereich bereits bewiesen, was er kann. Wir beobachten das sehr genau. Ich weiß, welche Leistungsfähigkeit in den asiatischen Herstellern steckt. Schließlich habe ich selbst in Japan gelebt und gearbeitet. Es wäre fatal, die Anstrengungen der asiatischen Hersteller nicht ernst zu nehmen. In welchen Märkten wollen Sie Ihre Aktivitäten noch erhöhen? Handlungsbedarf haben wir beispielsweise in China. Zwar sind wir dort sehr erfolgreich. Aber wir könnten noch mehr erreichen. Der Markt für die europäischen Marken - also für moderne LKW - ist dort noch relativ klein. Wir setzen in China pro Jahr zwischen 3000 und 6000 Mercedes-Benz-LKW ab. Der Markt in China für moderne, importierte LKW wird unserer Meinung nach deutlich wachsen. Und daran werden wir partizipieren. Weiterhin möchten wir auf unserem größten Einzelmarkt, Brasilien, weiter wachsen und wieder Marktführer werden. Das ist unser erklärtes Ziel. Auf welche Produkte setzen Sie bei Mercedes-Benz Trucks? Wir haben den Actros, den Antos und den Arocs von Grund auf neu entwickelt. Den Atego haben wir ebenfalls rundum erneuert und mit einem neuen Antriebsstrang Euro-6-fähig gemacht. In Bezug auf Euro 6 gab es bereits bei meinem Amtsvorgänger die Diskussion, was machen wir mit den Baureihen Unimog und Econic. Wir haben entschieden, auch diese beide Fahrzeugfamilien in der Abgasnorm Euro 6 weiterzuführen. Und was kommt Neues? Wir haben sehr erfolgreich das Predictive Powertrain Control - kurz PPC - eingeführt. Als weltweit erster GPS-Tempomat greift PPC zusätzlich zur reinen Geschwindigkeits- und Bremsregelung auch in die Getriebesteuerung ein. Diese Assistenz für den Fahrer spart zusammen mit Fleetboard rund 15 Prozent Kraftstoff. Das zeigt, dass wir in puncto Total Cost of Ownership einen großen Fortschritt erzielt haben. Mit einer Verbaurate von anfangs 30 und jetzt aktuell 65 Prozent konnten wir unser Ziel übererfüllen. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Einbau der Assistenzsysteme, die für mehr Sicherheit sorgen? Das Thema hat in den letzten zehn Jahren unglaublich an Fahrt gewonnen. Die Industrie kann den Kunden die Technologien schnell und zuverlässig anbieten. Sie haben kürzlich den Toten-Winkel-Assistenten vorgestellt. Wann ist der serienreif? Wir haben unseren Blind Spot Assist Anfang September vorgestellt und werden ihn in den nächsten Jahren in Serie bringen. Jetzt müssen wir die Zuverlässigkeit noch mit Testzyklen belegen. Durch unsere Entwicklungen beim PKW können wir Assistenztechnologien auch für den LKW adaptieren. Wir haben uns von der Frage gelöst, ob es vielleicht einmal gesetzlich vorgeschrieben wird. Würden Sie sich von der EU ein stärkeres Augenmerk auf dieses Thema wünschen? Ich würde mir aus dieser Richtung wünschen, dass es konkretere Ansagen und ausgereifte Vorschläge gibt. Wir brauchen verlässliche Vorgaben und keine kurzfristigen Interimslösungen. Wir als Hersteller haben keine Orientierung, ob uns die EU eine kurzfristige Änderung oder eine konkrete Regelung vorgibt. Wir sollten die langen Diskussionen abkürzen und wenn, dann einen neuen Standard setzen. Dann könnten wir uns als OEM auch entsprechend danach richten. Das vermissen wir momentan. Der Abdeckungsgrad mit Fahrerassistenzsystemen ist noch nicht so hoch, wie man sich das wünschen würde. Die Unternehmen agieren bei der Beschaffung eher zurückhaltend. Oder haben Sie hier andere Erfahrungen? Es besteht Interesse, diese Sicherheitsfeatures einzubauen. Fest steht aber auch, dass das Speditionsgewerbe unter einem enormen Preis- und Kostendruck steht. Am Ende des Tages ist das eine Frage der Wirtschaftlichkeit und das versuchen wir auch bei unseren Angeboten zu berücksichtigen. Aber in den kommenden Jahren werden die Systeme aufgrund der zunehmenden Verkehrsdichte und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit noch stärker nachgefragt werden. Da bin ich mir sicher. Vita Stefan Buchner Seit 2013 leitet der am 18. Januar 1960 in Stuttgart geborene Stefan Buchner als Daimler-Trucks-Vorstandsmitglied den Bereich Mercedes-Benz LKW. Bevor Buchner sich an der Hochschule Esslingen einschrieb, um dort seinen Abschluss als Wirtschaftsingenieur zu machen, absolvierte er eine Ausbildung zum Nachrichtengerätemechaniker bei der Deutschen Bundesbahn. Seinen ersten Job bei der Marke mit dem Stern trat der heutige Vorstand 1986 als Zentraleinkäufer in der Zentralen Nachwuchsgruppe von Daimler-Benz an. Anschließend übernahm er im Konzern verschiedene Positionen im Einkauf. 1998 verantwortete der Stuttgarter die Abteilung strategische Planung und Controlling Einkauf bei Daimler-Chrysler. Von 1999 bis 2000 übernahm der Wirtschaftsingenieur verschiedene Bereichsleiterposten im Bereich PKW. Anschließend leitete er die strategische Planung für Mercedes-Benz PKW, bevor er 2002 für zwei Jahre zu Mitsubishi nach Japan wechselte. Mit der Rückkehr nach Deutschland wurde er Chef des Einkaufs Daimler Trucks und Daimler Buses. Ab 2010 verantwortete er zudem die weltweite Aggregate-Produktion und Produktionsplanung. Buchner ist verheiratet und hat zwei Söhne. Zu seinen Hobbys zählt er Joggen und Reisen. sv Sekt oder Selters? Entscheiden Sie sich für ... PKW-Maut, ja oder neinNeinEinkäufer oder VertriebsmannVertriebsmann - aber im Grunde kein Unterschied. Es ist nur die jeweils andere Seite des Schreibtisches.Spätzle oder SuhiSushiFür Geschäftsreisen: Auto oder BahnAutoFlugzeug: Fenster- oder GangplatzFensterplatzPKW- oder Nutzfahrzeug-IAAIAA NutzfahrzeugeQuarzuhr oder MechanikMechanikBuch oder E-BookBuchFacebook oder TwitterWeder nochAlternative Antriebe: Lithium-Ionen oder BrennstoffzelleBrennstoffzelleWas setzt sich durch: Gas oder ElektroGas

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