Berlin. Saubere, leise und sichere LKW, diese politischen Ziele seien richtig und wichtig, erklärte Andreas Renschler, Nutzfahrzeug-Vorstand bei Daimler bei einer Veranstaltung seines Unternehmens in Berlin. Technologisch tue man alles, um die „ACEA-Vision 2020“ der europäischen Nutzfahrzeughersteller zu erfüllen: Verbrauch und CO2-Emissionen der Fahrzeuge sollen bis 2020 um 20 Prozent gesenkt werden, verglichen mit 2005. Wolle man diese Ziele erreichen, bräuchte es bei der Komplexität der Themen aber auch Kompromisse und Prioritäten. „Wenn ich CO2 reduzieren möchte, muss ich alles andere dem unterordnen, so Renschler in der Podiumsdiskussion mit Mitgliedern des Verkehrsausschusses.
So reduziere die Abgasnorm Euro 6 zwar die Schadstoffemissionen, bedeute aber auch einen höheren Kraftstoffverbrauch. Da für den Fahrzeugbetreiber die optimalen Gesamtbetriebskosten der größte Kaufanreiz sei, müsse man Euro 6 entsprechend fördern. Ansonsten würden die LKW-Käufer „regelkonforme neue Technologien so lange es geht vermeiden und massenhaft alte Modelle kaufen“. Durch diesen Vorzieheffekt habe man unterm Strich wesentlich länger wesentlich mehr alte Technologie auf der Straße, so der Daimler-Vorstand und wies auf Beispiele aus den USA hin. Der Kompromissvorschlag des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und des Verbands der Automobilindustrie (VDA) mit einer Mautspreizung von vier Cent zugunsten Euro 6 bis Ende 2016 nannte nicht nur Renschler eine gute Lösung.
Auch Stephan Kühn, Verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagssfraktion stimmte dem zu. „Wir finden den Vorschlag von BGL und VDA sehr brauchbar.“ Thomas Jarzombek (CDU), Mitglied des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, stellte in diesem Zusammenhang klar, dass es nach dem Mautmoratorium zu einer Mauterhöhung kommen müsse. „Wir werden Euro 6 nicht so implementieren können dass es zu einem Absinken des gesamten Mautvolumens führt“, erklärte er.
Euro 6 sei aber „nicht die einzige Norm mit unerwünschten Nebenwirkungen“, erklärte Renschler. Als weiteres Beispiel nannte er den „handfesten Zielkonflikt weniger Geräusch versus weniger Kraftstoff“. Der Gesetzentwurf der EU-Kommission, die Geräusche schwerer LKW auf 78 zu drücken, bedeute einen höheren Kraftstoffverbrauch von sechs bis acht Prozent. Einen weiteren Zielkonflikt sieht Renschler auch beim Thema Sicherheit. Um die Dezibel-Zielwerte zu erreichen, müssten auch die Reifen leiser werden. Hier lauten die Lösungen weniger Rollwiderstand und weniger Nass-Grip. „Wenn sich der Nass-Grip verringert, verlängert sich aber automatisch der Bremsweg“, erklärte er. Für ihn sind 80 Dezibel ein Kompromiss, der den Zielkonflikt entschärfen könnte. (bb)