Wolfsburg/Berlin. Die falschen CO2-Angaben bei VW treffen vor allem die neuesten Modelle von Europas größtem Autobauer. Mit rund 430.000 Fahrzeugen erstreckt sich konzernweit über die Hälfte der etwa 800.000 Fälle geschönter Daten zum Ausstoß des Treibhausgases auf das Modelljahr 2016. Das teilte Volkswagen am späten Freitagabend in Wolfsburg mit. Diese Autos stehen teils schon bei den Händlern.
Geprüft werde, ob auch ältere Modelle mit zu niedrig angegebenen CO2-Werten unterwegs sind. Kunden können sich auf der Internetseite www.volkswagen.de/info informieren, ob ihr Auto betroffen ist.
Anfang November hatte VW - nach den im September bekanntgewordenen Fälschungen von Stickoxid-Werten - auch beim klimaschädlichen CO2 von „Unregelmäßigkeiten” berichtet. Behörden, Händler und Importeure würden nun über weitere Erkenntnisse informiert, hieß es. Unter Aufsicht des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) sollen als einer der nächsten Schritte neue, korrekte CO2-Angaben festgelegt werden.
Absatz der Kernmarke schwächelt
Der Absatz der VW-Kernmarke schwächelt angesichts des parallelen Stickoxid-Skandals bei Dieselwagen weiter. Im Oktober verkaufte der Konzern 490.000 Autos seiner Hauptmarke - 5,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. Markenchef Herbert Diess sieht aber noch keine Gefahr für Jobs in der Stammbelegschaft, wie er der Deutschen Presse-Agentur in einem Doppel-Interview mit Betriebsratschef Bernd Osterloh betonte.
Trotz der schwierigen Lage habe man keine Verkaufsschwierigkeiten, sagte Osterloh auch in der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag): „Wir haben im Moment vielleicht ein Dieselproblem, aber keine Absatzkrise. Jobs werden nur dann abgebaut, wenn wir weniger Autos verkaufen.”
Seit Jahresbeginn wurden 4,84 Millionen VW-Wagen ausgeliefert, ein Minus von 4,7 Prozent im Vergleich zu 2014. Bei allen Konzernmarken betrug der Rückgang 1,7 Prozent auf 8,26 Millionen Autos. Weil zwischen der Bestellung und Auslieferung in Deutschland oft Monate liegen, könnte sich die Affäre jedoch später stärker in den Zahlen niederschlagen.
Kein Stellenabbau geplant
Trotz der immensen Kosten für den Abgas-Skandal will VW in der Kernbeschäftigung auf einen Stellenabbau verzichten. „Ich glaube schon, dass wir die Stammbelegschaft halten können”, sagte Diess der dpa. Bei den Boni werde es aber Einbußen geben. Er betonte, man habe derzeit keine Hinweise darauf, dass neben den Abgas-Manipulationen und geschönten CO2-Angaben noch weitere Verfehlungen ans Licht kämen.
Osterloh warnte davor, die gesamte Belegschaft unter Generalverdacht zu stellen. Auf Einschnitte bei der Beteiligung am Gewinn müssten sich die Mitarbeiter aber gefasst machen. Zu den Zeitarbeitern - von ihnen gibt es bei der Volkswagen AG in Deutschland gut 7000 - wollte Diess noch keine Details nennen: „Bei der Übernahme von Leiharbeitern müssen wir sicher vorsichtig sein in der jetzigen Zeit.”
Zur Krisenbewältigung hat VW bisher 6,7 Milliarden Euro zurückgelegt, weitere zwei Milliarden Euro veranschlagen die Wolfsburger für das, so Diess, „fachlich eingrenzbare” CO2-Thema. Der frühere BMW-Manager befürchtet jedoch Mehrausgaben: „Etwa durch mögliche Strafzahlungen.
Es ist momentan sehr schwer, das genauer abzuschätzen.”
Auch ältere Autos müssen in die Werkstatt
Unterdessen wurde bekannt, dass auch einige ältere Autos von VW, die bereits die schärfere Euro-6-Abgasnorm erfüllten, bald wohl in die Werkstatt müssen. Nach Informationen der „Heilbronner Stimme”
(Samstag) geht es dabei um den schon bekannten Motor EA 189, der im Zentrum des Skandals um die manipulierten Stickoxid-Emissionen steht.
Ein Konzernsprecher sagte der dpa, es handele sich nur um eine geringe Stückzahl von Modellen des Passat und Passat CC, die ab 2009 verkauft wurden und die man im Laufe interner Untersuchungen zu verschiedenen Kombinationen von Motoren und Modellen identifiziert habe. Die Software, die die Abgasreinigung in Tests künstlich verstärkt, war nach bisherigen VW-Angaben nur in Motoren der Euro-5-Norm eingesetzt.
Frist läuft ab
Am Sonntag läuft die Frist aus, innerhalb der VW dem Kraftfahrt-Bundesamt einen Lösungsvorschlag für die manipulierte Software bei den mittelgroßen 1,6-Liter-Dieseln vorlegen muss. Nach Informationen von „Süddeutscher Zeitung”, NDR und WDR stellt der Konzern der Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums das Ergebnis am Montag bei Testfahrten vor.
Beim 1,6-Liter-Antrieb soll es mit einem Software-Austausch nicht getan sein, auch Bauteile werden verändert. In der 2,0-Liter-Variante soll ein Update reichen. Eine Lösung für die kleine 1,2-Liter-Ausgabe des EA 189 ist in Arbeit, hier läuft die Frist am 30. November aus. (dpa)