Brüssel. Als Konsequenz aus dem Dieselskandal führt die Europäische Union neue Regeln für die Zulassung von Fahrzeugen und hohe Bußgelder bei Verstößen ein. Darauf haben sich die Mitgliedstaaten und Vertreter des Europaparlaments am Donnerstag nach monatelangen Verhandlungen geeinigt. Die EU-Kommission, die die Neuerungen Anfang 2016 vorgeschlagen hatte, begrüßte die Vereinbarung.
„‚Dieselgate‘ hat die Schwächen unserer Regel- und Marktüberwachungssysteme offen gelegt“, erklärte Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska. „Wir wissen, dass einige Autobauer betrogen und viele andere Schlupflöcher ausgenutzt haben. Um dies zu beenden, überholen wir das gesamte System.“
Die Kommission werde künftig selbst Automodelle überprüfen und auch Rückrufaktionen starten können. Wenn Regelverstöße festgestellt würden, könne die Brüsseler Behörde 30.000 Euro Strafe pro Auto verhängen.
Stichproben bei bereits zugelassenen Fahrzeugtypen
Bisher sind allein nationale Behörden in den EU-Ländern dafür zuständig, Autobauern zu bescheinigen, dass ein neues Modell alle technischen Vorgaben einhält und für den Verkehr zugelassen wird. In Deutschland ist es das Kraftfahrt-Bundesamt. Die neuen Regeln sollen nach Angaben der EU-Kommission die Unabhängigkeit dieser Stellen sichern. Die Kommission kann die Behörden jedoch überprüfen. In Deutschland gibt es zudem eine Debatte, andere Institutionen wie etwa das Umweltbundesamt stärker mit einzubeziehen.
Außerdem sollen künftig nicht mehr nur Prototypen vor der Typzulassung überprüft werden, sondern stichprobenartig auch neue Exemplare von bereits genehmigten Modellen – mindestens einer von 40.000 Neuwagen. So will man sicherstellen, dass die Autos die einmal bescheinigten Eigenschaften auch wirklich haben. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht werden. Findet ein EU-Land Unregelmäßigkeiten, kann es selbst einschreiten. Bisher kann dies nur die Behörde, die die Typgenehmigung erteilt hat. Diese gilt in der ganzen EU.
Verbände begrüßen neue Regelungen
Den Einsatz von Abschaltvorrichtungen – ein Programm erkennt dabei die Bedingungen auf Prüfständen, mindert aber die Abgasreinigung auf der Straße deutlich – will die EU ebenfalls wirksamer stoppen. Die Hersteller müssen künftig Zugang zu Software-Protokollen gewähren. Zusammen mit neuen Tests im echten Fahrbetrieb soll es damit schwerer werden, Schadstoffgrenzwerte zu umgehen.
Der europäische Verbraucherverband BEUC nannte die Pläne einen Fortschritt. Er lobte vor allem die Stichprobentests und Oberaufsicht auf europäischer Ebene. „Aber die EU könnte noch mehr für Verbraucher tun“, meinte BEUC-Generaldirektorin Monique Goyens. Nötig seien vor allem realistische Tests von CO2-Werten im normalen Straßenverkehr.
Der Verband Transport & Environment kommentierte: „Mehr als zwei Jahre, nachdem die USA Volkswagen beim Betrug erwischt haben, können wir endlich sagen, dass Europa ein besseres System bekommt, um Betrügern das Handwerk zu legen.“ Die neuen Regeln müssten konsequent umgesetzt werden.
Die Einigung vom Donnerstag basiert auf Vorschlägen der Kommission von 2016. Das Europaparlament und der Rat der EU-Länder müssen noch formal zustimmen. Danach können die EU-Staaten die Verordnung direkt anwenden, ab dem 1. September 2020 ist dies Pflicht. (dpa)